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Fundamina

On-line version ISSN 2411-7870
Print version ISSN 1021-545X

Fundamina (Pretoria) vol.20 n.1 Pretoria Jan. 2014

 

Iustitia und iustus bei den römischen Juristen

 

 

Thomas Finkenauer

Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Europäisches Privatrecht, Eberhard-Karls-Universität Tübingen

 

 


ABSTRACT

Much research has been done on the concept of aequitas, while the sense in which Roman jurists used the terms iustitia and iustus has until now received surprisingly little attention, even though these terms are definitely to be found in classical law. As regards their meaning, aequitas and iustitia can scarcely be distinguished at first glance. However, the Romans of the first century AD apparently did see a difference, for they struck separate coins for the goddess Iustitia on the one hand and the goddess Aequitas on the other; the latter invariably carried a pair of scales, while the former was never depicted in this way. Similarly, Roman jurists distinguished between iustitia in the broader sense of multilateral justice and aequitas in the restricted sense of a bilateral balancing of interests. Thus the concept of iustitia led to a consideration, not only of the relevant bilateral relationships but of all facts and all aspects of law and justice that affected the persons involved in the case. From this perspective, iustitia may be regarded as synonymous with aequitas totius rei.


 

 

1. Einleitung

Eine sichere Unterscheidung zwischen iustitia und aequitas ist kaum möglich1. Während über diese schon häufig gehandelt worden ist, ist jener - von den die Digesten einleitenden Sätzen abgesehen - bisher wenig Aufmerksamkeit zuteil geworden2. Daß die Römer einen Unterschied zwischen der iustitia und der aequitas gemacht haben, ergibt sich schon aus dem Umstand, daß beide seit dem 1. Jhdt n Chr als (göttliche) Personifikation von Idealbegriffen auf Münzen geprägt wurden3. Jene wird auf Münzen dargestellt als Frau mit Zweig oder Opferschale und Zepter, diese als Frau mit Waage in der Rechten und entweder Stab, Palmzweig oder Füllhorn in der Linken4. Die aequitas verkörpert also stets die Waagerichtigkeit, die Entsprechung von Leistung und Gegenleistung, von Fehlverhalten und Sanktion5. Einer solch einfachen Zuordnung versperrt sich die iustitia. Es erscheint daher reizvoll, ihrer Anrufung durch die römischen Juristen nachzugehen, eine kleine Begriffssemantik zu entwickeln6.

 

2. Iustitia

Auffällig ist zunächst, wie selten die römischen Juristen iustitia verwenden7, nämlich dreimal in Ulpians Institutionen und regulae am Digestenanfang, zwei weitere Male bei Ulpian, zweimal bei Tryphonin und einmal bei Modestin. Es handelt sich also ausschließlich um spätklassische Belege. Dagegen findet sich die aequitas in denselben Quellen 102 Mal8. - Von vornherein dürfen wir angesichts der gemeinsamen Etymologie von ius und iustitia9 mit einer materialen und einer formalen, auf die Rechtmäßigkeit abstellenden Bedeutung von iustitia rechnen10.

2.1 Der materiale Begriff (Gerechtigkeit)

2.1.1 Die Leitsätze am Digestenanfang

Es war die Sache der römischen Juristen nicht, eine allgemeine Theorie der Gerechtigkeit aufzustellen11. Daher nimmt der Anfang der justinianischen Digesten eine Sonderstellung ein. Schon die Rubrik des ersten Titels des ersten Buchs der Digesten mit seinen zwölf Fragmenten, de iustitia et iure, verspricht allgemeine Ausführungen. Der Digestentitel eröffnet in D 1,1,1pr mit der dem Anfängerlehrbuch des Ulpian entnommenen berühmten Aussage, daß das Recht (ius) seinen Namen von der Gerechtigkeit (iustitia) ableite, weil nach der Definition des Celsus das Recht die Kunst des Guten und Gerechten" (bonum et aequum) sei. Nach § 1 sind die Juristen Priester der Gerechtigkeit, indem sie das Wissen vom bonum et aequum lehren und damit die wahre Philosophie betreiben. In der Definition" der Gerechtigkeit in fr 10pr setzt Ulpian12 ihr den beständigen Willen gleich, jedem sein Recht zu gewähren. Das suum cuique tribuere ist nach fr 10,1 auch eines der drei iuris praecepta.

Vielfach wurde den Einflüssen der griechisch-römischen Philosophie auf diese Sätze nachgespürt. Gerade unser Jubilar ist ein großer Kenner der Materie und hat uns eindringliche Studien zum Thema vorgelegt13. Zu Recht hat er vor einer bloßen Aufzählung von philosophischen Paralleltexten gewarnt und nach den Zwischenquellen" und dem Bildungshintergrund der römischen Juristen gefragt14. Ich neige dazu, die lakonischen Sätze am Digestenanfang, soweit sie nicht wie die aequitas genuine Erfindung der Römer sind15, dem damals allgemeinen (und philosophisch wenig ausdifferenzierten) Bildungsgut zuzurechnen, das ein Jurist in der hohen und späten Klassik haben konnte. Die Sätze haben sowohl in Ulpians Einführungswerk als auch in Justinians Kodifikation programmatischen und selbstversichernden Charakter. Weil sie keine konkreten Maßstäbe für die Fallentscheidung vorgeben, kommen die Juristen naturgemäß so gut wie nie auf sie zurück.

2.1.2 Ein Verwahrungsfall

Tryphonin behandelt in D 16,3,31,1 ein bis heute umstrittenes16 Dreipersonenverhältnis: Ein Dieb hat eine gestohlene Sache in Verwahrung gegeben; der gutgläubige Verwahrer wird mit einer Herausgabeklage seitens des Eigentümers belangt17. Wem muß er die Sache herausgeben, dem Dieb oder dem Eigentümer?

Nach Vertragsrecht hat auch der Dieb Anspruch auf Herausgabe; denn die bona fides bindet die beiden Vertragsparteien, und auf das Eigentum des Hinterlegers kommt es dabei nicht an18. Jedoch wirft Tryphonin die Frage auf, ob die bona fides nicht auch zur Berücksichtigung außervertraglicher Umstände und von Drittinteressen zwingt, und beantwortet sie im folgenden positiv: Die totius rei aequitas erfordere es, alle betroffenen Personen zu berücksichtigen, auch den Eigentümer; dieser dürfe daher die Rückgabe verlangen19. Nur wenn der Eigentümer nicht an den Verwahrer herantritt, hat dieser die Sache dem Dieb herauszugeben. Der Jurist nennt als Argument die iustitia, quae suum cuique ita tribuit, ut non distrahatur ab ullius personae iustiore repetitione - übrigens das einzige Mal, dass das suum cuique als Argument in den Digesten angeführt wird. Spricht der Jurist also zunächst von der aequitas, stellt er anschließend entscheidend auf die iustitia ab, die jedem das Seine zuteilt20. Warum diese Wortwahl?

Würde der Verwahrer die Sache an den Dieb zurückgeben, müßte dieser sie dem Eigentümer herausgeben. Der Dieb kann sein Haftungsinteresse im Regelfall mit der Verwahrungsklage gegen den Verwahrer geltend machen21. Erhält jedoch der Eigentümer seine Sache direkt vom Verwahrer zurück, entfällt das Haftungsinteresse des Diebes, und es gibt keinen Grund, ihm die Sache zurückzugeben. Da der Eigentümer eine Herausgabeklage gegen den Verwahrer erhoben hat, wird diesem im Zwischenbescheid die Restitution aufgegeben. Strengt anschließend der Dieb gegen den Verwahrer die actio depositi an, ist dieser wegen der extensiven, auch den dritten Eigentümer berücksichtigenden Auslegung der bona fides von jeder Rückgabeverpflichtung und damit Haftung frei.

Tryphonin bemüht die iustitia, die jedem das Seine zuteilt. Ob das Zitat des suum cuique sich bewußt an D 1,1,10pr anlehnt22, ist angesichts der damals allgemeinen Anerkennung dieses praeceptum iuris23 gleichgültig. Entscheidend dagegen ist, daß der Jurist mit der iustior repetitio eine Rangfolge zwischen den beiden Rückgabeverlangen von Hinterleger und Eigentümer aufstellt24: Zwar ist die Vertragstreue ein hoher Wert, aber ein schützenswertes Interesse daran, an die Sache zu gelangen, hat der Dieb mangels Haftungsinteresses nicht. Dagegen steht das Vindikationsinteresse des bestohlenen Eigentümers. Die aus Sicht des Eigentümers bestehende Zufälligkeit des Verwahrungsvertrags soll nicht zu einer Vertiefung seiner Rechtskränkung führen; denn würde zunächst der vertragliche Rückgabeanspruch erfüllt, wäre die Sache wieder in den wenig vertrauenswürdigen Händen des Diebes. Die Rückgabeklage des Diebes ist - bezogen auf den Verwahrungsvertrag - gerecht", bezogen auf sein Verhältnis zum Eigentümer ist nur dieser schutzwürdig, dessen Rückforderungsanspruch daher gerechter".

Die Begründung des Juristen ist bemerkenswert: Die von ihm angeführte totius rei aequitas ist eine Gerechtigkeit, die alle drei Personen in die Betrachtung einbezieht, also das Vertragsinternum überwindet. Dieser Gerechtigkeitsbegriff im Sinne einer Gesamtbetrachtung steht in einem offenbaren Gegensatz zur üblicherweise gebrauchten aequitas als Fallgerechtigkeit oder Waagerichtigkeit" in einem Zweipersonenverhältnis. Mit der aequitas in einem weiteren Sinne setzt Tryphonin die iustitia gleich, indem er wegen des Rangverhältnisses zwischen Dieb und Eigentümer die Klage des Diebes gegen den Verwahrer mittels Auslegung der bona fides abschneidet. Argumentativ dient ihm die Berufung auf die iustitia oder totius rei aequitas also dazu, das Vertragsverhältnis im Lichte eines anderen Rechtsverhältnisses zu einem Dritten zu interpretieren. Die aequitas im engeren Sinne hätte dies nicht vermocht, zielt sie doch bei der Auslegung der bona fides auf die Austauschgerechtigkeit im konkreten Vertrag.

2.1.3 Anklage wegen Ehebruchs

In seinem Kommentar zur lex Iulia de adulteriis coercendis von 18 oder 16 v Chr25 erklärt Ulpian, die Ehebrecherin müsse, nachdem der Ehebrecher in einem ersten Prozeß verurteilt worden sei, causam suam agere, und habe womöglich die Chance, vel gratia vel iustitia vel legis auxilio zu obsiegen26. Denn der erste Prozeß könne wegen bestochener Zeugen oder falscher Beweismittel zu einer Verurteilung des Mannes geführt haben, während der zweite Prozeß gegen die Frau vor einem iudex religiosus, einem gewissenhaften Richter27, geführt werde.

Der Text ist ohne weiteres klassisch28, der iudex ist entweder der Richter im Kognitionsverfahren29 oder der Vorsitzende der womöglich noch zu dieser Zeit bestehenden quaestio30. Gratia verteidigt die Frau ihrepudicitia durch (senatorische oder kaiserliche) Begnadigung31. Das auxilium legis kann etwa im Ablauf der Fünfjahresfrist bestehen, nach der eine Anklage nicht mehr möglich ist32, in einer anschließenden Verzeihung durch den Ehemann33 oder in einem sittlichen Vergehen an der Frau34. Es kann ihr auch das notwendige Bewußtsein vom begangenen Unrecht fehlen, etwa wenn sie irrig von einer Auflösung ihrer Ehe ausging, weil sie ihren abwesenden Mann für tot hielt. Papinian beschreibt dieses Problem als quaestio iuris et facti35: Es sei zu unterscheiden, ob die Frau sich erst längere Zeit nach dem vermeintlichen Tod des Ehemannes mit einem anderen eingelassen habe oder ob der vermeintliche Tod nur ein willkommenes Argument für den Ehebruch gewesen sei. Ein gewissenhafter Richter muß in einem solchen Fall neben der bloßen Anwendung des Gesetzes daher auch die iustitia bedenken - also Augenmaß haben und Einzelfallgerechtigkeit üben, indem er in einer Gesamtbetrachtung alle relevanten Umstände des Falles gegeneinander abwägt.

2.2 Der formale Begriff (Rechtmäßigkeit): Zweck der in integrum restitutio

Das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes wurde in einer Voruntersuchung geprüft36. Anerkannt waren nach Ulpian D 4,6,1,1 in fine nur gesetzliche Restitutionsgründe37; ähnlich drückt sich Modestin D 4,1,3 aus, wenn er auf die Rechtmäßigkeit der Gründe abstellt38. Nur für die Zeit vor der endgültigen Redaktion des prätorischen Edikts ist an eine causa iusta im Sinne eines berechtigten" Grundes zu denken, wenn nämlich der Prätor nach seiner Voruntersuchung eine Schutzlücke feststellte und einen neuen Restitutionsgrund überhaupt erst anerkannte39.

2.3 Iustitia et ius

Zweimal ist uns bereits die auch heute noch verbreitete Paarformel von Recht und Gerechtigkeit" begegnet, im ersten Digestentitel als Rubrik40 und soeben in D 48,5,18,6. Während in diesem Text die Gerechtigkeit neben dem Recht durchaus eigenständige Funktion hat, läßt sich dies von D 47,10,1pr. nicht sagen. Darin kommt Ulpian bei einer Bestimmung der iniuria auf ein unrichtiges, weil unbilliges oder unrechtmäßiges Urteil zu sprechen, das deshalb eine iniuria ist, weil ihm ius et iustitia fehlen41. Ebenso wie in D 48,5,18,6 könnte man auch hier der iustitia eigenständige Bedeutung im Sinne von Einzelfallgerechtigkeit beimessen wollen. Mehr spricht jedoch dafür, daß Ulpian bei seiner spielenden Worterklärung"42 Recht und Gerechtigkeit in eins setzt. Der Idee nach waren Recht und Gerechtigkeit für die römischen Juristen ursprünglich ohnehin identisch, weil das Recht göttlichen Ursprungs ist43. Die Identität zeigt sich auch in D 1,1,10, wo das suum cuique tribuere einerseits Ziel der iustitia ist, andererseits aber auch eines der praecepta iuris44.

 

3. Iustus und seine Ableitungen

3.1 Bedeutungsspektrum

Iustus und iniustus haben zunächst, im Unterschied zu aequus und iniquus, einen viel stärkeren Bezug zum ius. Dementsprechend häufig kommt es in Bedeutungen vor, die mit Gerechtigkeit" nichts zu tun haben45, so zunächst in der Bedeutung rechtmäßig" im Sinne von legitimus46, gesetzmäßig"47, rechtsgültig" bzw wirksam"48. Eine weitere Bedeutungsebene ist mit gerechtfertigt", berechtigt" im Sinne eines rechtfertigenden Grundes erreicht49. Iustus kann auch angemessen" im Sinne eines von der Rechtsordnung anerkannten Maßes bedeuten50. Hier überschneidet sich iustus bereits mit aequus. Dies gilt auch, wenn iustus gerecht" bedeutet, etwa zum Lob eines Edikts, der Arbeit eines Magistrats oder einer Rechtsauffassung (häufig der eigenen).

3.2 Gesetz und Rechtsprechung

3.2.1 Iusta lex

Pomponius beschreibt die Aufgabe des Prätors, die zivilen Klagen zu ergänzen, und führt hierfür in D 19,5,11 actiones in factum an. Danach dürfen nur solche Klagen -wie die actio legis Aquiliae - als Muster dienen, die gerecht und notwendig" sind. Das Kolon si lex iusta ac necessaria sit bezieht sich nicht nur auf die anschließend erwähnte lexAquilia51. Pomponius formuliert nämlich in allgemeiner Weise und erwähnt sodann nur ein (praktisch sehr wichtiges) Beispiel. Es ist auch plausibel, daß der Prätor ein unterdessen überflüssiges Gesetz oder eines, das nicht mehr der allgemeinen Gerechtigkeitsüberzeugung entspricht, nicht auch noch ausdehnend auslegt. Folglich war für die römischen Juristen ein Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit ausnahmsweise durchaus denkbar.

3.2.2 Iudex iustus

Jemand bestattet einen Toten entgegen dem ausdrücklichen Verbot des Erben, vielleicht als Sohn aus Pietät oder sogar in Ausführung einer von dem Toten gegebenen Weisung. Soll er Aufwendungsersatz verlangen können? Ulpian bejaht dies in D 11,7,14,13: et generaliter puto iudicem iustum non meram negotiorum gestorum actionem imitari, sed solutius aequitatem sequi, cum hoc ei et actionis natura indulget.

Die Klage auf Ersatz der Aufwendungen gegen den Erben konnte nicht auf ein Mandat gestützt werden; denn der Auftrag, ein Geschäft nach dem Tod des Auftraggebers zu erledigen, war wegen der Regel ab heredis persona obligatio non incipere potest unwirksam52. In Betracht kam aber die actio negotiorum gestorum contraria53. Sie setzt voraus, daß das Geschäft nicht gegen den Willen des Geschäftsherrn geführt wurde. Der Aufwendungsersatzausschluß prohibente domino war womöglich streitig, weil uns Justinian in C 2,18,24 pr-1 (530) von einer Debatte darüber berichtet54. Vier Texte belegen indessen, daß mit Labeo, Julian, Pomponius, Papinian, Ulpian und Paulus führende Juristen ihrer Zeit bei einem Verbot des Geschäftsherrn die Aufwendungsersatzklage ablehnten55. Deshalb mußte die Geschäftsführungsklage ausscheiden, und es verblieb die subsidiäre in aequum konzipierte actio funeraria56.

Die aequitas war deshalb Klagevoraussetzung, weil der Richter die verschiedensten Umstände zu prüfen hatte. Gerade weil bei römischen Bestattungen enorme Prachtliebe und Verschwendung nicht selten waren57, ist Ulpians Kommentar verständlich, daß der Aufwand pro facultatibus vel dignitate defuncti zu bemessen sei und die Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden müßten58. Der Richter durfte also einen angesichts der Vermögensverhältnisse des Verstorbenen unangemessen hohen Aufwand nicht berücksichtigen, selbst wenn dieser dem Willen des Verstorbenen entsprochen hatte59. Ausgeschlossen war die Klage zudem nach einem Reskript Caracallas, wenn die Bestattung aus Pietät erfolgt war60. Nach Ulpians Auffassung konnte dieser Klagenausschluß jedoch nicht schlechthin gelten. Denn daß man einen Toten ohne jede Anteilnahme beerdige, sei auszuschließen61. Entscheidend sei daher, daß der Bestatter später seinen animus beweisen könne, also vor Zeugen erklärt habe (testatio), welche Zwecke er mit der Bestattung verfolge - ob nur aus Pietät oder eben auch, um die Kosten (womöglich auch nur teilweise) wiederzuerlangen62. Folglich hatte der Richter die aequitas in doppelter Weise, in Bezug auf Grund und Umfang der Klage, zu prüfen: zunächst, ob überhaupt Bestattungskosten eingeklagt werden konnten oder ein Ausschlußgrund vorlag; sodann, ob der betriebene Aufwand selbst angemessen war.

Wenn der Bestattende vom Verstorbenen geheißen wurde, appelliert Ulpian an den iudex iustus, als Ausdruck ein Hapaxlegomenon. Der Richter darf sich nicht nach dem Vorbild der actio negotiorum gestorum richten, sondern muß der aequitas in freierer Rechtsfindung" (solutius) folgen63. Verbietet der Geschäftsherr die Geschäftsführung, gäbe es, wie gesehen, nach dem Vorbild der actio negotiorum gestorum keinen Aufwendungsersatz. Die Parallelen zwischen dieser Klage und der actio funeraria sind augenfällig: Beide Klagen setzen ein fremdes Geschäft voraus, beide auch einen Fremdgeschäftsführungswillen. Ulpian selbst weist auf diese Parallele mit meram negotiorum gestorum actionem imitari hin. Der Richter soll sich bei der Bestimmung des aequum aber gerade nicht leiten lassen von dem (zu einem abschlägigen Ergebnis führenden) Geschäftsführungsrecht.

Ist der Erbe aber überhaupt der Geschäftsherr? Ausdrücklich sagt Ulpian in D 11,7,1, daß der Bestattende kein contractum mit dem Erben, sondern mit dem Verstorbenen eingehe. Mit contractum ist in der Rechtssprache nicht nur ein Vertrag gemeint, sondern jeder erlaubte haftungsbegründende Vorgang, was das negotium gestum einschließt64. Man kann also mit guten Gründen den Verstorbenen als den Geschäftsherrn ansehen, weshalb das Verbot des Erben wirkungslos wäre. Bedenkt man darüber hinaus, daß der Verstorbene den Bestattenden und damit auch - im Rahmen seiner Möglichkeiten -den zu betreibenden Aufwand bestimmen kann65, zeigt sich deutlich, daß der Richter die Interessen von drei Personen gegeneinander abwägen muß. Denn womöglich hat der Erbe die Bestattung durch den Bestattenden nur verboten, weil ihm die Weisungen des Verstorbenen hinsichtlich des Bestattungsaufwands als unangemessen erscheinen durften. Der Erbe ist hier nicht etwa als Nachfolger des Verstorbenen in jedem Fall an dessen Entscheidungen gebunden, sondern kann womöglich eigene schutzwürdige Interessen haben. Der gerechte" Richter wägt also alle beteiligten Interessen ab, nicht nur diejenigen zwischen den beiden Prozeßparteien, und folgt in einer Gesamtbetrachtung aller Umstände der aequitas in einem weiteren Sinne.

3.2.3 Benignior interpretatio

Bekanntlich folgte Mark Aurel in einem komplizierten erbrechtlichen Fall einer benignior interpretatio: in re dubia benigniorem interpretationem sequi non minus iustius est quam tutius66. Worin bestand der Zweifel? Ein Erblasser hatte zwar die Namen der Erben ausgestrichen, nicht aber ihre Einsetzung als Legatare. Hatte der Erblasser mit der Tilgung der Erbeinsetzung, des caput et fundamentum testamenti, das gesamte Testament unwirksam machen wollen oder nur die ausgestrichenen Erbeinsetzungen? Im Interessengeflecht von kaiserlichem Fiskus (dem der kaduke Nachlaß anfiel), den Legataren, den freigelassenen Sklaven und den schützenswerten Interessen des Erblassers entscheidet der Kaiser zugunsten einer wohlwollenden Auslegung, die nur als gestrichen behandelt, was tatsächlich ausgestrichen worden war. Das entspricht auch dem mutmaßlichen Willen des Erblassers, weil er ohne weiteres die gesamte Urkunde hätte zerstören können, wenn sich sein Eliminierungswille auf alle Verfügungen bezogen hätte.

3.3 Schaffung neuer Klagemöglichkeiten

3.3.1 Klagenabtretung

Die Gesamtobligation entwickelt sich in Rom erst allmählich. Ein wesentlicher Schritt in dieser Entwicklung lag in der Möglichkeit des Gläubigers, einen der Mitschuldner auf das Ganze in Anspruch zu nehmen, wenn er dazu bereit war, dem in Anspruch Genommenen seine Klagen gegen die übrigen Mitschuldner abzutreten. Nach Marcellus D 19,2,47 ist es gerechter", dem Gläubiger diese Wahlmöglichkeit zu geben, als ihn allein auf die jeweils anteilige Klage gegen die solventen Mitschuldner zu verweisen67. Hier wird mit einer (freiwilligen) Klageabtretung das Dreiecksverhältnis zwischen Gläubiger und in Anspruch genommenem Schuldner und seinen Mitschuldnern in interessengerechter Weise aufgelöst.

3.3.2 Restitution einer Klage

Ebenfalls ein Dreipersonenverhältnis behandelt Julian: Veräußert ein Minderjähriger ein Grundstück an Titius, sodann dieser es an Seius und erreicht der Minderjährige eine restitutio in integrum, so wirkt diese nicht nur gegen Titius, sondern auch gegen Seius. Seius verfolgt nach D 21,2,39pr eine iusta res, wenn er die Wiederherstellung der Rechtsmängelhaftung des Titius verlangt68. In diesem Text wird die iusta res mit der aequitas (in einem weiteren Sinn) identifiziert.

3.3.3 Ausdehnung einer bestehenden Klage

Jemand überredet einen Sklaven zur Flucht, der dabei Sachen des Eigentümers mit sich fortnimmt. Der Anstifter haftet neben dem Ersatz für die Entwertung des Sklaven nach Paulus D 11,3,10 mit der actio servi corrupti auch auf das Doppelte des Sachwerts69. Die Einbeziehung der res amotae in die Korruptionsklage wurde häufig verdächtigt70, jedoch ohne überzeugenden Grund; denn Paulus bezieht alle Vermögensschäden in die Klage ein (D 11,3,14,6.7). Wenn der Sklaveneigentümer nach § 6 auch sein Haftungsinteresse wegen eines Diebstahls fremder Sachen geltend machen darf, muß das erst recht gelten, wenn der angestiftete Sklave die eigenen Sachen des Eigentümers mitnimmt.

Der Jurist verfolgt das Ziel, den bestohlenen Eigentümer umfassend zu privilegieren: Er braucht keine Klage - rei vindicatio oder unter Umständen auch die actio furti71 - gegen den Besitzer seiner Sachen zu erheben, was für ihn vor allem dann wichtig ist, wenn er deren Aufenthaltsort nicht kennt72. In aller Regel wird ihm der Anstifter des Sklaven dagegen eher bekannt sein. Auch den Untergang seiner Sachen braucht er nicht zu befürchten. Erneut haben wir es mit einer Klagenkonkurrenz und einem Dreipersonenverhältnis zwischen Eigentümer, Anstifter und Drittem zu tun. Paulus gelangt zu dem einzig interessengerechten Ergebnis, den Urheber des Delikts den gesamten Schaden tragen zu lassen, statt den Eigentümer auf eine umständliche und womöglich ergebnislose Suche nach den gestohlenen Sachen zu verweisen. Die Schwierigkeiten einer Klage gegen den Besitzer berücksichtigt er von vornherein im Rahmen der Korruptionsklage gegen den Anstifter, und zwar durch extensive Auslegung des quanti ea res erit der Klage.

3.3.4 Der wahre Preis oder Wert einer Sache

Die Suche nach dem gerechten" Preis ist ein juristisches Ewigkeitsproblem. Verkäufer und Käufer haben in dieser Frage naturgemäß entgegengesetzte Interessen, und die römischen Juristen sind sich darin einig, daß jede Vertragspartei ihren eigenen Vorteil suchen konnte, ohne einer etwaigen Aufklärungspflicht zu unterliegen, wenn nur keine Arglist im Spiel war73. Der Grammatiker Festus bringt dies im 2. Jhdt n Chr auf die Formel, dass langsames Köcheln (bei den Verhandlungen) schließlich zu einem gerechten" Preis führe74. In diesem Sinne eines privatautonom gefundenen Preises, der deshalb auch gerecht ist, wird iustum pretium von den römischen Juristen jedoch nicht benutzt. Für sie bedeutet iustum pretium in aller Regel einen Marktpreis, der von außen, vom Prätor, Provinzstatthalter, Richter oder Beamten, mit Hilfe einer aestimatio und gerade nicht von den Parteien selbst festgesetzt wird75.

a) In einigen Fällen haben wir es mit einem gerechten Ausgleich zwischen zwei Personen zu tun, also um die Waagerichtigkeit, aequitas im engeren Sinne. Gleichbedeutend kann in den Quellen hier auch von einem verum76 oder aequum pretium77 die Rede sein. Das gilt u a, wenn schon in der Severerzeit für die öffentliche Lebensmittelversorgung Preise festgelegt wurden78, oder wenn es zu einer richterlichen Schätzung kommt - entweder im Rahmen der Teilungsklage79 oder bei der rei vindicatio, falls es nicht zu einem Schätzungseid kommt, weil der Beklagte ohne Schuld oder nur fahrlässig nicht herausgabefähig war80. Iustum pretium kann in dieser Fallgruppe auch eine angemessene Vergütung sein, etwa für ein Notwegrecht81. Dreiecksverhältnisse liegen dagegen in den folgenden Fällen vor:

b) Hatte ein Erblasser einem Bedachten das Fideikommiß auferlegt, einen Sklaven (zu kaufen und anschließend) freizulassen, wollte ihn der Eigentümer aber nichtverkaufen oder nur zu einem evident überhöhten Preis, konnte das Freilassungsfideikommiß (zunächst) nicht erfüllt werden, denn der Prätor zwang den Eigentümer nicht zum Verkauf82. Stand aber sein Verkaufsentschluß fest und erschien der geforderte Preis auch nicht unmäßig, so konnte der Prätor ein iustum pretium für den Kauf festlegen, wenn der Preis dem Käufer schließlich doch als zu hoch erschien83. Bei Verschaffungsvermächtnissen dagegen war der Prätor oder Richter zur Festsetzung eines Schätzpreises augenscheinlich sogar dann befugt, wenn der Eigentümer die zu verschaffende Sache nicht zu verkaufen bereit war84. Wir haben es hier mit einem Eingriff in die Privatautonomie zu tun, offenbar weil neben den Interessen von Verkäufer und Käufer auch Drittinteressen - die des Erblassers und des Begünstigten - betroffen waren.

c) Der Freigelassene hat, wenn er ohne liberi stirbt, seinem Freilasser die Hälfte der Erbschaft als portio debita zu hinterlassen. Wegen arglistiger Veräußerungen seitens des Freigelassenen zum Nachteil des Freilassers hat dieser Klagen gegen (redliche) Dritte auf Herausgabe des Erlangten85. Hatte der Freigelassene die Sache in arglistiger Weise weit unter Wert verkauft, bestand ein Interesse des Käufers, sie zu behalten. Den Ausgleich zwischen seinem Bestandsinteresse und dem Interesse des Freilassers an einem ungeschmälerten Anfall seines Pflichtteils glich Ulpian dadurch aus, daß er dem Käufer die Wahl gab, das, was an einempretium iustum noch fehlte, hinzuzahlen oder den Kauf insgesamt rückgängig zu machen86. In diesem Dreiecksverhältnis ging es also nicht um einen Ausgleich zwischen den Vertragsparteien, sondern zwischen den Interessen des Käufers und eines aus seiner Sicht unbeteiligten Dritten. Die Privatautonomie mußte zurückstehen, wenn das Patronatserbrecht arglistig beeinträchtigt war.

 

4. Schluß

Ziel aller juristischen Arbeit ist die Gerechtigkeit. Das betont nicht nur programmatisch Ulpian, sondern auch Kaiser Justinian mit der prominenten Stellung, die er den Ulpiantexten in seiner Kodifikation zuweist. In ihren Entscheidungen waren die römischen Juristen mit der Anrufung der iustitia gleichwohl zurückhaltend. Das nimmt jedoch nicht wunder: Auch im geltenden Recht argumentiert man selten mit der Gerechtigkeit87. Das Argument ist in einer Rechtsordnung mit entwickelter zivilrechtlicher Dogmatik, wie sie die klassischen Juristen mit ihrem Fallrecht und wir Heutigen mit den modernen Kodifikationen erreicht haben, überflüssig. Zudem ist die Berufung auf die Gerechtigkeit häufig deshalb wenig überzeugend, weil die gerechte" Entscheidung meist diejenige ist, die dem eigenen Rechtsgefühl am ehesten entspricht. Das Rechtsgefühl aber ist nicht selten trügerisch. Dagegen gewährt die aus Fallrecht und jahrtausendelanger Tradition gewonnene zivilrechtliche Dogmatik die notwendige Orientierung. Gleichwohl ist eine Verdächtigung als nachklassisch weder für die iustitia noch für iustus in seinen verschiedenen Bedeutungen begründet.

Iustitia und iustus konnten eine spezifische Bedeutung annehmen, die sie von der einfachen aequitas unterscheidet. Bei allen Überschneidungen und in aller Vorsicht88 scheint es so zu sein, daß die einfache aequitas eher die Waagerichtigkeit im Zweipersonenverhältnis bezeichnet, während die iustitia eine Gesamtbetrachtung ermöglichenkannund damit eineAusbalancierung der Interessen allerbeteiligtenPersonen, und zwar auch über die womöglich waagerichtigen einzelnen Austauschverhältnisse hinaus. Die Gerechtigkeit für alle Beteiligten, jenseits ihrer konkreten Kläger- und Beklagtenrolle, bezeichnet Tryphonin in D 16,3,31,1 deshalb mit der iustitia oder eben auch mit der totius rei aequitas. Gleichsinnig spricht Ulpian in D 11,7,14,13 von solutius aequitatem sequi. In dieser Perspektive ist die iustitia der einfachen aequitas übergeordnet, wie es auch eine berühmte Allegorie der frühen Glossatorenzeit will: Die Göttin Iustitia thront, umgeben von ihren sechs Töchtern Religio, Pietas, Gratia, Vindicatio, Observantia und Veritas, in ihrem Tempel, die Aequitas, ihr Lieblingskind, im Arm haltend, gleich der Himmelskönigin mit sechs Engeln und dem Jesuskind89.

 

 

1 Th Kipp Aequitas", in RE 1/1 (Stuttgart, 1893) Sp 598-605, 598; G Schiemann Aequitas", in Der Neue Pauly I (Stuttgart, 1996) Sp 188; W Waldstein Entscheidungsgrundlagen der klassischen römischen Juristen", in ANRW II/15 (Berlin/New York, 1976) 3-100, 100; G Falcone Iuris praecepta, vera philosophia, iuris prudentia" (2007) 73 SDHI 353-387, 380ff
2 S allerdings G Donatuti
Iustus, iuste, iustitia nel linguaggio dei giuristi classici" (1921) 33 Annali della Facolta di Giurisprudenza di Perugia 375-437. Die Untersuchung aus der Hochzeit der Interpolationenjagd erklärt freilich zahlreiche Texte für überarbeitet und ist daher heute so gut wie wertlos.
3 Dazu H Lange
Die Wörter AEQUITAS und IUSTITIA auf römischen Münzen" (1932) 52 SZ 296314, 297, 299.
4 Lange (Fn 3) 299, 301. Ebd 310ff zu ihrer möglichen programmatischen Bedeutung.
5 Schiemann (Fn 1) Sp 188.
6 Verwiesen sei auf meine ausführlichere Untersuchung
Die römischen Juristen und die Gerechtigkeit", in O Höffe (Hrsg) Recht und Gerechtigkeit (Tübingen, 2014), in der sich reichere Belege finden.
7 Übrigens gilt derselbe Befund auch für die Rhetoren, bei Quintilian taucht iustitia nur zweimal auf. Ausgewertet wurden mit der Datenbank Romtext: die Digesten, Institutionen des Gaius, Pauli sententiae, fragmenta Vaticana und Ulpiani epitome.
8 Das Bild wandelt sich etwas zu Gunsten der iustitia in den hier nicht betrachteten Kaiserkonstitutionen: iustitia kommt dort 26, aequitas freilich noch 55 Mal vor.
9 Iustitia leitet sich von iustus, dieses von ius ab, vgl Thesaurus Linguae Latinae VII, Pars Altera, intestabilis-lyxipyretos (Leipzig, 1956-1979) Sp 713, 718.
10 So auch HG Heumann/E Seckel Heumanns Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts9 (Jena, 1914) s V iustitia und iustus.
11 S bereits M Voigt Die Lehre vom jus naturale, aequum et bonum und jus gentium der Römer I (Leipzig, 1856) 464; M Kaser Das Römische Privatrecht I2 (München, 1971) 194; D Nörr Rechtskritik in der römischen Antike (München, 1974) 121; PA Vander Waerdt
Philosophical Influence on Roman Jurisprudence?", in ANRW II. 36.7 (Berlin/New York, 1994) 4851-4900, 4894; Th Mayer-Maly Vom Rechtsbegriff der Römer" (1958/9) 9 Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht, 151-173, 155, 161, 166.
12 Die Echtheit seiner regulae ist umstritten; viel spricht jedoch für sie (F Wieacker Römische Rechtsgeschichte I (München, 1988) 510 in Fn 44; R Knütel
Zum Pflichtenkonflikt des Verwahrers", in J-F Gerkens u a (Hrsg) Mélanges Fritz Sturm I (Lüttich, 1999) 239-265, 250; anderer Ansicht aus stilistischen Gründen T Honoré Ulpian2 (New York, 2002) 111 (dagegen aber treffend L Winkel Die stoische oiκείως-Lehre und Ulpians Definition der Gerechtigkeit" (1988) 105 SZ 669-679, 670: der statistische Mittelwert der Wortfrequenz als neues Ideal).
13 Ich nenne hier neben der Studie in Fn 12 vor allem die Dissertation Error iuris nocet I (Zutphen 1985), passim und die Abhandlung
Le droit romain et la philosophie grecque, quelques problèmes de méthode" (1997) 65 TR 373-384.
14 Winkel (Fn 12) 678.
15 Dazu auch P Pinna Parpaglia Aequitas in libera republica (Milano, 1973) 288f.         [ Links ]
16 S einerseits H Wieling Sachenrecht I2 (Heidelberg, 2006) 553f;         [ Links ] andererseits Knütel (Fn 12) 260ff.
17 Streitig ist die vom Eigentümer angestellte Klage. Die einen plädieren wegen PS 2,12,8 und C 3,42,8 (293) zur Unterverwahrung und zum drittbegünstigenden pactum für die actio depositi utilis (O Behrends
Überlegungen zum Vertrag zugunsten Dritter im römischen Privatrecht", in Studi in onore di Cesare Sanfilippo V (Milano, 1984) 1-58, 50f), die anderen für die rei vindicatio (Knütel (Fn 12) 256f). Überzeugend ist allein die Vindikation: Der dritte Eigentümer hat hier keinerlei Verbindung zu dem Verwahrungsgeschäft, wie es die genannten Stellen voraussetzen. Daß Tryphonin die bona fides anführt, spricht nicht gegen die Vindikation, weil es ihm um die Auslegung des Verwahrungsvertrags geht.
18 Ulpian D 5,1,64pr.
19 ... si totius rei aequitatem, quae ex omnibus personis quae negotio isto continguntur impletur ...
20 Zur Echtheit des Fragments W Litewski
Die Personen des römischen Verwahrungsverhältnisses" (2000) 47 RIDA 235-349, 326ff; M Kaser Ius gentium (Köln u a, 1993) 125; Knütel (Fn 12) 250.
21 Marcellus/Ulpian D 16,3,1,39.
22 So Knütel (Fn 12) 254.
23 Vander Waerdt (Fn 11) 4892.
24 Zur hier zugrunde gelegten Lesart dieses Textteils Accursius, gl Ut non distrahatur; Knütel (Fn 12) 251f, 254.
25 G Rizzelli Lex Iulia de adulteriis (Lecce, 1997) 10.
26 Ulpian D 48,5,18,6.
27 Heumann/Seckel (Fn 10) s v religiosus 503.
28 Anders G v Beseler Beiträge zur Kritik der römischen Rechtsquellen III (Tübingen, 1913) 90;         [ Links ] Kaser I (Fn 11) 194 in Fn 1; Wieacker (Fn 12) 510 in Fn 44.
29 So für die Severerzeit P Garnsey
Adultery Trials and the Survival of the Quaestiones in the Severan Age" (1967) 57 The Journal of Roman Studies 56-60, 60.
30 Th Mommsen Römisches Strafrecht (Leipzig, 1899) 696; W Kunkel
quaestio 1)", in RE 24 (Stuttgart, 1963) Sp 720-786, 778f; zum iudex: W Kunkel Prinzipien des römischen Strafverfahrens" in ders. Kleine Schriften (Weimar, 1974) 11-31, 13.
31 Dazu ausführlich Finkenauer (Fn 6).
32 So J Cuiacius Opera omnia in decem tomos distributa IX (Neapel, 1758) Sp 1410 E.
33 Ulpian D 48,5,2,3; eod 14,9.10.
34 Ulpian D 48,5,14,7.
35 Papinian D 48,5,12,12.
36 Vgl die Darstellung bei M Kaser/K Hackl Das römische Zivilprozeßrecht2 (München, 1996) 421ff.         [ Links ]
37 ... si qua alia mihi iusta causa esse videbitur, in integrum restituam, quod eius per leges plebis scita senatus consulta edicta decreta principum licebit.
38 ... scilicet ut iustitiam earum causarum examinet...
39 S etwa Kaser I (Fn 11) 244 zu metus.
40 Dazu F Gallo
Diritto e giustizia nel titolo primo del digesto" (1988) 54 SDHI 1-36, 3.
41 ...interdum iniquitatem iniuriam dicimus, nam cum quis inique vel iniuste sententiam dixit, iniuriam ex eo dictam, quod iure et iustitia caret, quasi non iuriam .
42 Wieacker (Fn 12) 510 in Fn 44.
43 Donatuti (Fn 2) 382; B Biondi
Diritto e giustizia nel pensiero romano" (1958) 9 Jus 289-314, 289; A Burdese Sul concetto di giustizia nel diritto romano" (1970-1973) 14-17 Annali di Storia del diritto, 103-119, 106, 108.
44 U v Lübtow
De iustitia et iure" (1948) 66 SZ 458-565, 517.
45 S nur Heumann/Seckel (Fn 10) s v iustus, 302f. Ausführlich Finkenauer (Fn 6) mit zahlreichen Belegen.
46 Das gilt für Ehe und Familie, Sklaverei und Freilassung.
47 Hier sei nur an die iusta causa, den iustus titulus, aber auch iustus tutor oder iusta appellatio erinnert.
48 So etwa bei pacta, Testamenten, Schenkungen oder Leistungen.
49 Das wird von Beweggründen (Irrtum, Haß, Reue etc) oder auch der Abwesenheit gesagt.
50 So bei Aufwendungen, der Zeit oder einem Schätzwert; s auch noch sogleich 3.3.4.
51 So aber M Kaser
,Ius honorarium4 und ,ius civile'" (1984) 101 SZ, 101 in Fn 460.
52 Gai 3,158; dazu Th Finkenauer Vererblichkeit und Drittwirkungen der Stipulation im klassischen römischen Recht (Tübingen, 2010) 16ff, 316ff.         [ Links ]
53 Kaser I (Fn 11) 588f.
54 F Schulz
Nachklassische Quaestionen in den justinianischen Reformgesetzen des Codex Justinianus" (1930) 50 SZ 212-248, 238ff (nachklassische Debatte); anders H-H Seiler Der Tatbestand der negotiorum gestio im römischen Recht (Köln, 1968) 90ff unter Hinweis auf Ulpian D 3,         [ Links ]5,7,3 und Paulus D 17,1,40. Zu beachten ist, daß die historischen Nachrichten bei Justinian nicht immer richtig sind, vgl nur K-H Schindler Justinians Haltung zur Klassik (Köln, 1966) 53ff.
55 Ulpian D 3,5,7,3; Papinian D 3,5,30,4; Paulus D 17,1,40; Ulpian-Labeo D 11,7,14,1 - D 11,7,14,13 ist dafür in seinem ersten Teil bis funerariam deshalb beweiskräftig, weil Labeo dort die actio funeraria prohibente herede gewährt, in § 12 diese Klage aber für subsidiär gegenüber der Geschäftsführungsklage erklärt. Aus Paulus D 14,3,17,4 ergibt sich jedenfalls keine Gegenmeinung des Proculus, s Seiler (Fn 54) 90.
56 Zur Subsidiarität gegenüber der Erbteilungsklage D 11,7,14,12, zur Subsidiarität gegenüber dem Mandat § 15; zur Formel O Lenel Das Edictum perpetuum3 (Leipzig, 1927) 231. Die tatbestandliche Voraussetzung der aequitas hat FC v Savigny System des heutigen Römischen Rechts II (Berlin, 1840) 95f wegen D 11,7,12,2 geleugnet. Dieser Text behandelt aber nur die Rechtsschutzverheißung; entscheidend ist D 11,7,14,6 (... ex bono et aequo oritur ... aequum autem accipitur ...); richtig Lenel aaO 230.
57 L Friedländer/G Wissowa Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms II10 (Leipzig, 1922) 360-369; J Marquardt Das Privatleben der Römer I2 (Leipzig, 1886) 345.
58 Ulpian D 11,7,12,5; s auch Ulpian D 11,7,14,6.
59 Ulpian D 11,7,14,6: ... ultra modum sine ratio consumitur . si res egrediatur iustam sumptus rationem... .
60 D 11,7,14,7.13; Lenel Edictum (Fn 56) 230.
61 D 11,7,14,7.
62 Dazu FM Silla
Il rimborso delle spese funerarie in caso di prohibitio heredis Ulp 25 ad edictum D 11.7.14.13", in D Mantovani/A Schiavone (Hrsgg.) Testi e problemi del giusnaturalismo romano (Pavia, 2007) 645-674, 661ff.
63 Die Interpolationsvermutungen bei G v Beseler Beiträge zur Kritik der römischen Rechtsquellen I (Tübingen, 1910) 65 und Schindler (Fn 54) 128 entbehren einer Grundlage.
64 Kaser I (Fn 11) 523 mit Fn 9.
65 Ulpian D 11,7,12,4.
66 Marcellus D 28,4,3pr; D 50,17,192,1; dazu Th Finkenauer Die RechtsetzungMarkAurels zur Sklaverei (Stuttgart, 2010) 17ff.
67 Dazu Ph Schmieder Duo rei (Berlin, 2007) 192ff; A Steiner Die römischen Solidarobligationen (München, 2009) 264f; Th Finkenauer ,Duo rei - Neues von der Gesamtobligation?" (2013) 130 SZ, 164-202, 193f.
68 Zumeist wird die im Text gegebene stipulatio de evictione utilis als actio auctoritatis gelesen, s nur zuletzt R Brägger Actio auctoritatis (Berlin, 2012) 201ff.
69 Zum Doppelten Ulpian D 11,3,1pr. - Nicht haftet jedoch mit der actio servi corrupti der Dritte, wie B Bonfiglio Corruptio servi (Milano, 1998) 135 meint.
70 M Kaser Quanti ea res est (München, 1935) 184 in Fn 8; B Albanese
Actio servi corrupti" (1959) 27 AUPA 5-52, 88; Bonfiglio (Fn 69) 135. Ein Gegensatz zwischen Paulus und Ulpian (D 11,3,9,3) besteht entgegen Bonfiglio 129 in Wirklichkeit nicht: Ulpian referiert dort nur die ältere restriktive Auffassung des Neraz (nur Ersatz für den Sklaven), ohne sie zu teilen. Die Übereinstimmung mit Neraz in Ulpian D 11,3,11pr bezieht sich nur auf Diebstähle, die nach, nicht vor der Flucht geschehen. Ihnen fehlt in der Tat der Zusammenhang zur Sklavenkorrumpierung.
71 Ulpian D 47,2,48,1; C 6,2,14 (293).
72 Bas 60,6,10 Sch 1 (CWE Heimbach (Hrsg) Basilicorum libri LX, V (Leipzig, 1850) 386).
73 Paulus D 19,2,22,3; Ulpian-Pomponius D 4,4,16,4; Th Mayer-Maly
Privatautonomie und Vertragsethik im Digestenrecht" (1955) 6 Iura 128-138; A Wacke Circumscribere, gerechter Preis und die Arten der List" 94 (1977) SZ 184-246, 190f.
74 Sex Pompeius Festus De verborum significatu quae supersunt (Leipzig, 1913) § 35.15 (coctiones).
75 DR Göttlicher Auf der Suche nach dem gerechten Preis (Göttingen, 2004) 102. Zu textkritisch E Genzmer
Die antiken Grundlagen der Lehre vom gerechten Preis und der laesio enormis", in Deutsche Landesreferate zum II. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung im Haag (Berlin, 1937) 25-64, 45.
76 Ulpian D 30,49,8.
77 Gaius D 30,66.
78 Ulpian D 1,12,1,11. Zum Ganzen auch Genzmer (Fn 75) 31ff.
79 Paulus D 10,3,10,2.
80 Ulpian D 6,1,70 in Verbindung mit 68; s auch Paulus D 24,1,36pr.
81 Ulpian D 11,7,12pr.
82 Dazu auch UE 2,11.
83 Paulus D 40,5,31,4. Zu der Konstellation R Knütel
Rechtsfragen zu den Freilassungsfideikommissen", in Th Finkenauer (Hrsg) Sklaverei und Freilassung im römischen Recht (Heidelberg, 2006) 131-151, 148. S auch Ulpian D 40,5,30,6 mit Knütel 139ff.
84 Ulpian D 30,71,13 (aestimatio officio iudicis); Labeo D 32,30,6; Gaius D 32,14,2 (iusta aestimatio).
85 Kaser I (Fn 11) 798f; Göttlicher (Fn 75) 105, 109 (actio Fabiana und Calvisiana).
86 Ulpian D 38,5,1,12; dazu Göttlicher (Fn 75) 103ff.
87 In insgesamt über 32000 Entscheidungen des BGH in Zivilsachen zwischen 2000 und 2013 weist
juris Das Rechtsportal" die Gerechtigkeit" in der Argumentation nur 170 Mal aus, also in etwa 0,5% der Fälle, wobei in nur 18 Fällen die Gerechtigkeit direkt angerufen wird, Recht und Gerechtigkeit" sieben Mal, in allen übrigen Fällen taucht der Begriff nur als Wortverbindung mit Gerechtigkeitsanforderung, -erwägung, -gebot, -gewinn, -empfinden, -vorstellung etc auf.
88 Um diesen Befund abzusichern, bedürfte es einer systematischen Untersuchung des Gebrauchs von aequitas und aequus.
89 So die Quaestiones de iuris subtilitatibus; dazu H Lange Römisches Recht im Mittelalter I (München, 1997) 408ff.         [ Links ]

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