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Fundamina

On-line version ISSN 2411-7870
Print version ISSN 1021-545X

Fundamina (Pretoria) vol.20 n.2 Pretoria  2014

 

Der Vogel Strauβ als frühes Beispiel für Gesetzesanalogie: ein Phantasma? Grenzfragen bei der römischen Tierhalterhaftung

 

 

Andreas Wacke

Dr. Dr. h.c. mult. LLD. h.c., Professor emeritus für Romisches Recht, Bürgerliches Recht, Zivil- prozesssrecht, Universität zu Köln

 

 


ABSTRACT

The action for damage caused by four-footed animals, which during the Middle Ages was called the actio quadrupedaria, had to be extended by an actio utilis in Roman formulaic procedure to damage caused by other animals. Zoological observations and archeological artifacts reveal that these other animals were mainly ostriches. Modern juristic methodology would regard the example of the ostrich as an early application of an old statutory provision by analogy. The praetor had to modify the formula in the first stage of the procedure as the appointed judge was limited to a literal interpretation. The question asked in modern literature whether in Roman law the keeper was liable for damage caused by wild animals, must be answered in the affirmative. Special regulations applied to performances of wild animals and snakes before audiences. In the Lex Romana Burgundionum such liability extended to all animals, including bipeds. The Basilica make explicit mention of geese, falcons and ostriches. During the nineteenth century it was suggested that liability for the acts of persons of unsound mind be extended per analogiam to the persons responsible for their supervision.


 

 

1. Einleitung

1.1 Was hat der exotische Vogel Strauß mit dem römischen Recht zu tun? Moderne rechtsmethodologische Schriften erwähnen den groBen zweifüßigen Laufvogel öfters als altes Exempel für die analoge Anwendung einer Gesetzesbestimmung, nämlich der Zwölftafeln. Horst Bartholomeyczik stellte in seiner mehrfach aufgelegten Schrift über Die Kunst der Gesetzesauslegung" dazu an den Leser die Frage:

Im römischen Recht haftete der Eigentümer für Schäden, die sein Vierfüßer (quadrupes) durch seine besondere Wildheit verursachte. Der Geschädigte konnte den Eigentümer mit der actio de pauperie als Noxalklage in Anspruch nehmen. Richtete sich diese Klage auch gegen den Römer, der einen afrikanischen Strauß als Eigentümer hielt, wenn alle sonstigen Voraussetzungen der Schadenshaftung gegeben waren?"1

Eine Antwort findet sich bei Peter Raisch in seiner kurzgefassten Geschichte der Juristischen Methoden":

Die Haftung für ein vierfüßiges Tier (quadrupes) wurde im Wege einer actio utilis, einer hierfür nützlichen Klage, auf alle - also auch zweifüßige - Tiere, z.B. einen Vogel Strauß, erstreckt, ohne daß sich in dem aus der Ediktskommentierung des spátklassischen Juristen Paulus hierzu in die Digesten aufgenommenen Fragment eine weitere Begründung findet. Lapidar wird hier gesagt: Haec actio utilis competit, et si non quadrupes, sed aliud animal pauperiem facit (D. 9,1,4). Damit war die mit § 833 BGB vergleichbare Rechtslage erreicht."2

Ähnlich schon Karl Engisch in der neunten Auflage seiner viel gelesenen Einführung in das juristische Denken".

1.2 Übersetzt lautet der zitierte knappe Text des Paulus aus dem kurzen Digestentitel 9,1 über die Vierbeinerklage: Diese Klage ist auch als analoge einschlágig, wenn kein vierfüßiges, sondern ein anderes Tier Schaden anrichtete."

Nach der in den Zwölftafeln von 450 vor Chr. enthaltenen Ursprungsbestimmung 8,6 haftete der Halter eines vierfüßigen Tieres (quadrupes) für den vom Tier angerichteten Schaden. Er heißt Tierschaden, pauperies, abgeleitet von pauper, arm". Die actio de pauperie genannte Klage3 beschránkte sich auf Vierfüßler, vermutlich deshalb weil Pferde, Rinder und Esel vor der modernen Motorisierung für Landwirtschaft und Transport unentbehrlich waren,4 aber aufgrund ihrer Muskelkraft und körperlichen Masse stets eine Gefahr darstellen. Die auf den Wert des Tieres beschränkte Gefährdungshaftung des Halters gelangte mit der Rezeption des römischen Rechts in die meisten europäischen Staaten. In der Rezeptionszeit nannte man sie treffender actio quadrupedaria, Vierbeinerklage; dieser Ausdruck ist vorzuziehen, denn das Wort pauperies ist antiquiert und zu unspezifisch. In modernen Haftungsvorschriften wird nach der Art der Fortbewegung eines Tieres (nach der Anzahl seiner Beine) nicht mehr unterschieden.

1.3 Eine phantasievolle Ausschmückung des der Analogie zugrunde liegenden Sachverhalts findet sich bei Stephan Meder in seinem Kurzlehrbuch zur Rechtsgeschichte:

Infolge der geographischen Ausdehnung des Reiches waren in Rom bald auch exotische Tiere anzutreffen, von denen die Verfasser der Zwölf Tafeln - wenn überhaupt - nur sehr undeutliche Vorstellungen haben konnten. In bestimmten Kreisen der römischen Gesellschaft war es vorübergehend Mode geworden, sich einen nordafrikanischen Vogel Strauß zu halten und im Garten frei herumlaufen zu lassen. Ein solcher Strauß hatte während eines Gartenfests die Frau eines ehemaligen Konsuls gebissen. Als die Geschádigte unter Hinweis auf Tafel 8,6 Ansprüche gegen den Eigentümer geltend machen will, wendet dieser ein, ein Vogel sei kein Vierfüßer. Die Geschädigte meint dagegen, Biß sei Biß, und darauf, ob der Biß von einem Vier- (quadrupes) oder Zweifüßer (bipes) herrühre, dürfe es nicht ankommen."5

Inwieweit diese Ausschmückung des Sachverhalts durch Meder realitätsnah ist, werden wir sehen.

1.4 Theo Mayer-Maly bezweifelte hingegen kürzlich in der Fußnote eines Aufsatzes die Einbeziehung der Straußenvögel unter die quadrupedes der actio de pauperie als frühen Fall der Analogie.6 Dies sei unwahrscheinlich, da man nicht einmal das Kamel, nach dem der struttio camelus ja benannt war, den res mancipi, sondern den bestia zuordnete: Gaius 2,16; Tit. Ulp. 19,1. Vom StrauBenvogel spricht keine juristische Quelle."

Mayer-Malys letzter Satz ist im Ergebnis zutreffend, wie eine Überprüfung an Hand der auf CD-Rom gespeicherten Quellen in der Bibliotheca Iuris Antiqui (BIA) ergab. Im Bereich des Vocabularium Iurisprudentiae Romanae (VIR) findet sich für den StrauB kein lateinisches Äquivalent. Geistert der Vogel Strauß demnach in der gegenwártigen Methodenlehre herum wie ein Mythos, eine Legende oder Chimäre? Immerhin spricht unser (aber von Mayer-Maly außer Acht gelassenen) Paulustext allgemein von einem anderen Tier" (aliud animal) als einem vierfüBigen, und es liegt nicht ganz fern, dabei primár an den zweibeinigen Vogel StrauB zu denken. Neuere Studien zur romischen Tierhalterhaftung7 und zur actio utilis8 erwähnen hingegen den StrauB seltsamerweise nicht.

1.5 Nach einigem Suchen nach der ersten ausdrücklichen Erwähnung des struthio camelus als schadensstiftendes Tier konnte ich die (spätantike) Quelle ausfindig machen. Ehe ich über meine Entdeckung berichte, seien die Gestalt und die Kraft des flugunfähigen Riesenvogels aufgrund der zoologischen Fachliteratur9 genauer charakterisiert. Afrika-Reisende wie unser Jubilar Laurens Winkel konnen sich vom Vogel Strauß eine lebendige Anschauung verschaffen. Überdies trägt ein traditionsreiches Lokal in Maastricht (von 1730) den Namen In den Ouden Vogelstruys". Selber konnte ich vor einigen Jahren auf einer Wildtierfarm im damaligen Südwest-Afrika (dem heutigen Namibia) dem Einfangen etlicher Straußenvögel beiwohnen. In Europa sind Strauße fast nur in zoologischen Gärten zu betrachten. Doch gibt es Straußenfarmen inzwischen auch auf dem Alten Kontinent.10 Es liegt nicht auBerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, dass jemand z. B. durch einen aus der Umzäunung ausgebrochenen Strauß zu Schaden kommt.

1.6 Im Folgenden unternehme ich also zunächst 1 . (rechtstatsächlich) einen Ausflug in die Ornithologie des flugunfähigen Riesenvogels. Anschließend fragen wir uns 2., auf welche Weise durch einen solchen Zweibeiner Andere geschädigt werden könnten. 3. Drittens ist (rechtsarchäologisch) zu prüfen, ob Straußenhaltung schon in der römischen Gesellschaft vorkam und ob mögliche Schädigungen durch Strauße dadurch in das Blickfeld römischer Juristen gelangen konnten. Unsere Untersuchung endet vorläufig mit der vierten Frage 4. nach der Formelgestalt der von Paulus D. 9,1,4 erwähnten actio utilis. Ganz zuletzt ist 5. zu fragen, für welche anderen Tiere sonst noch nach klassischem römischem Recht gehaftet werden musste.

 

2. Vogelkundliches

2.1 Der struthio camelus ist in mehrfacher Hinsicht ein Rekordhalter in der Tierwelt. Mehrere Superlative vereint er auf sich.11 Er ist der schnellste Laufvogel, erreicht auf der Flucht mit 3 m langen Riesenschritten 65, ja 70 km/h und kann diese Geschwindigkeit ohne Ermüdung eine Viertelstunde lang durchhalten. Mit bis zu 160 kg hat ein ausgewachsener männlicher Strauß das doppelte Körpergewicht eines erwachsenen Mannes.

Der größte, flugunfähige Laufvogel ist als Wildvogel heute nur noch in Teilen Süd-und Westafrikas häufig. Mit seinen scharfen Augen am kleinen Kopf und langem Hals kann ein Hahn aus ca. 3 m Höhe sehr weit sehen. Andere Tiere (Gazellen, Springböcke) warnt er frühzeitig vor herannahenden Raubtieren. Die sprichwörtliche Vogel Strauß-Politik", die schon in der Antike verbreitete Mär, vor Gefahren stecke der Strauß den Kopf in den Sand", beruht vermutlich auf falscher Beobachtung. Junge Strauße ducken sich nämlich vor Begegnungen mit Menschen zunächst tief ins niedrige Buschwerk, dann springen sie plötzlich auf und rasen scheu davon.

2.2 Zu seiner Körperkraft: Im Paarungskampf kann ein Hahn einen konkurrierenden anderen Hahn mit gezielten Tritten mehrere Meter weit wegschleudern. Für einen Menschen wäre dies lebensgefährlich. Seine Waffe ist (entgegen Meder) nicht der Schnabel, sondern der starke Dorn am Fuß (der entwicklungsgeschichtlich aus dem degenerierten Daumen hervorging). Im Zoo von Frankfurt/M. zerriss ein Strauß einem Wärter damit die Arbeitskleidung und warf ihn gegen einen Zaun. Im Zoo zu Hannover verbog ein Strauß eine 1 cm dicke Eisenstange. Diese Fälle illustrieren zur Genüge seine gelegentliche Gefährlichkeit. Quod erat demonstrandum.

 

3. Kulturgeschichtliches

3.1 Im antiken Vorderasien und in Griechenland ist die Existenz von Straußenvögeln gut bezeugt.12 Altgriechisch strouthion bedeutet eigentlich großer Spatz". Diodorus Siculus (1. Jh. vor Chr.) 2,50,3 betrachtete ihn bei der Beschreibung Arabiens als Mischung von Vogel und Kamel, daher kommt die von Plinius d. Ä. übernommene Gattungsbezeichnung struthio camelus. Die Benennung ist zurückzuführen auf die Körperform und die für Vögel einmalige Zweizehigkeit (Didactylie), die an Hufe von Kamelen und Rindern erinnert. Nur die 3. und 4. Zehe sind beim Strauß entwickelt. Die in der Fauna des Alten Orients bekannte, hauptsächlich in Syrien lebende Subspezies struthio camelus syriacus war noch 1914 existent, gilt aber seit 1941 als ausgestorben.

Wegen seiner beeindruckenden Kraft und Größe, seiner Schnelligkeit und Flinkheit sowie seines exzellenten Sehvermögens galt der Strauß in der mesopotamischen Vorstellungswelt als erhabenes, majestätisches Tier. Die Jagd auf ihn verlangt hohes Geschick und Können; sie galt darum als königliches Privileg, wie die Jagd auf Hirsch und Löwen.13 Assurbanipal (Mitte des 7. Jh. vor Chr.) tötete 20 Strauße, vermutlich zu Pferde mit Pfeil und Bogen. Xenophon (426-ca. 355 vor Chr.) beschreibt hingegen in seiner Anabasis anschaulich eine erfolglose Straußenjagd: Xenophons zeitgenössischer persischer Prinz Kyros (der Jüngere, ca. 423-401 vor Chr.) marschierte nach Arabien den Euphrat zur Rechten. Viele wilde Tiere gab es dort auch Strauße. Einen Strauß fing niemand, die verfolgenden Reiter gaben es bald auf. Denn weit enteilte er auf der Flucht, auf den Füßen laufend und die Flügel wie Segel gebrauchend Ptolemäus II. (308-246 vor Chr.) ließ sich bei Festumzügen auf einem Wagen von acht Straußen ziehen, während seine Gemahlin auf einem Strauß ritt. Demnach verstand man es auch, Strauße lebendig zu fangen. Straußenfang mit Lasso (Schlinge) wird denn auch im 3. Jh. nach Chr. von Oppian von Apameia beschrieben.

Das unter Augustus und Tiberius verfasste Kochbuch des römischen Feinschmeckers Apicius enthält schließlich zwei Rezepte über die Zubereitung von Straußenfleisch.14 Der 222 n. Chr. wegen seiner Extravaganzen ermordete Kaiser Elagabal ließ für eine einzige Mahlzeit nicht weniger als 600 Strauße schlachten, um mit deren Hirnen seine Gäste zu bewirten.15

3.2 Nach alledem können wir festhalten, dass die Römer den afrikanischen (vielleicht auch den asiatisch-syrischen) Strauß gewiss kannten. Vielleicht benutzten sie ihn ebenfalls (wie Ptolemäus II. im 3. Jh. vor Chr.) bei Triumphzügen. Dementsprechend dachte der Jurist Iulius Paulus bei der Niederschrift seines um 190 n. Chr. verfassten Kommentars zum prätorischen Edikt beim von ihm erwähnten anderen Tier" wahrscheinlich in erster Linie an den zweibeinigen Riesenvogel Strauß. Angesichts seines Gewichts, seiner Muskelkraft und seiner Laufgeschwindigkeit ist die von einem Vogel Strauß ausgehende Energie und Tiergefahr auch durchaus mit derjenigen etwa eines Esels oder Ponypferdes vergleichbar.

Unterstützt wird unsere Vermutung durch die Erwähnung des Straußes zusammen mit Löwen, Bären und anderen aus Africa importierten Zirkustieren im Maximaltarif (dem Höchstpreisedikt) des Diokletian vom Jahre 301 n. Chr.16 Etwa zu gleicher Zeit (im frühen 4. Jh.) sehen wir auf dem großen Fußbodenmosaik zu Piazza Armerina, wie zwei je von einem Sklaven an den Flügeln gepackte Strauße abgeführt werden.17

 

4. Formeltechnisches

4.1 Die Klage wegen Beleidigung (actio iniuriarum) verlangte vom Kläger die präzise Angabe des dem Beklagten zur Last gelegten Tatvorwurfs.18 Wäre in der Tierschadensklage das schadensstiftende Tier ähnlich genau individualisiert (also nicht abstrakt in die übergeordnete Gattung quadrupes eingeordnet) worden, dann hätte für eine actio utilis kein Bedürfnis bestanden. Das jeweilige Streitprogramm hätte das einzelne Tier (etwa den Stier, das Schwein) und damit (falls erforderlich) auch den struthio camelus konkret benennen können. Da aber die formula für andere als Vierfüßler vom Prätor erst passend gemacht", also abgewandelt werden musste, kann die ediktale Musterformel nur generell das Wort quadrupes enthalten haben. Glaubhaft rekonstruierte deshalb Otto Lenel in seinem Edictum perpetuum § 75 die Musterformel dergestalt:

Si paret quadrupedem pauperiem fecisse qua de re agitur, quam ob rem Numerium Negidium Aulo Agerio aut noxiam sarcire aut in noxam dedere oportet, quanti ea res est, tantam pecuniam aut in noxam dedere iudex Numerium Negidium Aulo Agerio condemna, si non paret absolvet. (Wenn es sich ergibt, dass ein vierfüßiges Tier Schaden anrichtete, welcher Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, und wenn dessentwegen der Beklagte den Kláger entschädigen oder ihm (das Tier) ausliefern muss, dann verurteile du, Richter, den Beklagten in soviel Geld, wie der Schaden ausmacht, oder zur Auslieferung (des Tieres). Wenn sich dies nicht ergibt, dann sprich frei.)

Bei Zweibeinern (bipedes) wurde die formula nach Lenel durch die Fiktion erweitert: wenn ein Vierbeiner den Schaden verursacht hátte" (si quadrupes fecisset). Ohne diese Abwandlung konnte der an den Wortlaut der Klageformel gebundene iudex ein zweibeiniges Tier unter die darin genannte Kategorie quadrupes" nicht subsumieren. Im zweigeteilten klassischen Formularprozess war folglich die analoge Anwendung einer Ediktsvorschrift allein dem Prätor vorbehalten. Der iudex war dazu nicht legitimiert.19 Die Grenze der Wortauslegung durfte der iudex nicht überschreiten. Die vom Prätor im ersten Verfahrensabschnitt erteilten actiones utiles waren das vielfach verwendete Vehikel, um erkannte Regelungslücken zu schließen. Diese wichtige Funktion des Prätors (als viva vox iuris civilis, D. 1,1,8) zur Fortbildung des Gesetzesrechts (iuris civilis supplendi causa, D. 1,1,7,1) ging in neuzeitlichen Prozessordnungen ohne schriftlich vorfixiertes Streitprogramm auf jeden zur Einzelfallentscheidung berufenen Richter über. Jüngere Studien über die Geschichte der analogen Rechtsanwendung20 gehen auf das vielseitig verwendete Instrumentarium der actiones utiles seltsamerweise nicht ein.

4.2 Terminologisch auffallen könnte die Wendung haec actio utilis competit. Das Verb competere war nämlich eigentlich für kraft ius civile zustehende Klagen vorbehalten. Bei vom Prátor gewährten nichtediktalen actiones utiles lautet der korrekte Sprachgebrauch datur".21 Aber schon der hochklassische Ediktsredaktor Julian verwendet competit wiederholt auch bezogen auf actiones utiles (D. 14,1,3,12 und 13pr.); háufiger sagen dies die Spätklassiker Ulpian und Paulus. Aus competit" (hier = zuständig, einschlägig, passend, angemessen, zweckdienlich), ist zu schließen, dass dies schon über längere Zeit herrschende Meinung war.

 

5. Haftung für wilde Tiere (bestiae)?

Voraussetzung für die analoge Erstreckung der Vierbeinerklage auf den Vogel Strauß war allerdings, dass sie auf wilde Tiere überhaupt anwendbar war. Oft wird gelehrt, die actio de pauperie habe sich auf Nutztiere beschränkt.22 Von diesem engeren Anwendungsbereich mögen die Gesetzgeber der Zwölftafeln ausgegangen sein.23 A piori zwangen jedoch weder philologische noch rechtsdogmatische noch auch formeltechnische Gründe zur Restriktion auf die Haftung nur für Nutztiere. Nach Ulpian D. 9,1,1,2 bezog sich die Klage auf omnes quadrupedes". Von einer Beschränkung auf Nutztiere verlautet an dieser Stelle nichts.24 Diese Beschränkung entnimmt man einer etwas spáteren Kommentarstelle Ulpians in § 10. Genau betrachtet ist aus dieser problematischen Stelle jedoch eher das Gegenteil zu folgern, nämlich die Haftung für gefangene oder gezáhmte wilde Tiere am Beispiel eines Bären:

D. 9,1,1,10 (Ulpianuslibro 18. adedictum):

In bestiis autem propter naturalem feritatem haec actio locum non habet: et ideo si ursus fugit et sic nocuit, non potest quondam dominus conveniri, quia desinit dominus esse, ubi fera evasit: et ideo et si eum occidi, meum corpus est. (Bei wilden Tieren ist aber wegen ihrer natürlichen Wildheit für diese Klage kein Platz. Entfloh also ein Bär und schädigte er dann (jemanden), so kann dessen ehemaliger Herr nicht belangt werden, weil er aufhörte, Eigentümer zu sein, nachdem das wilde Tier entwichen ist. Darum gehört auch, wenn ich es erlegt habe, dessen Körper mir.)

5.1 Jemand hat einen Bären in seiner Obhut. Vielleicht hat er ihn zu einem Tanzbären abgerichtet (wie dies heutzutage noch in Südosteuropa vorkommt; doch ist das neuerdings wegen Tierquálerei in einigen Ländern verboten).25 Entweicht ihm dieser Bár und verletzt er anschließend einen Menschen, dann soll der ehemalige Herr dafür nicht haften, weil er sein Eigentum am entlaufenen Bären verloren habe. Soweit der mittlere Teil des Fragments (vom ersten et ideo bis evasit). Danach fragt man sich, wie ist die Rechtslage, bevor der Bär sich auf die Flucht begab? Weshalb erwähnt Ulpian die Flucht des Bären vor seiner Schadenstat als Voraussetzung für die Nichthaftung, wenn für wilde Tiere ohnehin nie und nimmer gehaftet wurde? Aus dieser Voraussetzung folgt doch wohl im Umkehrschluss, dass der Dompteur haften muss, solange er den Bären in seiner Obhut hat. Dieser Schlussfolgerung widerspricht allerdings der erste Satz, wonach bei wilden Tieren wegen ihrer natürlichen Wildheit" für die Klage kein Raum sei. Diese Begründung ist jedoch widersinnig, ja geradezu absurd. Kann der Halter eines Löwen, also eines besonders gefährlichen Tieres, von seiner Haftung mit der Ausrede freikommen, Löwen seien nun einmal von Natur aus aggressiv? Wer ein Raubtier aus freier Wildbahn in menschliche Umgebung verbringt, der muss dafür doch erst recht haften!26 Nicht wegen angeborener Wildheit"27 entfállt darum die Klage, sondern weil es für die in ihrem natürlichen Lebensraum frei lebenden Wildtiere keinen Verantwortlichen, also keinen Beklagten gibt. Wilde Tiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden" (§ 960 Abs. 1 Satz 1 BGB). Für wilde Tiere kommt also (selbstverständlich) eine Haftung nicht in Betracht, soweit sie nicht von Menschen gehalten werden.28 Ulpians erster Satz ist also missverständlich formuliert (vielleicht übernahm er ihn ungeprüft dem Kommentar eines álteren Juristen). Ungenauigkeiten hat man bei diesem hyperaktiven Juristen und Staatsmann schon öfters konstatiert. Propter naturalem feritatem kann hier sinngerecht nur heißen wegen ihres Lebens im Naturzustand, in freier Wildbahn".29 Einschränkend ist hinzuzudenken: ... solange sie sich darin befinden". Die natürliche Wildheit" stellt als solche keine tragfähige Begründung dar, sie ist vielmehr ihrerseits einer Begründung bedürftig. Wenn man für Nutztiere haften muss, falls bei ihnen einmal ihre tierische Wildheit durchbricht" (cum commota feritate nocuit),30 dann muss für wilde Tiere unter menschlicher Herrschaft doch erst recht gehaftet werden.31 Das von Ulpian abwechselnd mit quadrupes verwendete Wort fera" (D. 9,1,1,67) spricht schließlich ebenfalls gegen eine scharfe begriffliche Unterscheidung.

Ohne den sich aufdrángenden gedanklichen Fehler Ulpians kommt man jedoch mit Tony Honorés beifallswerter Annahme aus, dass vor der ersten Anknüpfung mit et ideo'" ein einschränkender Satz ausgefallen ist.32 Sinngemäß könnte er gelautet haben: Wenn wilde Tiere aber einen Herrn haben, muss dieser für sie haften."

5.2 Entgegen der anschließenden Textaussage erlischt das Eigentum am gefangenen Tier auch nicht, sobald es aus dem menschlichen Gewahrsam entkommt, sondern erst, nachdem der Besitzer dessen Verfolgung aufgibt (§ 960 Abs. 2 BGB). Erst dann hat das entlaufene Tier seine natürliche Freiheit zurückerlangt. Natürliche Rückzugsgebiete für Großwild waren die Gebirge, vor allem der Ätna, wo sich 205-207 n. Chr. auch der berüchtigte Räuberhauptmann Bulla Felix mit seiner Bande verbarg.33 Gewöhnliche Sterbliche waren furchtsam; die unwegsamen bewaldeten Hohenzüge und die den Göttern geweihten Berggipfel galten ihnen als unheimlich. Mutige Jäger konnten hingegen zur Romerzeit noch in Europa auf Bärenfang gehen (ähnlich wie zur Zeit der Kolonisierung in Nordamerika).

Gefangene Bären und eben auch Strauße aber hatten nach Diokletians Maximaltarif (wie erwähnt) einen Handelswert. Käufliche wilde Tier waren keine res nullius. Ein Käufer erwarb sie zu Eigentum, samt allen mit dem Eigentum verbundenen Rechten und Pflichten. Ein südafrikanisches Gericht sprach dem Eigentümer eines Straußen aufgrund der dort rezipierten actio de pauperie34 Schadensersatz zu, nachdem zwei Hunde den Vogel gejagt hatten und er sich als Folge ein Bein brach.35 Entsprechendes muss auch im umgekehrten Falle gelten, wenn ein Strauß nicht das Opfer, sondern der Schadensverursacher ist. Obgleich Strauße keine domestizierten Haus- oder Arbeitstiere sind, muss für sie doch gehaftet werden, solange sie nur einen Halter haben.

5.3 Zwischen wilden und domestizierten Tieren gibt es demnach gleitende Übergänge. Mayer-Malys eingangs erwähnte Gleichstellung des struthio camelus mit seinem Namenspatron, dem echten Kamel (oben 1.4), ist kein Argument gegen die den Halter treffende Haftung. Gaius 2,16 (worauf sich Mayer-Maly berief) rechnete Elefanten und Kamele zu den ferae bestiae, also zu den halbwilden" Tieren (als quasi mixti bezeichnet sie Gaius in D. 9,2,2,2 i. f.). Gaius wusste nämlich sehr wohl, dass man Elefanten und Kamele ebenso wie einheimische Pferde und Esel zum Ziehen und Tragen (aber auch zum Reiten) verwendet. In Zentralasien domestizierte man Kamele schon im 4. Jahrtausend vor Chr. Begrifflich lassen sich demnach wilde Tiere nicht ausgrenzen. Soweit sich Menschen eines Tieres bedienen, folgt ihre Einstandspflicht aus dem gebotenen Junktim von Vorteil und Nachteil (Wer den guten Tropfen genieBt, der genieße auch den schlechten").36 Aus dem Nutzen resultiert die Gefahrtragungspflicht als Kehrseite der Medaille. Entscheidend für die Haftungsfrage kann also nicht sein eine abstrakte Kategorie, sondern der konkrete Verwendungszweck.

 

6. Die Haftung für Zweifüßer (bipedes)

Ein zweifüßiges Tier (bipes) wird ein einziges Mal in unserer Überlieferung erwähnt in der späten Quelle der Lex Romana Burgundionum 13,1. Vermutlich von dem 516 n. Chr. gestorbenen König Gundobad erlassen, galt dieses Gesetz für die unter burgundischer Herrschaft im Rhonetal (mit der Hauptstadt Lyon) siedelnden Römer.37 Seine 176 Bestimmungen38 sind Exzerpte aus diversen spätantiken Rechtsquellen, darunter befinden sich 12 Allegationen aus den (als apokryph geltenden) Sentenzen des Paulus. Auch unsere Stelle mit dem bipes beruft sich auf das erste Buch aus den Paulussentenzen; die als Beleg dafür angeführte ursprüngliche Aussage ist in den anderweitig überlieferten Paulusfragmenten allerdings nicht erhalten.39 Nach LRB 13,1 muss der Halter eines Tieres gleich welcher Art den von ihm angerichteten Schaden ersetzen (oder das Tier wie nach klassischem Recht an Schadens Statt ausliefern), auch wenn ein Hund oder ein Zweibeiner den Schaden verursachte:

LRB 13,1: Si animal cuiuscumque damnum intulerit, aut estimationem damni dominus solvat aut animal cedat. Quod etiam de cane et bipede placuit observari, secundum speciem Pauli sententiarum libro primo sub titulo: Si quadrupes pauperiem fecerit. (Wenn irgendein Tier einen Schaden anrichtet, muss der Eigentümer entweder den zu schátzenden Schaden erstatten oder das Tier ausliefern. Dies billigte man auch bei einem Hunde oder bei einem ZweifüBer, gemäß den Sentenzen des Paulus im ersten Buch unter dem Titel: Wenn ein Vierfüßer Schaden anrichtet.)

Das von Iulius Paulus im Digestentext 9,1,4 genannte aliud animal" wird also im burgundisch-römischen Rechtsbuch konkretisiert als ein (Hund oder) Zweifüßer. Die utilis actio als Besonderheit der Klageformel wird bei der fortgeschrittenen Generalisierung im spätantiken Vulgarrecht allerdings nicht mehr erwähnt. Derartige Zusammenfassungen sind charakteristisch für vulgarrechtliche Vereinfachungen.

 

7. Die erste Erwahnung des Vogels Strauß. Haftung auch für andere Vogel?

7.1 Wie bin ich nun bei meiner Suche auf die erstmalige Erwähnung des Vogels Strauß gestoßen? Den entscheidenden Hinweis habe ich Jakob Cujaz zu verdanken. Bei exegetischen Problemen sollte man stets die dickleibigen Folianten des Cujaz konsuldouthtieren. Cujaz kann fast immer weiterhelfen und lässt den Ratsuchenden selten im Stich. Cuiacius schrieb:40

Praeterea sciendum est, utilem actionem noxalem dari ei, qui damnum passus est, etiamsi non quadrupes, sed aliud quodcunque animal damnum dedit: directa est de quadrupede, utilis de quacunque alio animali ... Ubi Graeci exemplum ponunt in ansere, accipitre, qui et acceptor dicitur, et struthione. (Außerdem muss man wissen, dass die analoge Schadensklage derjenige erhält, der einen Schaden erlitt, obgleich nicht ein Vierbeiner, sondern irgendein anderes Tier Schaden anrichtete: Die direkte Klage gibt es wegen eines Vierfüßers, die analoge wegen irgendeines anderen Tieres ... Als Beispiel führen die Griechen an: Gänse, Falken (auch Habichte, Sperber genannt) und Strauße.)

Unter den Graeci verstand Cuiacius die Basiliken samt deren Scholien. Tatsächlich findet man in Bas. 60,2,441 (dem Paralleltext zu D. 9,1,4) die genannten Vögel entsprechend aufgezáhlt. Beim Stichwort Falke" denkt man an die schon in der Antike ausgeübte Falkenjagd, von Friedrich II. (1194-1250) in einem Buch De arte venandi cum avibus (ca. 1246) beschrieben; als Vorrecht des Adels war die Falkenjagd in Barockzeit und Rokoko ein beliebtes höfisches Vergnügen.42 Inwieweit ein zur Beizjagd abgerichteter Falke Schaden anrichten könnte, kann an dieser Stelle allerdings nicht vertieft werden. Er konnte etwa eine Brieftaube oder ein Huhn schlagen.43

7.2 Dahingestellt muss hier auch bleiben, inwieweit sonstiges auf dem Bauernhof gehaltenes Federvieh andere schädigen könnte und dafür gehaftet werden müsste.44 Das von Geflügel ausgehende Gefahrenpotential ist gering. Hühner und Enten müssen eher vor Füchsen und Mardern geschützt werden, als dass sie selber nennenswerte Scháden verursachen. Eine beantragte actio utilis unterlag der pflichtgemäßen Ermessensprüfung des Prátors; ihre Gewährung konnte er von der Höhe des eingetretenen Schadens abhängig machen.45 Eine reelle Gefahr bilden kann wohl nur eine Schar von Gänsen. Schwäne sind hingegen in aller Regel wilde Tiere.46

 

8. Weitere Bestimmungen gegen gefahrliche Tiere, insbesondere Schlangen

Gegen das Verbringen oder Halten gefáhrlicher wilder Tiere an von Menschen besuchten offentlichen Plátzen drohte überdies das Edikt de feris (ursprünglich des kurulischen Ädilen, später, namentlich in den Provinzen, auch des Prätors) im außerordentlichen Rechtsweg zu vollziehende Strafen an je nach der Schwere des Vergehens" (pro modo admissi). Nach der Interpretatio zu den Paulus-Sentenzen 1,15,2 genügte zur Schadensentstehung auch psychische Kausalität, etwa Zurückschrecken aus Furcht vor der Bestie (terrore eius).47 Gleiches galt nach der entsprechenden Spezialvorschrift ebenfalls aus den nachklassischen Paulus-Sentenzen für aus Furcht vor öffentlich ausgestellten Schlangen verursachte Schäden:

D. 47,11,11 (Paulus libro primo sententiarum): In circulatores, qui serpentes circumferunt et proponunt, si cui ob eorum metum damnum datum est, pro modo admissi actio dabitur. (Gegen umherziehende (Leute), welche Schlangen mit sich führen und ausstellen, wird, wenn jemandem aus Furcht vor ihnen Schaden zugefügt wurde, je nach der Schwere des Vergehens eine Klage erteilt.)

Noch gegenwärtig treten in asiatischen Ländern zuweilen Schlangenbeschworer auf, welche die Schlangen nach Flötenmusik Tánze vollführen lassen. Diese Schlangen sind aber (wie man heute weiß) nicht von Natur aus musikalisch; vielmehr werden sie (wie die erwáhnten Tanzbáren) für ihr Verhalten abgerichtet (konditioniert).

Schlangen sind Keinfüßler". Entwicklungsgeschichtlich stammen zwar auch Schlangen von VierfüBlern ab. Ihre Beine sind allerdings völlig verkümmert. Diesen zoologischen Zusammenhang kannten die Römer natürlich nicht. Und juristisch kommt es auf diese weit zurückliegende Mutation nicht an. Die gegen Vorführer von Giftschlangen und gegen Transporteure von Bestien angedrohten MaBnahmen sind amtsrechtliche Neuschopfungen ohne Anknüpfung an altes Zwölftafelrecht.

 

9. Menschen als Zweifüßer"?

Ein vierfüßiges Tier bleibt ein quadrupes, auch wenn es infolge eines Unfalls einen Fuß verloren haben sollte. Ein dreifüßiges Pferd kann es nur im Mythos geben oder in der Phantasie eines surrealistischen Künstlers.48 Zu den Primaten gerechnete Menschenaffen (Gorilla, Orang-Utan, Schimpanse) können auf den Hinterbeinen aufrecht gehen und haben geschickte Hände, mit denen sie z. B. zugeworfene Nahrung auffangen konnen. Ist letztlich nicht auch der Mensch ein zweifüßiges Tier? Der weite lateinische Begriff animal (abgeleitet von anima Luft, Atem, Seele) umfasst jedes lebendige Geschöpf aus Fleisch und Blut, auch den Menschen. Ius naturale ist nach Ulpian D. 1,1,1,3, was die Natur allen Lebewesen (scil. auch den Tieren) gelehrt hat" (quod natura omnia animalia docuit). Die gegen Tierhalter gerichtet Klage war aber als Sonderfall der Deliktshaftung vonnoten, weil Tiere im Unterschied zu Menschen keinen Verstand haben (nec potest animal iniuria fecisse, quod sensu caret: D. 9,1,1,3). Doch wie, wenn ausnahmsweise auch einmal ein Mensch keinen Verstand hat, er ganz von Sinnen ist? Im 18. Jh. erwog man eine entsprechende Verantwortlichkeit des Vormunds eines Wahnsinnigen (furiosus) für von seinem Mündel angerichtete Schäden. Gegen dessen Wutausbrüche gab es weniger Abhilfen als heute, da man beruhigende Psychopharmaka noch nicht kannte; in Betracht kamen gegen Tobsuchtsanfálle nur Wegsperren oder Festbinden.

Die Bejahung der entsprechenden Anwendung wäre eine doppelte Analogie: in einem ersten Schritt vom Vierfüßer auf den Zweifüßer, in einem zweiten vom zweibeinigen Tier auf den nicht zurechnungsfähigen Menschen. Auf der Passivseite des Geschädigten vollzogen schon die römischen Juristen den Analogieschluss von der Verletzung eines Sklaven auf die Verletzung eines Hauskindes (ebenfalls mittels einer actio utilis), wegen der in beiden Fállen vom pater familias aufzuwendenden Heilungskosten.49 Sklaven waren (obschon unfrei) immerhin Menschen (homines). Aber auf der Aktivseite des Verursachers eine Gleichstellung des Wahnsinnigen mit einem zweifüßigen Tier? Mit Rücksicht auf die Würde des Menschen schreckte man davor doch eher zurück.50 Seit dem Inkrafttreten des BGB ist die Frage entschárft durch die im wesentlichen gleichen Rechtsfolgen der Verletzung der Aufsichtspflicht, sei es über einen Menschen oder über ein Tier (§§ 832-833).51

 

10. Zusammenfassender Rückblick

Von Randfragen der römischen Tierhalterhaftung ausgehend stießen wir im Laufe unserer Untersuchung zu einigen ihrer Kernprobleme vor. Vor der Begrenzung der Haftung auf Vierbeiner durch die Zwölftafeln machten die spátklassischen Juristen nicht Halt; durch Abwandlung der ediktalen Musterklage erstreckte sie Paulus als utilis actio auf andere" Tiere. Nach dem Wegfall des Formularprozesses interessierte die genaue Fassung der formula nicht mehr. Den nachklassischen Paulussentenzen zufolge haftete man im Ergebnis auch für Zweibeiner (bipedes). Dies berichtet die Lex Romana Burgundionum für die nach dem Untergang der weströmischen Reichshälfte in Burgund lebenden Römer. Ausdrücklich erwähnt wird der Vogel Strauß zusammen mit Gänsen, Falken und Habicht im ostromischen Reich in einem Scholion zu den byzantinischen Kaisergesetzen. Die Glossatoren zu Bologna erwähnen diese Vögel hingegen nicht, weil sie die byzantinischen Quellen noch nicht kannten, jedenfalls griechische Texte ignorierten. Zur Zeit der humanistischen Jurisprudenz machte aber der große Jacobus Cuiacius (1522-1590) darauf aufmerksam. Unser enges Thema führte uns somit über aufeinanderfolgende Geschichtsepochen hinweg zur Betrachtung unterschiedlicher Rechtsquellen.

Auf einheimische Zug- und Lasttiere - also res mancipi - beschránkte sich die Haftung in Rom nicht; erfasst wurden auch Herdentiere wie Schafe und Ziegen.52 Nicht alle quadrupedes waren res mancipi. Die Kategorie der Manzipiumssachen umfasste auch Sklaven und italische Grundstücke; für sie galten altertümliche Förmlichkeiten bei der Eigentumsübertragung. Die sachenrechtlichen Regeln des Eigentumserwerbs haben jedoch mit der quasideliktischen Haftung für von ihnen ausgehende Gefahren wenig zu tun. Das Grasen auf fremder Weide galt allerdings nicht als zum Ersatz verpflichtender Tierschaden (pauperies), da nicht contra, sondern secundum natura verursacht; in diesem Fall gewáhrte die spezielle actio de pastu pecoris Abhilfe. Für in Freiheit lebende wilde Tiere (bestiae) schied eine Haftung naturgemáB aus, weil sie res nullius, herrenlos waren. Für gefangene oder gezähmte Wildtiere musste ihr Halter aber (trotz undeutlicher Quellenzeugnisse und heute umstrittener Lehre) hochstwahrscheinlich haften, es sei denn dass sie seiner Obhut unwiederbringlich entflohen waren (oben V). Durch das Zusammenbringen gefährlicher wilder Tiere an frequentierten Orten machte man sich überdies aufgrund einer speziellen Ediktsvorschrift ersatzpflichtig, wenn dadurch andere geschádigt wurden. Als Schadensursache genügte dafür psychisch vermittelte Kausalitát, etwa eine unter einer Menschenmenge ausgebrochene Panik. Führten ambulante Gaukler Kunststücke mit Schlangen vor, dann hafteten sie dementsprechend schon, wenn aus Furcht vor ihnen jemand zu Schaden kam, auch wenn er nicht gebissen wurde (oben 8).

Aus der im Usus modernus verwendeten Bezeichnung Vierbeinerklage" (actio quadrupedaria) folgte schon terminologisch ihre nur analoge Anwendbarkeit auf andere Tiere (deutlich Cuiacius); materiellrechtlich ergaben sich aus dieser formeltechnischen Subtilitát" aber keine Abweichungen. Ob man in Rom auch für kleine zweibeinige Tiere wie Geflügel (Federvieh) haften musste, ist mangels von ihnen ausgehender Tiergefahren zu bezweifeln. Inwieweit der Prátor eine actio utilis gewáhren wollte, stand in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Der vermutete fiktizische Formelzusatz si quadrupes fecisset, wenn ein Vierbeiner gehandelt hätte" lässt vermuten, dass das Ausmaß des angerichteten Schadens ähnlich erheblich sein musste. Dass ein Vogel Strauß einen Schaden von vergleichbarer Größenordnung verursachen konnte, konnten wir aber aufgrund heutiger zoologischer Erkenntnisse plausibel machen.

Lehrbücher zum modernen Privatrecht enthalten weitere, den römischen Quellen entnommene Beispielsfälle zu unterschiedlichen Problemfeldern. Von Autor zu Autor und von Auflage zu Auflage tradiert, wird ihre Herkunft zuweilen gar nicht mehr kenntlich gemacht. Eine Anzahl davon stellte Rolf Knütel in einem Aufsatz zusammen.53 Sie illustrieren den unvergänglichen didaktischen Wert der Beschäftigung mit den romischen Rechtsquellen.

 

 

1 Horst Bartholomeyczik, Die Kunst der Gesetzesauslegung (3. Aufl. 1965, unveránderter Nachdruck Frankfurt 1971) 84ff.         [ Links ], mit anschlieBender schulgerechter Lösung.
2 Peter Raisch, Juristische Methoden. Vom antiken Rom bis zur Gegenwart (Heidelberg 1995) S. 14 sub B 4.5.3;         [ Links ] im Anschluss an Karl Engisch, Einführung in das juristische Denken (7. Aufl. 1977, 9. Aufl. 1997) S. 149.         [ Links ]
3 Der Name begegnet in den Quellen nur zweimal, bei Javolen D. 9,2,37,1 und Ulpian D. 19,5,14,3.
4 Esel dienten auch in den Werkstätten der Müllerbäcker (pistores) zum Antrieb der Doppeltrichtermühle (mola asinaria); sie war eine bedeutende technische Erfindung der Römer. Auch Teigknetmaschinen trieb ein Mühlesel (asinus machinarius) an; er gehörte zum Inventar (instrumentum) einer molina. Der phantastische Roman des Apuleius (125-180 n. Chr.) vom Goldenen Esel schildert die erbármlichen Arbeitsbedingungen in einer Tiermühle. Dazu Wacke, Mühlen und Müllerbäcker im römischen Reich und Recht, in: Jürgen Baur u. a. (Hrsgg.), Europarecht, Energierecht, Wirtschaftsrecht. Festschrift für Bodo Borner (Köln 1992) S. 641-670.
5 Meder, Rechtsgeschichte (4. Aufl. 2011) 60f. (2. Kapitel sub 1.3: interpretatio extensiva"). Wörtlich gleichlautend schon in seiner Monographie: Meder, Mißverstehen und Verstehen. Savignys Grundlegung der juristischen Hermeneutik (Tübingen 2004) S. 162f., rezensiert von Haferkamp, ZRG Germ. Abt. 124 (2007) 680-685.
6 Th. Mayer-Maly, Reflexionen über ius II, in: SZ 119 (2002) S. 4 Fn. 17. Mayer-Malys Zweifel richteten sich gegen Ernst A. Kramer, Juristische Methodenlehre (1998) 148.         [ Links ] Kramer stimmt in seiner 3. Auflage (2010) 194f. den Bedenken von Mayer-Maly zu. - Aufmerksam machte mich hierauf Christian Fischer (Jena); ihm verdanke ich auch die Anregung zu der vorliegenden Untersuchung.
7 Instruktiv die auch dogmengeschichtlich gelungene Darstellung von Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations. Roman Foundations of the Civilian Tradition (1990) SS. 1096-1118 (von spä         [ Links ]teren Autoren leider unbeachtet gelassen). Auf das antike Recht beschränken sich: Maria Vittoria Giangrieco Pessi, Ricerche sull'actio de pauperie. Dalle XII Tavole ad Ulpiano (Napoli 1995);         [ Links ] Pietro Paolo Onida, Studi sulla condizione degli animali non umani nel sistema giuridico romano (Torino 2002; ausführlich rezensiert von M.A. Pinto, Index 35 (2007), SS. 187-218);         [ Links ] Milena Polojac, Actio de pauperie and Liability for Damage Caused by Animals in Roman Law (Belgrade 2003).         [ Links ] Die reiche Aufsatz-Literatur ist in diesen Monographien zitiert. Zwecks Raumersparnis werden im folgenden nur einige ausgewáhlte Artikel angeführt. Einen Überblick bringt jüngst Philipp Klausberger, Vom Tierdelikt zur Gefahrdungshaftung. Zur Haftungsstruktur bei actio de pauperie und edictum de feris, in der online-Zeitschrift: Teoria e Storia del Diritto Privato 4 (2011) SS. 1-13 [teoriaestoriadeldirittoprivato.com].
8 Emilio Valiño, Actiones utiles (Pamplona 1974) 317f. Voreingenommen gegenüber der Klassizität von utiles actiones und darum nicht förderlich ist die Monographie von Richard Sotty, Recherches sur les utiles actiones (These Clermont Ferrand 1977) S. 394f., mit schwacher Textexegese von D. 9,1,4.
9 Grzimeks Tierleben Enzyklopädie des Tierreichs Band 7: Vogel 1 (Zürich 1970/ München 1980) S. 89ff.; Gropes Lexikon der Tierwelt Band 11 (Köln, Lingen-Verlag ohne Jahr).
10 Zahlreiche Nachweise im Internet über die Suchmaschine Google, sowie in der Enzyklopädie Wikipedia (dort auch viele Illustrationen).
11 Daniel Mann, Rekorde der Tierwelt Ein Lesebuch der Superlative (München/ Berlin 1979) 79f.
12 Zum Folgenden Michael Herles, Der Vogel StrauP in den Kulturen Altvorderasiens, in: Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 139 (Berlin 2007) S. 173-212, mit zahlreichen Abbildungen und ausführlicher Bibliographie. Für Rom J.M.C. Toynbee, Animals in Roman Life andArt (London 1973) S. 237-240, mit Fn. S. 392.
13 Für Ägypten Günther Lorenz, Tiere im Leben der alten Kulturen (Wien 2000) S. 69.
14 Das Apicius-Kochbuch, übersetzt und bearbeitet von Richard Gollmer (1909; reprint Leipzig o. J.).
15 Jacques André, Essen und Trinken im alten Rom (Stuttgart 1998) S. 112 mit Fn. 78 (S. 238f.); franzos. Orig.: L 'alimentation et la cuisine a Rome (nouvelle éd. Paris 1981) 2. Kapitel Nr. 3.
16 Alexander Demandt, Die Spätantike (1989) S. 327.
17 Wiedergegeben bei André (Fn. 15) S. 113. Lit. bei Lorenz (Fn. 13) S. 93.
18 Massimo Miglietta, Elaborazione di Ulpiano e di Paolo intorno al certum dicere nell Edictum generale De Iniuriis (Lecce 2002).
19 Wegen der allgemeinen Bezeichnung quadrupes" in der formula war es unschädlich, wenn sich apud iudicem herausstellte, dass nicht ein Pferd (equus), sondern ein Maultier (mulus) den Schaden verursachte hatte. Ergab sich aber in der Beweisaufnahme, dass nicht ein Widder, sondern ein Strauß den Schaden angerichtet hatte, dann war die nicht auf einen Zweibeiner angepasste actio abzuweisen. VierfüBler waren untereinander austauschbar, aber nicht gegen einen ZweifüBler.
20 Etwa Jean Falk, Die Analogie im Recht (Diss. Gießen, Mainz 1906); Heinrich Langhein, Das Prinzip der Analogie als juristische Methode (Berlin 1992); Jan Schroder, Zur Analogie in der juristischen Methodenlehre der frühenNeuzeit, in: ZRG Germ. Abt. 114 (1997) 1-55; ders., Recht als Wissenschaft Geschichte der juristischen Methode (München 2001) S. 45-51; Letizia Vacca, L'interpretazione analogica nella giurisprudenza classica, in: Studii in onore di Luigi Labruna VIII (2007) 5727ff.; Il ragionamento analogico Profili storico-giuridici. Convengo di Como 2006, a cura di Claudia Storti (Napoli 2010); darüber den Bericht von M. Migliorini, Iura 56 (2006-7) S. 415-423.
21 Behrends/ Knütel/ Kupisch/ Seiler (1995) übersetzen (systematisch korrekt, jedoch abweichend vom lateinischen Wortlaut) competit mit wird gegeben".
22 Etwa Kaser, Das römische Privatrecht I (2. Aufl. 1971) 633 Fn. 31; Behrends cum sociis II zu Buch 9 S. 729 Fn. 1; Polojac (o. Fn. 7); dieselbe, Actio de pauperie domestic and wild animals?, in: Regle et pratique du droit, Atti della SIHDA 1997 (1999) S. 463-474. Wie hier hingegen Giangrieco Pessi (o. Fn. 7) 115ff., 161; dieselbe, L'interpretatio prudentium nell'evoluzione dell'actio de pauperie, in: Ricerche dedicate a Filippo Gallo I (Napoli 1997) 285ff., aber unkritisch S. 290f. gegenüber D. 9,1,1,10.
23 Die noxae deditio war als facultas alternativa sinnvoll, wenn der Geschädigte das in der Landwirtschaft genutzte Tier ebensogut gebrauchen konnte wie dessen beklagter Halter. Mit der Auslieferung eines Löwen war den Interessen des verwundeten Klägers (falls er überhaupt überlebte) hingegen schwerlich gedient.
24 Aus der künstlichen Beschränkung des Begriffs quadrupes auf Nutztiere fand man in der Interpretationsgeschichte zwei Ausweichpfade. Für vierbeinige bestiae sollte (ebenso wie für Zweibeiner) mit der in D. 9,1,4 genannten utilis actio gehaftet werden. Siehe die Nachweise (zu Lauterbach, Voet, van Leeuwen) bei Zimmermann 1113. Aber damit wáre die schon in der Glosse begegnende klare Unterscheidung zwischen Vierbeinern (actio directa) und Nichtvierbeinern (actio utilis) gestört worden. Die formula zwang zu dieser Art Unterscheidung nicht. Galten vierfüßige bestiae etwa nicht (oder nur im Wege einer Fiktion) als quadrupedes? Gemäß einer anderen Ausweichlösung sollte für wilde Tiere nur bei hinzukommendem menschlichem Verschulden gehaftet werden. So das oft aufgelegte Pandektenlehrbuch von Ferdinand Mackeldey, hier zitiert nach der italienischen Übersetzung der 14. Aufl. durch Vittore Ricci, Corso di diritto romano II (Milano 1866) § 512. Für die besonders gefährlichen wilden Tiere die mildere Verschuldenshaftung vorzusehen, ist jedoch ungereimt.
25 Viele aufschlussreiche Hinweise (auch zur Geschichte) im Internet, besonders in Wikipedia Art. Tanzbären (Aufruf vom 4. 10. 2013). Nachdem sich mit Zirkusbären einige Unfälle ereigneten (zuletzt 2009), wurde deren Verwendung einem Zirkus polizeilich verboten.
26 Vor allem wenn für die Tierhetzen (venationes) zum Vollzug von Todesstrafen gehaltene bestiae aus ihren Käfigen ausbrechen sollten.
27 So die Übersetzung von Spruit (1994). Entsprechend steht in Inst. 4,9pr. genitalis feritas.
28 In der Übersetzung von Behrends etc. fehlt in dem von den Übersetzern vor gehalten werden" (zu in bestiis) in Klammern hinzugefügten Relativsatz das nicht". Dieses Fehlen ist sinnstörend. In der von Schipani herausgegebenen italienischen Übersetzung (2005) findet sich hingegen an spáterer Stelle (nach si ursus fugit) die zutreffende (wenngleich unnotige) Ergánzung ,,che era custodito presso qualcuno".
29 Feritas ist nicht gleichbedeutend mit ferocitas (Unbándigkeit, Aggressivität; in den Rechtsquellen sehr selten). Mehrdeutig ist auch unser Eigenschaftswort wild". Die Bedeutung schwankt zwischen natürlich, von selbst wachsend (Wildkräuter, Wildwuchs) und ungestüm, tobend, zügellos, angriffslustig. Unterschiedlichen Sinn hat das Adjektiv in Zusammensetzungen wie wilde Ehe, wilder Streik.
30 So übersetzt von Behrends cum sociis: Ulpian D. 9,1,1,4. Gleichbedeutend in § 7: quotiens contra naturam fera mota pauperiem dedit.
31 Denn Wildheit ist die Charaktereigenschaft von Bestien, und ein Interesse an ihrer Verbringung in menschliche Lebensráume ist (wenn überhaupt) weitaus geringer als für Nutztiere. Umgekehrt Polojac in: Règle (o. Fn. 22) S. 473: Wenn wilde Tiere Schaden anrichten, verhielten sie sich nicht contra, sondern secundum naturam (sui generis). Das pharisäerhafte Argument verwandte schon Struve, angeführt bei Zimmermann 1113f. - Ohne rechtspolitische Würdigung (welche im umfangreichen Schrifttum bislang zu vermissen ist), kann eine überzeugende Lösung der alten Kontroverse nicht gelingen. Hätten die Römer die Haftung eines Halters von wilden Tieren verneint, müsste man an ihrem Sinn für Gerechtigkeit und Folgerichtigkeit zweifeln.
32 Honoré, Liability for Animals Ulpian and the Compilers, in: Satura Robert Feenstra (1985) 248. Ihm folgend, konstatiert zutreffend auch Rodríduez-Ennes, Iura 41 (1990) S. 77 einen hiatus zwischen den ersten beiden Sátzen. Als annehmbar (acceptable) betrachtet, aber im Ergebnis entgegen Honoré doch ablehnend Polojac (o. Fn. 7) S. 35, dies., in: Regle (o. Fn. 22) S. 472f.
33 Vgl. Th. Grünewald, Rauber, Rebellen, Rivalen, Racher Studien zu latrones im romischen Reich (Stuttgart 1999); Wacke, Scritti in onore di G. Melillo III (2009) 1489f. mit weiteren Nachweisen.
34 Zimmermann (o. Fn. 7) S. 1110ff.
35 Le Roux versus Fick, 1879; zitiert bei PhJ Thomas/ CG van der Merwe/ BC Stoop, Historiese Grondslae van die Suid-Afrikaanse Privaatreg (Durban 2008) S. 419f. Ein Vogel Strauß mit gebrochenem Bein muss angesichts äußerst geringer Heilungschancen in der Regel getötet werden. Den Hinweis verdanke ich der Aufmerksamkeit von Paul du Plessis (Edinburgh). Meinem Vortrag des Themas auf der SIHDA zu Salzburg im September 2013 hat Paul du Plessis beigewohnt.
36 Ruth Schmidt-Wiegand, Deutsche Rechtsregeln und Rechtssprichwörter (1996) s. v. Tropfen.
37 Ausführlicher Überblick bei H. Nehlsen im Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte [HRG] II (1978) 1927ff; weitere Angaben bei Wieacker, Romische Rechtsgeschichte II (2006) 254 mit Lit. S. 440 (§ 73 III 2).
38 Laut BIA sind es 224 Paragraphen.
39 Verwiesen wird in den Textausgaben der LRB auf PS 1,15,1. Diese Stelle handelt aber nur von quadrupedes. Einen Textvergleich bringt Onida (o. Fn. 7) S. 234f., ohne exegetische Vertiefung.
40 Cuiacius, In libr. XXIIPaul. ad Ed., in dessen Opera omnia vol. V S. 522. Hingewiesen wird darauf im Repertorium von Th. Schimmelpfeng, Hommel redivivus I (1858) zu D. 9,1,4.
41 Bei Heimbach, Basilikon libri vol. V (Lipsiae 1850) S. 262.
42 Arrigo D. Manfredini, Chi caccia e chi e cacciato" Cacciatore e preda nella storia del diritto (Torino 2006) 78ff.
43 Vor Falken haben Tauben panische Furcht. Im für die Weltmeisterschaft von 2010 in Kapstadt errichteten überdachten Fußball-Stadion lásst ein Falkner einmal pro Woche einen abgerichteten Wanderfalken für kurze Zeit kreisen. Ohne diese umweltverträgliche Abschreckungs- und Vertreibungsmaßnahme richteten schätzungsweise 300 Tauben durch Wegfressen des groBten Teils der allmonatlich erforderlichen Neueinsaaten Schäden von über 8.000 Euro im Jahr an. Auf dem Londoner Trafalgar Square bewährte sich der Einsatz von Falken ebenfalls als Taubenschreck. [Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 249 vom 26. 10. 2013, S. 11].
44 Zimmermann S. 1101 nennt chicken, geese or ducks". Auch Giangrieco Pessi 162ff. spricht von bipedi di cortile (galline, oche ecc.)", aber ohne Plausibilitátserwágungen über die praktische Relevanz solcher Kleintiere für die Haftungsfrage. Den näherliegenden Vogel Strauß erwähnen beide Autoren merkwürdigerweise nicht. Entsprechend der selbstgesetzten Begrenzung ihres Untersuchungszeitraums bis Ulpian behandelt Giangrieco Pessi auch nicht die für die mittelalterliche Beizjagd verwendeten Greifvögel (spanisch accipítridos).
45 Propter nimiam ferociam (wegen außergewöhnlicher Wildheit, sc. von Maultieren) erwähnt Ulpian D. 9,1,1,4 beispielhaft als Voraussetzung.
46 Beim Versuch, einem angreifenden Schwan auszuweichen, stürzte ein Jogger am Ufer eines Sees. Niemand haftet ihm für seine dabei erlittene Verletzung: Oberlandesgericht Koblenz, 5 U 196/11 [Frankfurter Allg. Zeitung Nr. 3 vom 4. 1. 2012 S. 7].
47 Körperliche Schadensverursachung (wenngleich vermittelt durch eine Sache, etwa durch einen umgeworfenen Lastkarren) erforderte hingegen die actio de pauperie gemäß D. 9,1,1,9.
48 Vergegenstándlicht in einer riesenhaften Skulptur auf dem Bahnhofsvorplatz zu Heidelberg.
49 D. 9,2,5,3 (Teil 2) - D. 9,2,7pr.
50 Geradezu leidenschaftlich ablehnend Glück, Pandecten X 1 (1808) § 695 S. 294ff., aber mit eher formaljuristischen Argumenten.
51 Zur Geschichte der Verantwortlichkeit von und über betreuungsbedürftige Menschen Heinz Holzhauer, Das Betreuungsrecht vor geschichtlichem Hintergrund, in: Reinhard Bork u. a. (Hrsgg.), Recht und Risiko, Festschrift für H. Kollhosser II (Karlsruhe 2004) S. 241-256, 249ff.
52 D. 9,1,1,11 (aries); vgl. D. 9,2,2,2.
53 Knütel, Von befreiten Vögeln, schonen Schlaferinnen und hüpfenden Hunden, oder Exempla docent, in: Juristische Schulung 41 (2001) S. 209-217; italienische Fassung in: Iuris Vincula. Studi in onore di
Mario Talamanca IV (Napoli 2001) S. 431-462.

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