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Acta Theologica

On-line version ISSN 2309-9089
Print version ISSN 1015-8758

Acta theol. vol.41  suppl.31 Bloemfontein  2021

http://dx.doi.org/10.18820/23099089/actat.sup31.9 

ARTICLES

 

Eine betrachtung der dargestellten lehrmethoden jesu im matthäusevangelium aus der perspektive der methoden der erlebnispädagogik / A consideration of the teaching methods presented by Jesus in the Gospel of Matthew from the perspective of the methods of experience pedagogy

 

 

M. Hagel

Mr. M. Hagel, Seminar für biblische Theologie (sbt) Beatenberg, Switzerland. Email: Matt-Ha@web.de; ORCID: https://orcid.org/0000-0001-8993-9994

 

 


ABSTRACT

The Gospel of Matthew is a narrative in its literary form. Jesus, the meaning of his life, and his divine mission constitute the central message of the Gospel of Matthew. The narrative exegesis of Matthew is especially suited to the analysis and literary characterisation of the teaching methods of Jesus. Essential passages of the Gospel of Matthew which reveal the teaching methods of Jesus and learning process of the disciples are first identified, then narrowed down, and finally analysed in their narrative. The results of Jesus' teaching methods are subsequently compared with contemporary experiential education. The presentation and characteristic of the teaching methods of Jesus are compiled in this manner in order to discover any non-obvious presentations of Jesus' teaching methods.

Keywords: Gospel of Matthew, Experiential education, Methods of teaching, Narrative exegesis


Trefwoorde: Evangelie van Matteus, Ervaringsleer, Metodes van onderrig, Narratiewe eksegese


 

 

1. EINLEITUNG

In diesem Artikel werden Ergebnisse aus der Betrachtung einzelner Matthäus (Mt)-Perikopen mit der Perspektive der Erlebnispädagogik präsentiert, um so Erkenntnisse zur Lehrmethodik Jesu aufzuzeigen.1

Diese Thematik stellt sich dem Spannungsfeld der Interdisziplinarität von Theorie und Praxis und gibt einen Einblick in die Darstellung und Charakteristik der Lehrmethoden Jesu, um auf diese Weise mögliche, nicht-offensichtliche Bedeutungen der Darstellung von Jesu Lehrtätigkeit und seinen Methoden zu entfalten. Gleichzeitig leisten die Resultate dieses Artikels einen Beitrag zum Thema Integration von Theorie und Praxis" der GBFE-Conference 2020 in Wiedenest.

Durch die Interdisziplinarität eröffnen sich neue Möglichkeiten der Forschung und gleichzeitig offenbart sie Herausforderungen. Wie können mit einem modernen, praktischen Lehransatz die damaligen Lehrmethoden Jesu dargestellt und mögliche Bedeutungen dieser aufgezeigt werden?

Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, werden in der Gesamtstudie die Lehrmethoden Jesu, wie sie im Matthäusevangelium (MtEv) dargestellt werden, zu Beginn mit der narrativen Exegese untersucht, um die Lehrmethoden zu analysieren und literarisch zu charakterisieren.2Dazu werden zentrale Texte aus dem MtEv, in denen die Lehrmethoden Jesu und der Lernprozess der Jünger deutlich werden, zunächst identifiziert, eingegrenzt und narrativ analysiert. Mit diesen Ergebnissen werden in einem weiteren Schritt die dargestellten Lehrmethoden Jesu mit erlebnispädagogischen Methoden verglichen. Die Methoden der Erlebnispädagogik dienen dabei als Vergleichsgröße bzw. als Lesebrille".

1.1 Hinweise zur Vorgehensweise der Gesamtstudie

Die Evangelien präsentieren Jesus und seine Jünger jeweils in einem bestimmten Licht und gehen dabei unterschiedlich vor. Sie berichten von verschiedenen Begebenheiten, wo Jesus seine Jünger schult und lehrt, darüber hinaus von gemeinsamen Erlebnissen bzw. Begegnungen und Interaktionen, die den Jüngern eine Hilfe gewesen sind die Sendung Jesu sowie ihre Berufung zu verstehen (vgl. z.B.: Mt 10,1.5; 13,1-53; Mk 1,16-39; 9,30-32; Lk 24,46-49; etc.). Durch diesen Lern- und Lehrprozess konnten die Jünger nach Jesu Tod und Auferstehung sowie durch die Erfüllung mit dem Heiligen Geist zu wirkungsvollen Zeugen werden.

Somit wird im Evangelium nebst der Darstellung vom Leben Jesu, die Berufung und Förderung der Jünger deutlich. Zur Berufung und Aussendung der Jünger verwendet Jesus verschiedene Lehrmethoden.

Nach Carson & Moo (2020:193-194) schildert Matthäus die Jünger grundsätzlich so, dass sie zwar immer wieder versagen, aber Jesu Handeln verstehen. Die Jünger haben nicht immer den Glauben, den Jesus fordert, dennoch verstehen sie, was Jesus sagt und wer er ist und lassen sich von Jesus aussenden. Bei den Jüngern ist oftmals ein Verständnis im Nachhinein zu erkennen (z.B. Mt 13,36.51; 14,33; 26,31-35) was aber an einem Mangel an Glauben, nicht in einem Mangel an Verständnis oder Erkenntnis" (Carson & Moo 2020:193-194) liegt. Die Jünger erkennen durchaus, dass Jesus der Messias ist (vgl. Mt 16,16.20), aber sie missverstehen immer wieder, auf welche Art Jesus als Messias gekommen ist (Carson & Moo 2020:195), was sich vor allem in den Passionsereignissen (Mt 26-27) und dem Sendungsbefehl in Mt 28 widerspiegelt.

Im Vergleich zu den anderen Evangelien legt Matthäus einen stärkeren Fokus auf die Jünger (Collinson 2007:46). Die Darstellungen im MtEv geben zumeist die Interaktionen Jesu und seiner Jünger ausführlicher wieder, auch die Reaktionen der Jünger werden im MtEv deutlicher erkennbar (Schnackenburg 1993:90).

Das MtEv wird als Grundlage der Gesamtstudie gewählt, da in diesem Evangelium Jesus stärker als Lehrer charakterisiert wird als in den anderen Evangelien (z.B. Mt 23,10; Söding 2016:93-94)3, die Jünger als Lernende" dargestellt werden und der Inhalt der Lehre Jesu umfangreicher geschildert wird (Kingsbury 1986:43,79; Söding 2016:93-94).

Daher werden zur Betrachtung der Darstellung der Lehrmethoden Jesu in der Gesamtstudie einzelne Perikopen aus dem MtEv gewählt. Die ausgewählten Perikopen sind Mt 4,18-22 (Die Berufung der ersten Jünger); Mt 10,1-15 (Die Aussendung der zwölf Jünger); Mt 13,1-3,1017,33-35 (Jesu Gleichnisreden und der Sinn der Gleichnisse); Mt 14,13-21 (Die Speisung der 5000); Mt 14,22-33 (Der sinkende Petrus"); Mt 17,1013 (Die Frage der Jünger nach dem Kommen des Elias) sowie Mt 28,1620 (Der Missionsbefehl). Des Weiteren werden die Passionsereignisse (Mt 26,1-27.66) in einem deskriptiven Verfahren im Überblick betrachtet.

Die Auswahl der Stellen ist repräsentativ, da diese einen Einblick in die Vorbereitung der Jünger durch Jesus ermöglichen und sowohl den engeren Jüngerkreis als auch die gesamten Jünger in unterschiedlichen Begebenheiten berücksichtigt sowie Begebenheiten aufgreift, die sowohl vor als auch nach der Auferstehung Jesu stattfinden. Ebenfalls wird mit der vorgenommenen Auswahl der Schwerpunkt auf die Schulung der Jünger gelegt, die das teilweise Nichtbegreifen und Versagen der Jünger mit einschließt.

Im Folgenden wird im Vorfeld ein kurzer Überblick über die konsultierten Werke in der Gesamtstudie gegeben, um aufzuzeigen, welche Hilfestellungen und gewonnenen Erkenntnisse für die Betrachtung der Lehrmethoden Jesu erzielt werden konnten.

1.1.1 Überblick über die konsultierten Werke

Das Leben Jesu ist in mehreren Werken, Kommentaren und Studien ausführlich untersucht worden. In den meisten Beiträgen geht es dabei um die Lehrinhalte Jesu, die Bedeutung der Lehrformen der Gleichnisse und Wunder, die Schwerpunkte der einzelnen Evangelisten und die Charakterisierung der Jünger.4

Besonders erwähnt sei an dieser Stelle Jeannine K. Brown (2003) mit ihrem Werk The Disciples in Narrative Perspective: The Portrayal and Function of the Matthean Disciples, in dem sie die Charakterisierung der Jünger im MtEv in mehreren Perikopen analysiert (:59-93). Dabei verwendet Brown eine Methode, die es erlaubt, sowohl das Verhalten der Jünger als auch Jesu Verhalten wahrzunehmen. Obwohl der Schwerpunkt in der Darstellung der Jünger im MtEv liegt, liefert Brown indirekt auch Ergebnisse zur Darstellung der Lehrmethoden Jesu für die Gesamtstudie (Mt 17,10-13).

Jesus als Lehrer wird in zahlreichen Werken ausführlich behandelt, wobei die Vorgehensweise Jesu als Lehrer und seine Methoden kaum Berücksichtigung finden, und eine Charakterisierung der Lehrmethoden Jesu unter den narrativen Aspekten fehlt. Daher sind weitere Werke hinzugezogen worden, um Aspekte der Lehrmethodik Jesu herauszufinden.5

1.1.2 Überblick über die Ergebnisse der konsultierten Werke

Die untersuchten Werke zeigen auf, dass Jesus die Jünger gezielt in die Nachfolge ruft und sie als Jünger ausbildet. Er bezieht sie in seine Handlungen mit ein und gibt ihnen selbst Möglichkeiten, praktische Erfahrungen zu sammeln. Jesu Lehre und Wirken lassen sich als vorbildlich, mit voller Autorität und Weisheit, beschreiben. Er wählt Menschen aus, die nach seiner Auferstehung sein Werk fortführen sollen. Jesus ist nicht nur ein Lehrer seiner damaligen Zeit, sondern der Lehrer" (Byrskog 1994:207; vgl. Mt 23,8.10). Zuck (2002:17) hält fest, dass Jesus der Meisterlehrer und der größte Lehrer aller Zeiten ist. Durch seine Vollmacht, göttliche Autorität und Weisheit sticht er nicht nur hervor, sondern verursacht auch Ärgernis und Ablehnung. Wie Jesus als Lehrer vorgegangen ist und dass wir heute noch von ihm als Lehrer lernen können, ist eine Herausforderung, der sich gestellt werden muss (Zuck 2002:13,15,19).

Die Ergebnisse der konsultierten Werke bieten eine Hilfe zur Analyse der matthäischen Präsentation Jesu sowie eine Einführung zur Untersuchung von Jesu Lehrmethoden, wobei sie keine umfassenden Studien zur Forschungsfrage (wie stellt das MtEv die Lehrmethoden Jesu dar und welche Erkenntnisse können daraus mit der Perspektive der Erlebnispädagogik gewonnen werden) bieten, sondern nur wertvolle Einblicke ermöglichen.

1.2 Methodische Vorgehensweise

In der interdisziplinären Gesamtstudie werden mit Hilfe der narrativen Exegese einzelne Perikopen im MtEv über die verschiedenen Lehrmethoden" Jesu untersucht und diese Ergebnisse der Exegese mit Einsichten der Erlebnispädagogik ins Gespräch gebracht. Die Methoden der Erlebnispädagogik dienen dabei einerseits als ein Instrumentarium und anderseits als ein anschließender Vergleich, um gegebenenfalls Neues über die Darstellungsweise von Matthäus zu entdecken.

Ziel der Gesamtstudie ist es herauszufinden, wie Matthäus über die Lehrmethoden und Vorgehensweisen Jesu berichtet, die vordergründig bei seinen Jüngern Anwendung finden. Dabei wird auf sowohl die Interaktionen, die das Lehrverhalten und die Methoden Jesu wiedergeben, als auch auf die Reaktionen und Lernerfahrungen fokussiert.

Methodisch unterteilt sich die Arbeit in zwei Teile. Im ersten Teil werden die Begegnungen zwischen Jesus und seinen Jüngern im MtEv, in denen die Lehrmethoden Jesu deutlich werden, narrativ erforscht. Dabei wird untersucht, welches Bild vom Vorgehen Jesu entsteht und welche Methoden Jesus anwendet, die den Lehr- und Lernprozess beinhalten.

Im Anschluss erfolgt im zweiten Teil ein analysierender Vergleich zwischen den Methoden der Erlebnispädagogik und der Darstellung im MtEv, um sowohl verborgene Details, Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede beziehungsweise Absichten herauszuarbeiten, oder keine nennenswerten Erkenntnisse bezüglich der matthäischen Präsentation über Jesu Lehrmethode oder Lehrverhalten zu dokumentieren.

Mit dieser Vorgehensweise sollen eventuell verborgene, neue Ergebnisse über die Schulung der Jünger bzw. über die Darstellungsweise von Jesus als Lehrer entdeckt werden. Weitere Fragen, die sich dadurch ergeben, sind:

Welche Vorgehensweisen und Lehrmethoden Jesu lassen sich in der Darstellungsweise bei Matthäus entdecken?

Wie präsentiert Matthäus die Reaktionen auf Jesu Lehre und Wirken?

Welche Aspekte der Lehrmethoden Jesu im MtEv lassen sich durch den Vergleich mit der Erlebnispädagogik entdecken?

Eine Abgrenzung besteht darin, dass weder eine allgemeine Darstellung der Person Jesu als Lehrer noch eine umfassende Betrachtung der Interaktionen Jesu mit seinen Jüngern vorgenommen wird. Stattdessen werden ausgewählte Texte auf die in ihnen erkennbaren Vorgehensweisen und Methoden Jesu untersucht.

Die Frage nach der Darstellung der Vorgehensweise und der Methoden Jesu als Lehrer erfordert eine Auswahl der Quellen. Eine Möglichkeit diese Fragen zu beantworten, und gleichzeitig ein breites Spektrum zu ermöglichen, sich aber dennoch nicht in der Vielzahl der Quellen zu verlieren, bietet die Beschränkung der Untersuchung auf Begebenheiten, in denen Jesus unterschiedlich agiert und seine Jünger herausfordert, lehrt, begleitet und für die Zeit nach seiner Auferstehung vorbereitet.

Darüber hinaus werden Stellen, in denen Jesus den inneren Kreis der Jünger beiseite nimmt, und in denen die Jünger den Sendungsbefehl erhalten, betrachtet. Die Auswahl ermöglicht einen Einblick in die Sendungsvorbereitung der Jünger durch Jesus und greift die Erkenntnis, Reaktion und Handlung der Jünger auf. Darüber hinaus werden in der Auswahl die verschiedenen Handlungen Jesu einbezogen (Lehre/Rede, Wunder, Gleichnis, Aktionen) und sein Wirken vor und nach Ostern bedacht.

Im vorliegenden Artikel werden exemplarisch Begebenheiten im MtEv dargelegt. Diese sind die Speisung der 5000 (Mt 14,13-21), der sinkende Petrus (Mt 14,22-33), und eine summarische Darstellung der Passionsereignisse und des Missionsbefehl (Mt 28,16-20). Diese Perikopen werden in einem deskriptiven Stil mit den Methoden der Erlebnispädagogik ins Gespräch gebracht.

Um zu verstehen, was Erlebnispädagogik ist, wie und mit welchen methodischen Prinzipien sie arbeitet und welche Ziele sie verfolgt, werden diese im nächsten Abschnitt kurz skizziert, bevor ein kurzer Einblick in die Ergebnisse der Forschung erfolgt.

 

2. DEFINITION UND ZIELE DER ERLEBNISPÄDAGOGIK

Erlebnispädagogik bzw. erlebnispädagogische Programme und Methoden haben sich in vielen Ländern etabliert und sind seit mehreren Jahrzenten weit verbreitet.

Die Erlebnispädagogik hat nach Paffrath (2017:20) in der Freizeit, Erziehung, Aus- und Weiterbildung sowie in der sozialen Arbeit Eingang gefunden. Die aktuelle Popularität und Kommerzialisierung der Erlebnispädagogik hat allerdings zur Folge, dass diese oft als Spaßpädagogik" oder methodisches Zaubermittel" (:11) deklariert wird, was sie bei Weitem nicht ist. Die Erlebnispädagogik hat sich in der Bildungslandschaft etabliert (:14).

Die Schwierigkeit besteht darin, dass es keine offizielle Definition der Erlebnispädagogik gibt, obwohl seit langem danach gesucht wird. Hierbei kann die Definition nach Paffrath (2017:21) als Verständigungsgrundlage dienen, ohne ihr dabei eine absolute Bedeutung beizumessen:

Erlebnispädagogik ist ein handlungsorientiertes Erziehungs- und Bildungskonzept. Physisch, psychisch und sozial herausfordernde, nicht alltägliche, erlebnisintensive Aktivitäten dienen als Medium zur Förderung ganzheitlicher Lern- und Entwicklungsprozesse. Ziel ist es, Menschen in ihrer Persönlichkeitsentfaltung zu unterstützen und zur verantwortlichen Mitwirkung in der Gesellschaft zu ermutigen.

Wird die Zielsetzung der Erlebnispädagogik vom Begriff her reflektiert, ergibt sich das Ziel, dass die Erlebnispädagogik primär mit einem Erlebnis" zu erziehen/zu fördern beabsichtigt. Diese Zielformulierung ist aber zu einfach. Baig-Schneider (2012:10) betont, dass sowohl die Methoden als auch der pädagogische Ansatz der Erlebnispädagogik als Gegenmodell zum verkopften Lernen" und zu erstarrten Lernstrukturen" (Baig-Schneider 2012:10) zu verstehen seien. Die Erlebnispädagogik hat somit unter anderem das Ziel, die Persönlichkeit, das Handeln sowie das eigene Verhalten und das der Gruppe bewusst durch erworbene Erfahrungen (neu) wahrzunehmen. Sie fordert des Weiteren zu eigenständigen Erkenntnissen heraus und führt zu Horizonterweiterungen. Im Idealfall hilft sie durch die Erlebnisse und die Reflexionen zur Entwicklung der Persönlichkeit (Michl 2020:12-13).

Die Erlebnispädagogik arbeitet ganzheitlich und hat verschiedene Vorgehensweisen, um die obengenannten Ziele zu erreichen. Der Grundgedanke des ganzheitlichen Ansatzes der Erlebnispädagogik findet sich in der Elementarmethode wieder, die sich dadurch auszeichnet, dass keine reine Wissensvermittlung stattfindet, sondern Kopf", Herz" und Hand" gebildet werden, in der sowohl kognitive und affektive als auch künstlerisch-kreative Tätigkeiten als Didaktik verwendet werden (Baig-Schneider 2012:59; Fischer & Ziegenspeck 2008:132-35).

Nach Michl (2020:10) ist die Erlebnispädagogik handlungs- und erlebnisorientiert aufgestellt und gilt aufgrund ihrer Vielseitigkeit als eigenständiges Teilgebiet der Pädagogik, das sich als methodisches Prinzip bewährt hat und akzeptiert wird (:8; Heckmaier & Michl 2018:115; Paffrath 2017:22). Die Erlebnispädagogik ist somit eine wirksame Methode, die von unterschiedlichen Ansätzen und Lernformen gekennzeichnet ist. Sie ist ebenfalls ein wertvolles pädagogisches Konzept, das einen ganzheitlichen Ansatz zur Persönlichkeitsentwicklung vertritt und Menschen prägen möchte. Dabei sind die Bereiche Ereignis, Erlebnis, Erfahrung und Erkenntnis wesentlich (Michl 2020:9-11).

Kurzum, die Erlebnispädagogik ist eine erzieherische Alternative, die sich sowohl an kulturellen Bedürfnissen als auch an sozialen Zuständen in den Alltags-, Berufs-, und Bildungsgewohnheiten orientiert. Die Erlebnispädagogik lässt sich dadurch bestimmen, dass sie das Lernen durch Erlebnisse unterstützt, statt direkt zu beeinflussen; sie bietet einen eigenen Weg an, um zu lernen, welches stets freiwillig und individuell erfolgt. Die Erlebnisse können in der Erlebnispädagogik allerdings nicht automatisch erzeugt oder gesteuert werden, sondern es werden Rahmenbedingungen (Settings) geschaffen, in denen die Ereignisse zu Erlebnissen werden, die wiederum zu Erfahrungen werden und Erkenntnisse schaffen (Paffrath 2017:52-54). Dazu dienen zum einen die Handlungen selber als auch verschiedene Reflexionsmöglichkeiten, die die Ereignisse reflektieren und den Transfer ermöglichen. Zu diesen Reflexionsmöglichkeiten gehört u.a. das metaphorische Handlungslernen, indem die durchführende Person des Ereignisses die Teilnehmer gezielt auf Schwerpunkte/Zielsetzungen hinweist oder das kommentierte Reflektieren, indem die Teilnehmer durch gezielte Denkanstöße zur Selbstreflexion und Transfermöglichkeiten gelenkt werden. Zur Reflexion und dem Transfer kann auch die Reflexionsform The mountains speak for themselves" benutzt werden, indem das Ereignis für sich stehen und wirken gelassen wird (Paffrath 2017:94-95). Erlebnispädagogik zeichnet sich somit dadurch aus, wenn nachhaltig versucht wird, die Erlebnisse durch Reflexion und Transfer pädagogisch nutzbar zu machen" (Michl 2020:13).

Die Vorgehensweise in einem Setting der Erlebnispädagogik lässt sich durch die sogenannte E-Kette" darstellen, die auch als Zyklus zu verstehen ist:

 

 

Die ersten vier Elemente der E-Kette bilden die vereinfachten Kernelemente der Erlebnispädagogik. Dieses Modell wurde von Abstreiter & Zwerger (2017) um Erproben" und Entwickeln" erweitert.6 Es geht in dieser Erweiterung um die Möglichkeit, das Gelernte aus der E-Kette in der alltäglichen Praxis zu erproben, was dann zur Entwicklung beiträgt. Dies wird durch ein Scheitern oder aber einen Erfolg herbeigeführt. Die E-Kette ist komplex und lässt sich stetig weiterentwickeln (Michl 2020:11).

Das grundsätzliche Ziel in der Erlebnispädagogik ist es somit, den Einzelnen zum Lernen und zu ganzheitlichen Erkenntnissen zu verhelfen. Deutlich hervorzuheben ist, dass die Erlebnispädagogik mit ihren Aktionen die Erlebnisse/Erkenntnisse nicht steuern kann. Es können nur Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen eine oder mehrere Aktionen/Handlungen zu einem Erlebnis werden und durch diese Erfahrungen zur Erkenntnis beisteuern. Ob dies gelingt, liegt beim Teilnehmer (Eisinger 2016:17). Es ist somit immer auch ein stückweit ein Learning by doing" (Baig-Schneider 2012:18). Die Erlebnispädagogik ist somit eine wirksame Methode, die von unterschiedlichen Ansätzen und Lernformen gekennzeichnet ist und Möglichkeiten zum Lernen anbieten möchte.

Zusammenfassend ist die Erlebnispädagogik daher wie folgt zu definieren: Die Erlebnispädagogik ist ein ganzheitliches, handlungs-orientiertes Bildungskonzept, welches auf historischen Wurzeln fußt und mit verschiedenen methodischen Prinzipien und Reflexionsmöglichkeiten Menschen durch Erlebnisse und Erfahrungen zur Erweiterung eines Lern- und Erkenntnishorizonts (Transfer) verhelfen möchte, so dass diese zur verantwortungsvollen Gestaltung ihres Umfeldes ermutigt und befähigt werden.

Nachfolgend nun die Betrachtung einzelner Mt-Perikopen, in der die Methoden der Erlebnispädagogik als Vergleichsgegenstand zur Betrachtung der Ergebnisse der narrativen Exegese verwendet werden. Dabei wird die E-Kette" überwiegend mit den vier ersten Elementen berücksichtigt.

 

3. SYNOPSE: JESU LEHRMETHODEN UND ERLEBNISPÄDAGOGIK

Im weiteren Verlauf werden drei Perikopen sowie die Passionsereignisse summarisch dargestellt, in denen die Lehrmethodik Jesu besonders deutlich wird. Die einzelnen Perikopen wurden im Vorfeld separat mit der narrativen Exegese7 ausführlich betrachtet und anschließend mit den Methoden der Erlebnispädagogik ins Gespräch gebracht. Im Folgenden sollen die Ergebnisse des Vergleichs der Lehrmethoden Jesu den Methoden der Erlebnispädagogik gegenübergestellt werden, da hier die narrative Untersuchung leider nicht vorgenommen werden kann.

Für den Vergleich der Ergebnisse aus den Mt-Perikopen und der Ergebnisse mit der Erlebnispädagogik wird letztere als Leserbrille" angewendet, um die Darstellung der Lehrmethodik Jesu neu zu verstehen, bzw. um zu prüfen, welche Entdeckungen sowohl über die Lehrmethodik Jesu als auch über die Lernerfolge" bei den Jüngern möglich sind.

Darüber hinaus dient die Leserbrille" der Erlebnispädagogik dazu, die Ergebnisse der narrativen Analyse genauer zu reflektieren. Des Weiteren ermöglicht der Vergleich, eine Kategorisierung vorzunehmen, in der die Merkmale der Lehrmethodik Jesu zusammengefasst werden, um daraus mögliche Rückschlüsse zu ziehen, bzw. zu erhalten. Diese Erkenntnisse werden im Abschnitt 3.2 festgehalten.

3.1 Fallbeispiele und Analyse8

3.1.1 Die Speisung der 5000 (Mt 14,13-21)

Die Speisung der 5000 ist für die Jünger ein ganzheitliches Lernen. Die Jünger erleben mit, wie Jesus die Kranken heilt, obwohl er sich eigentlich zurückziehen will. Es wird Abend und die Jünger treten mit der Bitte zu Jesus, die Volksmenge rechtzeitig zu entlassen, damit diese sich noch eine Mahlzeit kaufen kann (14,15). Jesus geht indirekt auf ihre Bitte ein und fordert die Jünger auf, selber dem Volk Nahrung zu geben. Jesus fordert damit den Kopf der Jünger und macht ihr Anliegen zu ihrem Problem" (= Herz). Er stellt die Jünger vor eine Herausforderung, die sie lösen sollen. Man könnte diese Aufgabe als eine Problem-Löse-Aufgabe definieren, die in der Erlebnispädagogik oft verwendet wird. Die Jünger erkennen, dass es ihre Aufgabe ist, sich um Nahrung zu kümmern und bringen die vorhandene Nahrung zu Jesus, obwohl sie in ihren Augen nicht für die Anzahl der Menschen ausreichen wird. Jesus dankt seinem Vater für diese Speise und gibt sie den Jüngern zum Verteilen unter dem Volk zurück. Die Jünger verteilen die wenige Speise und erleben das Vermehrungswunder mit. Sie sind Teil des Wunders von Jesus. Die Jünger sind Handelnde und machen ein Erlebnis. Die wundersame Vermehrung geschieht in ihren Händen (Hand).

Jesu Einbinden der Jünger in das Wunder ermöglicht ihnen ein Lernen durch ein, bzw. mehrere Erlebnisse (E-Kette"). Das Ereignis (die Volksmenge ist hungrig, die Aufgabe der Jünger ist es, diesen Hunger zu stillen) wird zum Erlebnis (die Speise vermehrt sich; alle werden satt), das zur besonderen Erfahrung der Jünger wird. Die Teile der E-Kette" von Erkenntnis, Erproben und Entwicklung werden in dem Geschehen der Speisung nicht explizit erwähnt. Indem die Jünger die Brotkrumen aufsammeln (14,20) erfahren sie erneut, dass Jesus sie versorgt und über die Maßen beschenkt.

Aus Mt 16:8-10 wird ersichtlich, dass die Jünger das Speisungswunder zwar erlebt haben und es in ihnen nachwirkt, sie daraus aber keine bleibenden Erkenntnisse gewinnen konnten, bzw. dass Jesus sie nochmals daran erinnern muss, dass er sie versorgen wird. Somit wird indirekt eine Erkenntnis und die Entwicklung erkennbar.

Eine Zielformulierung wird ebenfalls nur indirekt sichtbar. Jesus gibt den Jüngern den Auftrag, beziehungsweise die Verantwortung, das Volk zu versorgen. Das eigentliche Ziel, Jesus zu vertrauen und sich von ihm versorgen zu lassen, wird nicht formuliert, sondern lässt sich nur indirekt und gleichermaßen mit dem Rückgriff auf Mt 16,7-12 erkennen.

Die Reflexion und der Transfer dieses Ereignisses finden nicht statt. Die Lernerfahrung der Jünger (sie brauchen sich nicht zu sorgen, da Jesus versorgt) wird ihnen nicht durch den Transfer ermöglicht, da das Geschehen nicht reflektiert wird. Man könnte in dieser Situation die Reflexion The mountains speak for themselves erkennen, da Jesus die Situation nicht reflektiert und sie für sich allein stehen lässt. Dies wird auch durch das Übrigbleiben der zwölf Körbe voll Brocken ersichtlich. Gleichzeitig ist die eindrückliche Handlung Jesu zur Vermehrung und Verteilung der Speise (14,19; er nahm, blickte auf, dankte, brach und gab) eine Situation der Lehrmethodik, die, ohne zu reflektieren, stehengelassen wird. Sie wird zur pädagogischen Anschauungslektion für die Jünger. Somit dient die Situation von sich aus zur Erkenntnis und Lernerfahrung, zu der die Jünger gelangen können ohne dass sie eine angeleitete Reflexion und den nötigen Transfer zur Anwendung im Alltag von Jesus erhalten.

Jesus benutzt zum Lehren der Jünger verschiedene Methoden bzw. es lassen sich verschiedene Merkmale ausmachen, die zum Lernen führen: Die Jünger erhalten einen konkreten Auftrag zur Umsetzung, welche eine Herausforderung ist (sie haben nur wenig und können damit die Menge nicht ernähren). Sie befinden sich in einer Situation, die Jesus zu einem geschaffenen Setting macht. Die Jünger müssen sich als Gruppe selbst steuern und organisieren, um die Aufgabe zu lösen. Diese Situation zeichnet sich durch ein Erfahrungslernen und eine Problem-Löse-Aufgabenstellung aus, durch die die Jünger lernen können: Für andere Verantwortung zu übernehmen und sich selbst von Jesus geben zu lassen, was gebraucht wird. Des Weiteren ist eine Zielgruppe, das aktive Handeln der Jünger und die Grenzerfahrung, dass sie aus sich heraus nicht viel bewirken können, erkennbar. Gleichzeitig dient das Stehenlassen" der Situation zur Reflexion und zum Lernen.

3.1.2 Der sinkende Petrus" (Mt 14,22-33)

Bei der Begegnung der Jünger mit Jesus auf dem See, bei der Petrus auf dem Wasser zu Jesus kommt, ist ein ganzheitlicher Ansatz zu erkennen. Nachdem Jesus sich den Jüngern zu erkennen gibt, erkennt Petrus, was hier geschieht und möchte an diesem Wunder (Jesus geht auf dem Wasser) teilhaben. Er möchte verstehen bzw. mitfühlen, was hier gerade geschieht, welches als Kopf definiert werden kann. Er vertraut den Worten Jesu Komm" und trifft die Entscheidung, aus dem Boot zu steigen und auf Jesus zuzugehen (Herz und Hand).

Durch diese Handlung wird das Ereignis für Petrus zu einem starken Erlebnis, welches zu einer Erfahrung führt, die in einer Erkenntnis mündet. Das Lernen durch Erlebnisse wird nicht nur Petrus zuteil, sondern auch den anderen Jüngern, die zwar nicht selbst aktiv werden, aber durch das Sehen der Aktion von Petrus und der anschließenden Sturmstillung, zur Erkenntnis gelangen: Jesus ist der Sohn Gottes. Petrus macht eine doppelte Erfahrung durch das Erlebnis. Das Laufen Jesu und des Petrus auf dem See, die Zusage Jesu fürchtet euch nicht" sowie die anschließende Sturmstillung sind ein klares Erfahrungs- und Grenzsituationslernen - nicht nur für Petrus. In dieser Begebenheit werden die Elemente der E-Kette" deutlich: Ereignis, Erlebnis, Erfahrung, Erkenntnis sowie das Erproben und die Entwicklung. Die letzten beiden treffen vor allem auf Petrus zu. Er vertraut den Worten Jesu, probiert es aus und kann in seinem Glauben eine größere Entwicklung verzeichnen.

Die Zielformulierung ist nirgends erwähnt, jedoch lässt sie sich indirekt erkennen, da Jesus die Jünger im Vorfeld allein auf den See schickt und er sich zum Gebet zurückzieht. Er begegnet den Jüngern im späteren Verlauf des Geschehens (Sturm) und ermöglicht ihnen durch sein Kommen auf dem See ein Erfahrungslernen.

Das Abwenden von Petrus Blick von Jesus und das daraus resultierende Sinken wird von Jesus direkt reflektiert. Jesus hilft Petrus in der Not und konfrontiert ihn mit seinem Kleinglauben. Die Reflexion Jesu hilft Petrus und den Jüngern, den Transfer des Geschehenen zu fassen: Sie erkennen, wer Jesus ist (Gottes Sohn).

Die Jünger erkennen zudem, dass sie nicht vor allen Stürmen bewahrt werden, sondern dass sie im Sturm Jesu Handeln und Gegenwart in besonderer Art und Weise erfahren und ihm vertrauen können (Luz 2007:409).

Jesus gebraucht die Natur (See), das Ereignis (Sturm) sowie sein Kommen auf dem See als Medium/Methodik. Des Weiteren fordert er Petrus nach seiner Frage zur Handlung auf und lässt ihn in spezieller Weise ein Abenteuer" erfahren. Dabei greift Jesus nur in der Not ein und überlässt es ansonsten den Jüngern, die Situation zu bewältigen. Dieses Vorgehen entspricht auch einem Setting in der Erlebnispädagogik. Der Erlebnispädagoge greift nur helfend, ergänzend oder zur Reflexion ein und überlässt es der Gruppe, die Aufgabe oder das Problem zu lösen. Jesus ist da und greift zur richtigen Zeit ein und hilft den Jüngern, die Situation zu überstehen. Dies sind Hilfen/Methoden eines Settings, die dazu dienen, aus einem Ereignis Lernerfahrungen zu sammeln. Sie unterstützen dabei den Lernprozess der Jünger. Auffällig ist, dass alle Jünger durch das Ereignis zur Erkenntnis gelangen.

3.1.3 Die Passionsereignisse (Mt 26,1-27.66)

Die Passionsereignisse lassen sich als eigenständiges Setting definieren. Sie beinhalten mehrere Ereignisse, die gleichermaßen separat als Setting definiert werden können (z.B. die Ereignisse im Garten Gethsemane, oder die Verleugnung von Petrus). Da in einem Setting Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen die Ereignisse zu Erlebnissen werden, die wiederum zu Erfahrungen werden und Erkenntnisse schaffen, können die Passionsereignisse als Ganzes als ein Setting beschrieben werden. Die Ereignisse dienen insgesamt als Lernsituation für die Jünger (26,6-27.56). Die Passionsereignisse sind deshalb eine besondere Lernform für die Jünger, weil sie mehrfach vor Herausforderungen stehen, ihr Glaube auf die Probe gestellt wird und Jesus sie vor diesen Ereignissen nicht bewahrt (z.B. Verrat, Verleugnung, Jesus lässt die Jünger anschließend zurück), sondern vielmehr sie mit einbezieht.

So wird in den Passionsereignissen der ganzheitliche Ansatz klar erkennbar. Jesus bereitet im Vorfeld die Jünger auf diese Ereignisse vor und auch während dieser Zeit erklärt er ihnen mehrmals, was, bzw. wozu all dieses geschehen wird (Kopf). Die Jünger werden persönlich mit hineingenommen und erleben viele Ereignisse selber mit. Dabei lernen sie erneut das Vertrauen auf Jesus und sind sowohl überrascht, als auch entsetzt und überfordert (Herz). Jesus bindet sie in die Ereignisse aktiv mit ein. So bereiten sie unter anderem die Passahfeier vor, sollen mit Jesus beten und ihn begleiten (Hand).

Das Lernen durch Erlebnisse (E-Kette") wird in den Passionsereignissen gleichermaßen erkennbar. Die Ereignisse führen zu Erlebnissen, die zu Erfahrungen werden und durch die die Jünger zu Erkenntnissen geführt werden. Die Jünger erleben, wie sie ihre eigenen Worte und Zusagen, Jesus beizustehen, nicht einhalten können; sie sehen, wie Judas, einer von ihnen, Jesus verrät, und erfahren, wie Jesu Worte sich erfüllen. Diese Erlebnisse führen zu der Erfahrung, dass sie ihre Unzulänglichkeit und ihr Versagen erkennen, zum Teil bereuen und Vergebung erfahren. Sie erfahren auch, dass die Aussagen Jesu der Wahrheit entsprechen und die Ereignisse genau so eintreten. Jedoch verstehen sie die Ereignisse nicht und können sie nicht annehmen. Die Erfahrungen, die die Jünger zuerst machen - und in die Jesus sie mit hineinnimmt - helfen den Jüngern im Nachhinein, die Leiden und die Auferstehung richtig zu interpretieren. Das Erfahrungslernen wird hier deutlich erkennbar.

Jesus nimmt die Jünger mit in seine Leidensereignisse hinein, ohne dabei ein klares Ziel zu formulieren. Er spricht ihnen zwar im Vorfeld zu, dass dies geschehen muss und auch, dass er auferstehen und den Jüngern begegnen wird, aber nicht, dass sie durch das Miterleben/Mitsehen der Ereignisse glaubhafte Zeugen der Ereignisse werden sollen. Als ein mögliches indirektes Ziel können die angedeuteten Leiden als Bestandteil der Nachfolge definiert werden (vgl. 16,24). Die Jünger erleben, was es bedeutet, sich zu Jesus zu stellen, bzw. sie erfahren, was es bedeutet, in seiner Nachfolge zu stehen (vgl. die Aussendung der Jünger und die Gefahren in Mt 10 und Mt 28). Die gelernte Lektion wird allerdings erst später erkennbar.

Eine unmittelbare Reflexion nach den Leidensereignissen ist nicht möglich, da Jesus stirbt. Dennoch sind während der einzelnen Ereignisse immer wieder Reflexionen zu erkennen, wie z.B. bei der Reaktion bei der Salbung in Bethanien. Des Weiteren beim Gebet der Jünger, wobei sie aufgrund ihrer Müdigkeit versagen oder beim Eingreifen von Petrus bei der Gefangennahme Jesu und bei der Frage Jesu an Judas, wozu er gekommen sei (26,50).

Der Transfer gelingt nicht. Die Jünger hören die Worte Jesu und erleben die Ereignisse mit. Jesus lässt diese als Gesamtsetting auf die Jünger wirken (The mountains speak for themselves), damit sie darüber nachdenken, sich selbst reflektieren, Erkenntnisse gewinnen und ihren Glauben und ihr Verständnis stärken können. Dies geschieht aber erst nach der Auferstehung, als die Jünger von Jesus den Sendungsauftrag erhalten.

In den Passionsereignissen lassen sich verschiedene Elemente erkennen. Die Jünger kommen in Grenzsituationen, in denen sie überfordert sind, die Geschehnisse nicht einsortieren können und am Ende versagen. Diese Grenzerfahrungen helfen den Jüngern, ihre eigene Unzulänglichkeit und ihr Versagen zu erkennen. Jesus überlässt zudem die Jünger der Selbststeuerung, nachdem er gefangen genommen wird. Die Ereignisse der Passion dienen zur Vermittlung der Lehre und Botschaft Jesu. Gleichzeitig dienen sie zur Stärkung des Glaubens der Jünger (Gebet, Zeugen der Erlebnisse; Erkenntnis), obwohl dieser zuerst zu zerbrechen droht (Versagen, Flucht, Verrat, Verleugnung, Selbstmord von Judas). In die Erlebnisse der Passion werden die Jünger gezielt mit einbezogen und gerade deshalb dienen diese Erlebnisse als ein besonderes Lernpotenzial und eigenständiges Setting.

3.1.4 Der Missionsbefehl (Mt 28,16-20)

Der ganzheitliche Ansatz ist ebenfalls im Missionsbefehl ersichtlich. Jesus spricht sowohl den Kopf als auch das Herz an und fordert zur Tat auf (Hand). Er gibt den Jüngern den Beweis seiner Auferstehung, da er selbst präsent ist, und die Jünger ihm immer noch vertrauen dürfen (Kopf). Ihre Sendung ist das Herz, da Jesus sie persönlich beruft und im Voraus (durch die Zeit des Jüngerseins) befähigt hat. Das Tun (Hand) wird im Befehl erkennbar, aber nicht in der Ausführung.

Die E-Kette" ist daher nur unvollständig zu erkennen. Das Ereignis (die Jünger begegnen dem Auferstandenen; er sendet sie aus) führt indirekt zu einem sofortigen Erlebnis, wird zur Erfahrung und führt zur indirekten Erkenntnis: Jesus lebt und begleitet sie weiterhin. Diese Erkenntnis ist nicht selbstverständlich, wenn auf das Verhalten der Jünger geschaut wird. Bei der Begegnung in Galiläa auf dem Berg zweifeln einige der Jünger (Mt 26,16-17). Angesichts der vorangegangenen Ereignisse (Versagen der Jünger bei den Passionsereignissen) ist es erstaunlich, dass die Jünger dennoch an Jesus festhalten und nach Galiläa gehen (vgl. 26,32). Die Jünger richten sich weiterhin nach seinen Worten und vertrauen auf sein Handeln, auch wenn sie ihm als Auferstandenen noch nicht begegnet sind. Sie fallen bei der Erscheinung Jesu in Galiläa in Anbetung vor Jesus nieder (26,17). Dieser geht auf seine Jünger zu und sucht bewusst die Nähe zu ihnen. Dieses Verhalten könnte eventuell ein Zeichen der Wiederannahme nach dem Versagen der Jünger während der Passion sein. Seine Gegenwart und anschließenden Worte zeugen davon, dass Jesus hier trotz des Versagens der Jünger sie dennoch als seine Jünger ansieht und gebrauchen möchte. Mit seinen Worten nimmt er ihnen den letzten Zweifel und nutzt diese Situation, um zu verdeutlichen, dass er, der Sohn Gottes, weiterhin für sie da ist und sie befähigen wird, das zu tun, was er sie während der Zeit mit ihm gelehrt hat (26,18-20). Zudem stellt er sie in die Verantwortung, sein Handeln fortzuführen (Hand). Dieses Wissen wird durch den Befehl und den Zuspruch Jesu zur Erkenntnis, und diese Erkenntnis führt später zu weiteren Erfahrungen und Erkenntnissen, da sie erprobt und entwickelt wird.9

Das Ziel dieses Ereignisses lässt sich nur indirekt herleiten. Im Vorfeld hatte Jesus den Jüngern angekündigt, dass sie ihm in Galiläa begegnen würden (26,32). Zudem spricht Jesus den Auftrag aus, seine Lehre an alle Menschen weiterzugeben (Juden und Heiden), diese zu taufen und zu Jüngern zu machen. Dies hatte Jesus als Ziel bei der Berufung (4,19), bei der Heilung des Aussätzigen (8,11-12) und bei seiner Aussage über die Nachfolge (11,29) bereits formuliert. Der Zeitpunkt ist jetzt gekommen, dass die Jünger nun selber in vollem Umfang aktiv werden, wozu Jesus sie befähigen und aussenden wird (= zukünftiges Ziel). Dazu ist Jesus selbst das Vorbild.

Mit diesem Sendungsauftrag (26,19-20) wird das ganze Leben Jesu zusammengefasst: Hingehen und Menschen in die Nachfolge berufen, sie lehren und ihnen im Vorleben, welches die Taufe und das Leiden mit einschließt, ein Vorbild werden. Dieses Leben soll geteilt und durch die Jünger zu allen Völkern (26,19) gebracht werden. Sowohl im Rückblick als auch mit dem Blick auf die Zukunft wird hier das Erfahrungslernen für die Jünger sichtbar.

Eine Reflexion und ein Transfer dieser Begegnung werden nicht erwähnt. Jesus unterweist sie in einem Gespräch und stellt sie vor eine Aufgabe, deren Umsetzung durch die Jünger mit der Beendigung des MtEv offenbleibt. Als Methodik zur Schulung der Jünger lässt sich hier die Unterweisung und die Präsenz Jesu identifizieren. Ferner wird die gestellte Herausforderung an die Jünger ersichtlich: Sie sollen hingehen und nach dem Vorbild Jesu Menschen zu Jüngern machen (Kopf, Herz und Hand).

3.2 Ergebnisse

In besonderer Weise werden die Jünger im MtEv dargestellt und in den Fokus gerückt. Die Jünger werden von Jesus zu Menschenfischern" berufen (Mt 4,18-22). Er nimmt sie mit auf seinen Weg und lässt sie an seiner Sendung teilhaben (Mt 10,1.6; 28,19-20). Als Nachfolger Jesu erleben die Jünger verschiedene Situationen und Ereignisse, die als Lernformen und Settings definiert werden können. Die Jünger werden sowohl mit ihrer Lernfähigkeit und ihrem Verständnis als auch mit ihrer Unzulänglichkeit, ihrem Kleinglauben und ihrem Versagen bei den einzelnen Begebenheiten charakterisiert. Zugleich stellt Matthäus die Jünger so dar, dass sie zwar durch die verschiedenen Situationen und Begebenheiten herausgefordert werden, aber trotzdem an Jesus festhalten und lernen.

Es wird durch die narrative Analyse und die Perspektive der Erlebnispädagogik deutlich, dass Jesus den Lehr- und Lernprozess der Jünger fordert und fördert, um sie zu eigenständigen Erkenntnissen und neuen Horizonten zu führen. Er führt die Jünger in Situationen, Ereignisse und Begebenheiten, damit sie zum einen erkennen können, wer er ist und wozu er gekommen ist und zum anderen, dass sie Erfahrungen sammeln können. Dazu ruft Jesus die Jünger aus ihrer Alltagssituation heraus, bringt sie in Lern- und Grenzsituationen, fordert sie heraus, gibt ihnen neue Orientierung, ermöglicht ihnen, ihr Denken und Verhalten zu hinterfragen und sich selbst zu reflektieren. Hierzu gehören auch Ereignisse, die ein Versagen und Nichtbegreifen einschließen.

Der Überblick zeigt also: Jesus fordert und fördert die Jünger in der Nachfolge durch Lehre und Tat. Er gibt den Jüngern immer wieder die Möglichkeit durch diese Ereignisse ihren Glauben zu stärken und zu festigen.

Dabei wird Jesus im MtEv nicht als schlechter Lehrer dargestellt, der versagt, da seine Jünger ihm nicht treu sind, sondern als derjenige, der es versteht, die Jünger vorzubereiten und zu stärken, damit sie als seine Nachfolger fungieren können. Trotz des zeitweiligen Versagens und schwachen Glaubens der Jünger, erleben sie die genannten Begebenheiten und lernen daraus.

 

4. ERKENNTNISGEWINN DER STUDIE

4.1 Befund zur Synopse

Im MtEv wird Jesus besonders als Lehrer dargestellt. Dabei charakterisiert Matthäus Jesus so, dass dieser mit Autorität und Vollmacht dem Volk, den Jüngern sowie den Schriftgelehrten und Sadduzäern gegenübertritt. Bei mehreren Begebenheiten lehrt Jesus, spricht in anschaulichen Gleichnissen und zeigt durch Wunder, Zeichen, Handlungen und Worte, wozu er gekommen ist und was das Reich Gottes sowie die Nachfolge bedeuten. Deutlich wird auch, dass Jesus die Jünger mit in seine Handlungen/sein Geschick einbindet. Dies wird sowohl in den einzelnen Perikopen ersichtlich als auch in den Passionsereignissen. Jesus zeigt seinen Jüngern verstärkt die Bedeutung seines Kommens und Wirkens.

Nach der Darstellung des MtEv hat Jesus mehrere und verschiedene Situationen bzw. Ereignisse gezielt genutzt, um die Jünger zu verantwortungsbewussten Nachfolgern zu formen. Die matthäische Darstellung der Lehrformen und Methoden Jesu zeigt auf, dass Jesus die Jünger im Laufe der Zeit zu seinen Zeugen ausbildet und sie aussendet (Mt 28,16-20).

So wird ersichtlich, dass Jesus die Jünger mit einem bestimmten Ziel beruft, dass die Jünger durch das bewusste Hineinnehmen durch Jesus Ereignisse erleben, die ihnen wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse ermöglichen (z.B. Jesus möchte ihnen zeigen, wozu er gekommen ist; Jesus kann man vertrauen; Jesus möchte sie gebrauchen; Jesus möchte sie für die Zukunft vorbereiten). Zum anderen werden Methoden sichtbar, wie das Erfahrungslernen, das eigenständige aktive Handeln, das Lernen durch Versagen und Vertrauen. Dabei werden die Jünger, als gesamte Jüngerschar von zwölf und einzeln, von Jesus unterwiesen und gefördert. Ebenso werden Reflexionsmethoden deutlich, wie zum Beispiel die kommentierende Reflexion oder das Ereignis/Erlebnis, das für sich stehen bleibt, um daraus Erfahrungen zu sammeln und zu lernen.

4.2 Schlussfolgerungen

Als Nachfolger Jesu erleben die Jünger verschiedene Situationen und Ereignisse, die als Lernmöglichkeiten definiert werden können.

Die Herangehensweise, die narrativen Ergebnisse der Mt-Perikopen aus der Perspektive der Erlebnispädagogik zu analysieren, ermöglicht in einem begrenzten Rahmen neue Entdeckungen im Hinblick auf die Vorgehensweise Jesu in Bezug auf seine Lehrmethoden.

Den Jüngern werden verschiedene Lehrformen Jesu offenbart, um sie für den Auftrag vorzubereiten, selbst als Boten in die Welt zu gehen, anderen Menschen von Jesus zu erzählen und bereit zu sein diese in der Nachfolge zu begleiten. Jesus spricht sie mehrmals ganzheitlich an (Kopf, Herz und Hand).

Ebenfalls ist ersichtlich, dass Jesus die Situationen und Begebenheiten nutzt, um die Jünger sowohl verstandesmäßig als auch gefühlsmäßig und mit eigenständigem Handeln gezielt fordert und fördert.

Zugleich werden die Jünger im MtEv so charakterisiert, dass sie durch die verschiedenen Situationen und Begebenheiten zwar herausgefordert werden, aber trotzdem an Jesus festhalten. Die Jünger können durch positive und negative Erlebnisse Erfahrungen machen, die ihnen Erkenntnisse ermöglichen. Die Jünger werden von Jesus zu Menschenfischern" berufen. Er nimmt sie mit auf seinen Weg, begleitet sie und sendet sie aus.

Die narrative Analyse der Perikopen erweist sich dabei als eine Methode, die die Charakterisierung durch Matthäus erkennen lässt. Die Perspektive der Erlebnispädagogik bietet weitere Einsichten in die Lehrmethoden Jesu.

Abschließend lässt sich nicht behaupten, dass Jesus erlebnispädagogische Methoden verwendet hat, sondern vielmehr, dass die Art und Weise, wie Jesus gelehrt und die Jünger ausgebildet hat, dazu beigetragen hat, dass sie zu dem wurden, was sie waren. Gleichzeitig lässt sich erkennen, dass die Vorgehensweise und die Lehrmethoden Jesu in der matthäischen Darstellung ganzheitlich sind, Ziele besitzen und Erlebnisse ermöglicht haben, die zu Erkenntnissen beigetragen haben.

Die Erlebnispädagogik ist zwar eine moderne Sichtweise, die es aber trotzdem ermöglicht, Jesu Lehrmethoden genauer zu reflektieren. Somit ist der Vergleich der Ergebnisse der narrativen Betrachtung der Perikopen mit den Perspektiven der Erlebnispädagogik eine mögliche Methode, um die eingangs gestellten Fragen zu beantworten.

Das MtEv bietet eine fundierte Grundlage, um die Lehrmethoden Jesu zu untersuchen. Dabei wird allerdings deutlich, dass die Sichtweise der Erlebnispädagogik die Thematik der Lehrmethode Jesu nicht umfassend abdecken kann und nur einen geringen Teil zur Betrachtung seiner Lehrmethode beitragen kann.

4.3 Weiterer Forschungsbedarf

Die Betrachtung der Mt-Perikopen aus der Perspektive der Erlebnispädagogik ermöglicht zwar eine genauere Darstellung der Lehrmethoden Jesu, aber es ist auch deutlich geworden, dass damit nicht alle Bereiche der Vorbereitung der Jünger, die Darstellung der Lehrmethoden Jesu oder die Darstellung der Jünger und Jesu selbst erfasst werden können, was auch nicht das Ziel dieser Studie ist.

Dabei sei hervorgehoben, dass die in dieser Studie vorgenommene Fokussierung auf die Betrachtung der Mt-Perikopen aus der Perspektive der Erlebnispädagogik nicht impliziert, dass dies die einzige Möglichkeit ist, um die Lehrmethoden Jesu zu betrachten.

Dies ist zum Teil unter anderem bereits in der Religions- und Gemeindepädagogik erforscht und in der Praxis angewendet worden.10Das religionspädagogische Lernen legt den Schwerpunkt zum einen auf die Förderung der Beziehung des Einzelnen zu Jesus und das Ermöglichen von positiven Grunderfahrungen, und zum andern darauf, dass der Glaube im Alltag relevant wird (Wunderli 2018:124-125).

In Anknüpfung an die erfolgte Studie ergeben sich weitere Forschungsmöglichkeiten zur Lehrmethodik Jesu und zur Ausbildung der Jünger. Das Lernen und Lehren ist nicht nur auf die vermittelten Inhalte des MtEv zu beschränken, sondern geht darüber hinaus. Söding (2016:101) formuliert diesbezüglich:

... die Lehre Jesu [legt], wie die neutestamentlichen Evangelien sie in Erinnerung rufen, die christliche Didaktik nicht auf genau diejenigen Inhalte und Methoden fest, die in den Texten stehen, sondern lädt zur kreativen Weiterarbeit ein.

So können mit Hilfe der Didaktik (z.B. Was hat Jesus wann und wie gesprochen? Welche Redeweise hat er verwendet oder wie hat er das Gespräch oder die Diskussion/Lehre geführt und gesprochen?) ebenfalls (neue) weitere Ergebnisse erzielt werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre, die persönliche Förderung der Jünger durch die Beziehung zwischen Jesus und ihnen zu betrachten, die auch die Frage nach der Auswahl der Jünger mit einbeziehen würde. Oder eine andere Komponente wären die Berücksichtigung der Göttlichkeit und Allmacht Jesu in Bezug auf die Lehrmethoden als auch die Förderung der Jünger, die nur ansatzweise angeklungen sind. Gleichfalls wäre die Berücksichtigung des Glaubens bzw. Nichtglaubens auf die Förderung der Jünger oder des Volkes von Interesse. Ebenfalls von Interesse wäre die Betrachtung von Begebenheiten, in denen Jesus durch das Dienen die Jünger unterweist (vgl. z.B. die Fußwaschung sowie die Bedeutung von Kreuz und Auferstehung). Diese Ergebnisse sind für die umfassende Darstellung Jesu als Lehrer, bzw. seiner Lehrmethoden, relevant.

Ebenfalls von Bedeutung wäre die Betrachtung der Evangelien unter dem Aspekt der praktischen Absicht zur Unterweisung. Daher bieten die Wunder Jesu, die Gleichnisse, die Reden und die Ausbildung der Jünger ausreichend Lehr- und Lernstoff für die Religionspädagogik, die Didaktik oder die Arbeit in den Gemeinden.

In den Ergebnissen dieser Studie und den weiteren Überlegungen wird ersichtlich, dass die Verbindung zwischen Theorie und Praxis untrennbar zusammengehört. Gerade die Erkenntnisse der Lehrmethoden Jesu zeigen auf, dass die Umsetzung der Lehre Jesu mit der Praxis einhergeht. Der Glaube wird dadurch erfahrbar, dass ein Ereignis zu einem Erlebnis wird, welches Erfahrungen und Erkenntnisse ermöglicht.

Dementsprechend ergeben sich für die heutigen Lehrmethoden durchaus relevante Fragen über die Handhabung und Praxis, die wir bei Jesus sehen und lernen können. Die Betrachtung der Lehrverfahren und der Erziehungsstrategie und -absicht kann die Arbeit in Theologie und Praxis enorm bereichern.11 Zuck (2002:11) hält treffend fest:

Because Jesus was such an effective teacher, we should be open to seeing how he taught so we can incorporate some of those principles and procedures in our own teaching.

 

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Date received: 11 April 2020
Date accepted: 22 March 2021
Date published: 14 June 2021

 

 

1 Der vorliegende Artikel basiert auf meiner Masterarbeit im Fachbereich NT, die bei der Universität von Südafrika (UNISA) angenommen wurde (Hagel 2019). Im Folgenden auch als Gesamtstudie" bezeichnet.
2 Das Matthäusevangelium ist in seiner literarischen Form eine Erzählung. Die Absicht des Autors ist damit in erster Linie die Darstellung des Lebens Jesu, aber darüber hinaus auch seine Sendungsabsicht als auch das Evangelium zu entfalten und den Lesern zu verdeutlichen. Daher wurde zur Untersuchung der matthäischen Darstellung der Lehrmethoden Jesu die narrative Exegese gewählt.
3 Zur aktuellen ausführlichen Betrachtung der Evangelien und der Charakterisierung einzelner Personen unter der narrativen Exegese der Evangelien selbst sei auf J.K. Brown (2020), The Gospel as Stories verwiesen.
4 Die Thematik
Jesus als Lehrer" wird von vielen Exegeten betrachtet. Dabei wird der Schwerpunkt mehr auf den Inhalt der Lehre Jesu oder Jesus als historische Person gelegt, als auf die Untersuchung der Lehrmethodik Jesu. Gleichfalls heben viele Exegeten die besondere Darstellung Jesu als Lehrer im MtEv hervor, ebenso wie die Bedeutung von Jesus selbst. So seien hier v.a. S. Byrskog (1994), Jesus the Only Teacher: Didactic Authority and Transmission in Ancient Israel, Ancient Judaism and the Matthean Community, J.D. Kingsbury (1986) Matthew und (1988) Matthew as Story, R. Riesner (1988), Jesus als Lehrer, R. Schnackenburg (1993), Die Person Jesu Christi im Spiegel der vier Evangelien und M. Ebner (2003), Jesus von Nazaret in seiner Zeit: Sozialgeschichtliche Zugänge sowie G. Theißen (2011), Der historische Jesus: Ein Lehrbuch genannt.
5 Werke wie C. L. Blomberg (2004), Jesus und die Evangelien; D. Bock (2016), Jesus according to the Scripture; S. Byrskog (1994), Jesus the Only Teacher: Didactic Authority and Transmission in Ancient Israel, Ancient Judaism and the Matthean Community und V. Tropper (2012), Jesus Didáskalos: Studien zu Jesus als Lehrer bei den Synoptikern und im Rahmen der antiken Kultur-und Sozialgeschichte u.a. wurden in der Gesamtstudie verwendet.
6 Vergleiche Abstreiter & Zwerger (2017), Außen handeln - Innen schauen: Systemische Prozessbegleitung in der Erlebnispädagogik S.111f.
7 Die einzelnen Perikopen im MtEv wurden mit der narrativen Exegese untersucht und es wurden dabei die wesentlichen Faktoren dieser, wie die Betrachtung von setting, showing, telling und dem point of view sowie des plots und der story und der Reflexion/Beurteilung der Darstellung des Textes berücksichtigt. Zur Vorgehensweise der narrativen Exegese seien hier exemplarisch auf W. Egger & P. Wick (2013), Methodenlehre zum Neuen Testament, S. Finnern & J. Rüggemeier (2016), Methoden der neutestamentlichen Exegese: Ein Lehr- und Arbeitsbuch sowie J.L. Resseguie (2005), Narrative Criticism of the New Testament: An Introduction und W.R. Tate (2014), Interpreting the Bible: A Handbook of Terms and Methods verwiesen.
8 Zur besseren Orientierung des Vergleichs sind die einzelnen Methoden/Aspekte der Erlebnispädagogik kursiv dargestellt.
9 Zur Wirkungsgeschichte des Sendungsauftrages und dessen Bedeutung sei auf die kurze Zusammenfassung bei U. Luz (2002:443-447) hingewiesen.
10 An dieser Stelle sei auf die Werke von F. Boßmann (2004), Chancen und Grenzen der Erlebnispädagogik für die Arbeit des Religionspädagogen; U. Kropac (2006), Religionspädagogik und Offenbarung. Anfänge einer wissenschaftlichen Religionspädagogik im Spannungsfeld von pädagogischer Innovation und offenbarungstheologischer Position sowie M. Zimmermann & R. Zimmermann (2018), Handbuch Bibeldidaktik verwiesen.
11 Zur Betrachtung der Erkenntnisse und dem Lernpotenzial von Jesus als Lehrer sei auf R. Zuck (2002), Teaching as Jesus Taught hingewiesen.

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