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Fundamina

On-line version ISSN 2411-7870
Print version ISSN 1021-545X

Fundamina (Pretoria) vol.21 n.2 Pretoria  2015

http://dx.doi.org/10.17159/2411-7870/2015/v21n2a15 

OBITUARY

 

In memoriam - János Zlinszky (1928-2015)

 

 

Am 18 Juni 2015 ist der Doyen der ungarischen Romanistik, János Zlinszky, emeritierter Professor und Gründungsdekan der Staats- und Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Pázmány Péter Katholischen Universität, ehemaliger Verfassungsrichter der Republik Ungarn, korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in seinem 88. Lebensjahr verstorben.

János Zlinszky ist am 7 März 1928 in Budapest geboren. Nach seinem Abitur am Ordensgymnasium der Piaristen im Jahre 1946 begann er sein Jurastudium in 1947 an der Pázmány Péter Universität (seit 1950 - aufgrund der Namensänderung - Eötvös Loránd Universität) in Budapest. Seine Berufswahl stand im Einklang mit der Familientradition: sein Vater, seine beiden Großväter und drei seiner Urgroßväter waren ebenfalls Juristen. Sein Interesse für das römische Recht wurde von seinem Professor Géza Marton bereits sehr früh geweckt, ab 1948 war er als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl und in der Bibliothek für römisches Recht tätig.

Im März 1951, das heißt wenige Monate vor Beendigung seines Studiums wurde er aufgrund eines - im Rahmen eines schauprozessähnlichen Verfahrens erlassenen - Beschlusses von sämtlichen ungarischen Universitäten verwiesen und im Juni desselben Jahres zusammen mit seiner Familie nach Zsáka, ein kleines Dorf in Ostungarn deportiert. Von hier wurde er für ein Jahr zum Arbeitsdienst einberufen. Nach der Absolvierung einer Facharbeiterprüfung als Zimmermann war er gezwungen sich mehrere Jahre als Bauarbeiter zu betätigen. Nach Budapest durfte er erst im Jahre 1956 nach seiner Eheschließung mit der Kunsthistorikerin Mária von Sternegg-Günther zurückkehren.

Im Jahre 1957 wurde es ihm gestattet seine Studien fortzusetzen und seine Staatsexamen zu absolvieren. Nachdem er im März desselben Jahres sein Diplom erhielt, war er bis 1968 als Jurist bei diversen staatlichen Unternehmen tätig. Von 1968 bis 1983 konnte er zwar als Rechtsanwalt praktizieren, allerdings nur in Dunaújváros, das heißt außerhalb seines Wohn- und Geburtsortes Budapest.

Erst in seinem 55 Lebensjahr wurde es ihm gestattet Lehrtätigkeit auszuüben: Ab 1983 konnte er an der Universität in Miskolc Vorlesungen und Seminare aus römischem Recht halten. Im Jahre 1984 erwarb er - nach mehreren Ablehnungen seiner Bewerbung aus politischen Gründen - den akademischen Grad CSc [Candidatus Scientiarum], und war ab 1985 als Universitätsdozent und Lehrstuhlinhaber in Miskolc tätig.

Die politische Wende brachte auch im Hinblick auf seine berufliche Laufbahn gewaltige Änderungen mit sich. In 1990 erwarb er den höchsten wissenschaftlichen Grad der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (DSc [Doktor Scientiarum]), und wurde noch im selben Jahr zum Professor des römischen Rechts und zum Leiter der Doktorenschule in Miskolc ernannt. Dank seiner organisatorischen Arbeit konnte im Jahre 1991 der Kongress der SIHDA in Miskolc stattfinden.

Im Herbst 1989 wurde er vom ungarischen Parlament zu Verfassungsrichter gewählt und versah diesen Posten bis zu März 1998, der Vollendung seines 70 Lebensjahres. Im Jahre 1993 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Zwischen 1992 und 1998 versah er den Posten des ungarischen Delegierten in der Venedig-Kommission des Europarates.

Vom Sommer des Jahres 1994 stand er der Organisationskomitee der Staats- und Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Pázmány Péter Katholischen Universität vor. Neben seiner Professur und der Leitung des Instituts für Rechtsgeschichte versah er von 1995 bis 2000 auch den Posten des Dekans an der - zum Großteil dank seinen Bemühungen gegründeten - Fakultät. Im Jahre 2002 wurde er emeritiert.

Seine ersten Schritte auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft machte er als Student unter der Leitung seines Meisters Géza Marton. Sein Interesse galt unter anderen dem Zwölftafelgesetz, dessen zweisprachige und mit Kommentar versehene Ausgabe er mehrere Jahre später veröffentlichte.1 Vier Jahrzehnte nach seinen Vorarbeiten zu diesem Thema widmete er auch seine - später als Monografie veröffentlichte - Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doctor Scientiarum dem Rechtssystem Roms in der archaischen Zeit.2Mehrere Fragen des Staatswesens und der Rechtsentwicklung der archaischen3und vorklassischen4 Periode behandelte er in eigenständigen Aufsätzen.

In jenen Jahren, in denen er sich als Bauarbeiter zu betätigen gezwungen war. widmete er seine übriggebliebene Zeit der Forschung: Im Jahre 1954 wurde er auf Empfehlung des Althistorikers Endre Ferenczy von der Kommission für lateinische Literatur der Ungarischen Akademie der Wissenschaften mit der Vorbereitung einer kommentierten Ausgabe der Historien (Commentarii de rebus Ungaricis) des ungarischen Humanisten Johannes Decius Barovius (János Baranyai Decsi) betraut. Zu diesem Thema kehrte er auch in seinen späteren Arbeiten zurück.5

In seinem ersten längeren fremdsprachigen Aufsatz, der ihm ein positives Echo einbrachte, behandelte er die Frage der Verschollenheit im römischen Recht.6 Als Betreuer der Werke von Géza Marton veröffentlichte er dessen Monografie über die zivilrechtliche Haftung7 - ein Fragekreis mit dem er sich auch in seinen eigenen Arbeiten auseinandersetzte.8 Jene seiner Werke, in denen er die Frage des Fortlebens des römischen Rechts, bzw die Wege und Versuche der Rezeption des römischen Rechts in Ungarn behandelte, sind sowohl für die Romanistik, als auch für die ungarische Rechtsgeschichte von größter Bedeutung.9

Seine Kurzmonografien, in denen er das ius publicum,10 das ius privatum11 und das römische Strafrecht12 aufgearbeitet hat, eignen sich einerseits hervorragend als propädeutische Lehrbücher, andererseits sind sie so verfasst worden, dass sie auch für einen breiteren Leserkreis ansprechen können. In mehreren Aufsätzen akzentuierte er die Wichtigkeit des Unterrichts des römischen ius publicum als Propädeutikum für das öffentliche Recht.13 Er widmete zahlreiche Monografien, Aufsätze und Essays dem Fragekreis der juristischen Ethik,14 bzw arbeitete mehrere Themen zu Aufsätzen und Vorträgen aus, die ihn als Verfassungsrichter anhand der von ihm behandelten Fälle beschäftigten.15

Sowohl zu seinem 70,16 als auch zu seinem 80 Geburtstag wurde er von seinen Kollegen mit je einer Festschrift beehrt.17 Ebenfalls zu seinem 80 wurde der Band Durch das römische Recht, aber über dasselbe hinaus18 veröffentlicht, der eine repräsentative Auswahl seiner römischrechtlichen,19 rechthistorischen20 und verfassungsrechtlichen21 Aufsätze beinhaltet.

Sein Lebenswerk, seine Persönlichkeit, seine Haltung und seine Hilfsbereitschaft machten ihn zu einer unanfechtbaren Autorität unter den Romanisten und zum Vorbild für seine Kollegen, Schüler und Studenten. Der Mensch und der Gelehrte János Zlinszky lässt sich vielleicht am besten mit jenen Worten charakterisieren und würdigen, mit denen er das befolgenswerte - und was sich mit Gewissheit behaupten lässt: von ihm erreichte - Ideal beschrieb, als er am 28 November 2013 am Rechtswissenschaftlichen Institut der Ungarischen Akademie der Wissenschaften den Preis Iuris Consulto Excellentissimo übernahm:22vir bonus, dicendi peritus, amicus certus, consors fidelis, dator hilaris.

Tamás Nótári
Universitätsdozent (Sapientia Universität)
Wissenschaftlicher Hauptmitarbeiter
(Rechtswissenschaftliches Institut der Ungarischen Akademie der Wissenschaften)

 

 

1 A tizenkéttáblás törveny töredekei [Die Fragmente des Zwölftafelgesetzes] Budapest, 1991.
2 Állam és jog az ösi Rómában [Staat und Recht im archaischen Rom] Budapest, 1996.
3 Staat und Recht im archaischen Rom Helikon Universitas 28. 1988. 169-182;
Familia pecuniaque" 1988 (16) Index 32-42; Gedanken zur legis actio sacramento in rem" (1989) 106 Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Romanistische Abteilung 106-151; Punitions á Rome avant les XII Tables" Publicationes Universitatis Miskolciensis Series Juridica et Politica 5 (1990, 97-115); Consors et domina - filiae loco: la famille romaine archaique" in R Ganghofer (Ed) Le droit de la famille en Europe. Son évolution depuis l'Antiquité jusqu'à nos jours (Strasbourg, 1992) 233-240.
4
Die Anfänge des praetorischen Rechts" (2005) 45 Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungaricae 35-44; Die frühe Schicht des Edictum praetoris" in G Hamza, I Kajtár, K Pókecz, A Kovács & J Zlinszky (Hrsg.) Iura antiqua - iura moderna. Festschrift für Ferenc Benedek zum 75. Geburtstag (Pécs, 2001) 277-283.
5
Legal Studies and Works of János Baranyai Decs" Acta Ethnographica Hungarica (2000) 327-336; Legal Studies and Works of János Baranyai Decsi" in G Barna, Á Stemler & V Voigt (Hrsg): Igniculi Sapientiae. Symposium und Ausstellung zum 400. Jahrestag des Erscheinens der Adagia von János Baranyai Decsi in der Széchényi Nationalbibliothek, 1998 (Budapest, 2004) 104-118.
6
Zur Frage der Verschollenheit im römischen Recht" Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungaricae 8. (1960) 95-132.
7 G Marton A polgári jogi felelösség [Die zivilrechtliche Haftung] (Budapest, 1992).
8
Nichtvermögensschaden im ungarischen Recht" in Bericht über den fünfzehnten österreichischen Historikertag in Salzburg (Wien, 1984) 1230-1241; Haftung für immateriellen Nichtvermögens-Schaden im ungarischen Recht" (1983) 25 Acta Juridica Hungarica 207-221.
9
Die Krone als Symbol der Freiheit - Die Freiheit als Sinn des Rechts" in H Szilágyi I.-Paksy, M. (edd.): Ius unum, lex multiplex. Liber Amicorum - Studia Z. Péteri dedicata (Budapest, 2005) 437-453; Römisches Recht in Ungarn in MJ Rainer, MJ Schermaier & LC Winkel (Hrsg.) Iurisprudentia universalis. Festschrift für Theo Mayer-Maly zum 70. Geburtstag (Köln-Weimar-Wien, 2002) 945-963; L'expropriation dans le droit médiéval de la Hongrie in L'expropriation, II. Moyen Age et temps modernes (Paris, 2000) 297-301; Wissenschaft und Gerichtsbarkei. Quellen und Literatur der Privatrechtsgeschichte Ungarns im 19. Jahrhundert (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte; 91) (Frankfurt am Main, 1997); Two questions about the Adaptation of Juridical Models: The XII Tables and Hungarian Reception" (1991) 33 Acta Juridica Hungarica 39-56; Die historische Rechtsschule und die Gestaltung des ungarischen Privatrechts im 19. Jahrhundert" in Ö Both (ed) Studia in honorem Velimirii Pólay Septuagenarii (Szeged, 1985) 1-31; Ein Versuch zur Rezeption des römischen Rechts in Ungarn" in F Horak & W Waldstein (Hrsg) Festgabe für Arnold Herdlitczka zu seinem 75. Geburtstag (München, 1972) 315-326.
10 Ius publicum (Budapest, 1996).
11 Ius privatum (Budapest, 1998).
12 Római büntetöjog [Römisches Strafrecht] (Miskolc, 1992).
13
Rechtsstaat Rom" in MJ Schermaier & Z Végh (Hrsg) Ars boni et aequi. Festschrift für Wolfgang Waldstein zum 65. Geburtstag (Stuttgart, 1993) 471-480; Unterricht des ius publicum als Propedeuticum zum öffentlichen Recht" in L Breneselović & B Bogišić (Hrsg) Spomenica Valtazara Bogišića o stogodišnjici njegove smrti 24. apr. 2008. godine. (Beograd, 2011) 157-164; Römisches Recht. Beispielsammlung für Rechtsphilosophie und Staatskunde" in Cserne, P.-H. Szilágyi, I.-Könczöl M.-Paksy M.-Takács P.-Tattay Sz. (edd) Theatrum legale mundi. Symbola Cs. Varga oblata (Budapest, 2007) 599-608.
14 Keresztény erkölcs és jogászi etika [Christliche Moral und juristische Ethik]. Budapest, 2000; Közéleti és jogászi etika gyakorlatban [Ethik des öffentlichen Lebens und juristische Ethik in der Praxis]. Budapest, 2007.
15 Eigentumsschutz versus Marktschutz. In: Grupp, K.-Hufeld, U. (Hrsg.): Recht - Kultur - Finanzen. Festschrift für Reinhard Mußgnug zum 70. Geburtstag. Heidelberg, 2005. 59-70; Zur Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Ungarn. Jahrbuch für Ostrecht 43. 2002. 137-144; Legalität und Eigentum. Probleme des werdenden Rechtstaates. JURA, Zeitschrift für europäisches Privatrecht 1995. 524-533; Theorie und Institutionen der Gewaltenteilung. In: Máthé, G. (Hrsg.): Theorie und Institutionssystem der Gewaltentrennung in Europa. Budapest, 1993. 37-50.
16 Bánrévy, G.-Jobbágyi, G.-Varga Cs. (Hrsg.): Iustum, aequum, salutare. Emlékkönyv Zlinszky János tiszteletére [Festschrift zu Ehren von János Zlinszky]. Budapest, 1998.
17 Horváth, A.-Koltay, A.-Máthé, G. (Hrsg.): Sapienti iniuria fieri non potest. Ünnepi tanulmányok Zlinszky János tiszteletére [Festschrift zu Ehren von János Zlinszky]. Budapest, 2009.
18 El Beheiri, N. (Hrsg.): Durch das römische Recht, aber über dasselbe hinaus. Budapest, 2008.
19 1) Ein Kapitel der Wirkungsgeschichte europäischer Rechtskultur; Rechtswissenschaft und Rechtsunterricht in Ungarn; 2) Zur Frage der Verschollenheit im römischen Recht; 3) Rechtsstaat Rom; 4) Schriftlichkeit und Mündlichkeit im römischen Recht; 5) Familia pecuniaque; 6) Gedanken zur legis actio sacramento in rem; 7) Arbeit im archaischen Rom; 8) Die Anfänge des praetorischen Rechtes; 9) Die frühe Schicht des Edictum praetoris urbani; 10) Kontrakte des ius publicum; 11) Der Prozess Jesu aus dem Gesichtspunkt des antiken Prozessrechts; 12) Römisches Recht in Ungarn.
20 13) Die Stellung Ungarns zum römisch-deutschen Reich; 14) Ein Versuch zur Rezeption des römischen Rechts in Ungarn; 15) Die Rolle der Gerichtsbarkeit in der Gestaltung des ungarischen Privatrechts vom 16. bis zum 20. Jahrhundert; 16) Richterliche Rechtsentwicklung als lebendige Tradition im ungarischen Privatrecht; 17) Die historische Rechtsschule und die Gestaltung des ungarischen Privatrechts im 19. Jahrhundert; 18) Gusztáv Szászy-Schwarz (1958-1920); 19) Die Krone als Symbol der Freiheit - Die Freiheit als Sinn des Rechts.
21 20) Der werdende Rechtstaat aus der Sicht eines Verfassungsrichters; 21) Einige Gedanken über Rechtsstaat und Verfassungsmäßigkeit; 22) Legalität und Eigentum. Probleme des werdenden Rechtstaates; 23) Gedanken zur Wahrung der Rechte der Kirche in einer zukünftigen Verfassung des vereinten Europas.
22 Eletmüvem? - díjazva! [Mein Lebenswerk? - Anerkannt!]. Iustum, Aequum, Salutare 9. 2015/2. 7.

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