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Acta Theologica

On-line version ISSN 2309-9089
Print version ISSN 1015-8758

Acta theol. vol.33 n.1 Bloemfontein Jan. 2013

 

"Sacherklärungen" in Biblischen texten - vorkommen und bedeutung für die Bibelübersetzung

 

 

C. Stenschke

Prof. Dr. Christoph Stenschke, Forum Wiedenest, Bergneustadt, Germany and Department of Biblical and Ancient Studies, Unisa. PO Box 392, Pretoria, 0003. E-mail: Stenschke@wiedenest.de

 

 


ABSTRACT

In several places in the Old and New Testament narratives we find different explanatory notes. Through them, the biblical authors provide the necessary background information so that the readers can better understand the actions or words of the protagonists or geographical locations. On the one hand these notes indicate that at least some of the intended readers were not familiar with all aspects of the environment of the biblical events. Therefore such notes allow some indirect conclusions concerning the readers. On the other hand these notes show the intention of the biblical authors to communicate effectively. They wanted to communicate in detail with their readers and in order to do so they "brought" the world of the narrated events to the readers. Their texts should be understood without further information. These explanatory notes carry several implications for present day Bible translation and the content of modern Bible editions. These notes also indicate that that the biblical authors did not universalise their message for the sake of easier communication. Rather they left their message in its geographical, historical and cultural context and added the necessary information so that it nevertheless could be understood. This underlines God's revelation to concrete people in history.

Keywords: Bible translation Explanatory notes Context


Trefwoorde: Bybelvertaling Verduidelikende notas Konteks


 

 

1. EINLEITUNG

Dass man manche Aussagen der Bibel nicht auf Anhieb oder vielleicht auch gar nicht verstehen kann, ist eine Erfahrung, die alle Leser machen dürften. Dass dies schon in urchristlicher Zeit so war, wird bereits im Neuen Testament angedeutet: So heißt es etwa im 2. Petrusbrief: "Davon redet Paulus in allen Briefen, in denen einige Dinge schwer zu verstehen sind ..." (3:16). Ein Teil der heutigen Verständnisprobleme hat seine Ursache darin, dass die biblischen Texte aus einer Zeit und Welt stammen, mit denen heutige Leser nicht oder nur zum Teil vertraut sind.

Doch ist diese Beobachtung nicht auf die heutigen Leser beschränkt: Die ersten Leser der biblischen Bücher waren Zeitgenossen der Autoren. Doch beschreiben diese zum Teil Ereignisse und Orte aus der Vergangenheit oder aus anderen Gegenden, mit denen auch die ersten Leser nicht vertraut waren. Einige biblische Bücher wenden sich an Leser, die mit dem historischen, kulturellen und sozialen Umwelt der beschriebenen Ereignisse nicht oder nur unzureichend vertraut waren, um die Handlungen und Worte der Protagonisten zu verstehen und in ihrer Bedeutung und ganzen Brisanz zu erfassen. Freilich ist es kaum möglich, einigermaßen objektiv einzuschätzen, was die ersten Leser (oder einige von ihnen -wer sind die ersten Leser?) verstanden haben und was nicht. Auch das inzwischen detailliert erarbeitete Instrumentarium der Rezeptionsästhetik bzw. -analyse hilft bei dieser historischen Fragestellung nur bedingt weiter.

Jedoch gibt es in der Bibel Hinweise auf den vorhandenen bzw. fehlenden Verstehenshorizont der Leser. An einigen Stellen bieten die Autoren die nötigen Hintergrundinformationen, die sie bei ihren Lesern nicht voraussetzen zu können glaubten. Sowohl innerhalb des Alten als auch des Neuen Testaments stößt man hin und wieder auf Erklärungen, die von den biblischen Autoren selbst stammen, um den Lesern ein besseres Verständnis zu ermöglichen. Mit solchen Einschöben oder Kommentaren wird die literarische Welt der Erzählung für einen kurzen Moment verlassen, bevor die Erzählung wieder aufgenommen wird. Man könnte von "innerbiblischen Sacherklärungen" sprechen, um sprachlich an den Sacherklärungen anzuknüpfen, die in vielen Bibelausgaben als Fußnoten oder gesammelt als Anhang erscheinen. So werden beispielsweise geographische Angaben oder den Lesern unbekannte Sitten erläutert.

Im Folgenden werde ich einige dieser innerbiblischen "Sacherklärungen" darstellen und diskutieren1, deren Bedeutung reflektieren und fragen, was man aus diesen Beobachtungen für die heutige Übersetzungsarbeit ableiten kann. Dabei geht es mir nicht um

Grundsatzfragen der Übersetzungstheorie an sich.2 Sie bleiben hier außen vor. Das Phänomen dieser metatextuellen Erklärungen durch die Autoren haben Rückwirkungen auf die Übersetzungstheorien unabhängig davon welche spezielle Übersetzungsstrategie zur Anwendung kommt.

 

2. BEISPIELE FÜR "INNERBIBLISCHE SACHERKLÄRUNGEN" IN DER BIBEL3

Die deutliche Mehrzahl solcher Erklärungen findet sich in den erzählenden Büchern der Bibel. Von besonderem Interesse sind dabei Erklärungen, die nicht in der direkten Rede von Protagonisten der Erzählung stammen, sondern mit denen sich die Autoren erkennbar selbst direkt an die Leser wenden.

2.1 Worterklärungen

An mehreren Stellen wird die Bedeutung von Wörtern erklärt, vor allem, wenn sie mit dem beschriebenen Ereignis verbunden ist. Gelegentlich ist dies im Neuen Testament mit der Übersetzung aramäischer Begriffe verbunden.4

In Esther 9 wird die Entstehung des Purimfestes beschrieben. Der Name dieses Festes sollte "Purim" sein, der von dem Wort "pur" abgeleitet wurde. Hier wird die Herkunft des Namens erklärt.5 In der LXX findet sich in diesem Vers der Zusatz: öxi τη διαλέκτφ αυτών καλούνται Φρουραι. Der masoretische Text gibt in V 26 keine nähere Erklärung, da sie bereits zwei Verse vorher erscheint: "... und wie er das Pur, das ist das Los, hatte werfen lassen Das Wort ist ein Lehnwort aus dem Akkadischen -daher wahrscheinlich nicht jedem bekannt - und meint "Los" (das hebr. Wort für Los ist normalerweise vgl. Est 3:7; vgl. auch Bosman/van Dam 1997:590).

Der Sohn Marias soll den programmatischen Namen Jesus erhalten, "denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden" (Mt 1:23). In Gethsemane betet Jesus: "Abba, mein Vater, ..." (Mk 14:36; vgl. Röm 8:15: "... durch den wir rufen: Abba, lieber Vater!"; ähnlich Gal 4:6). Jesus wird zur Stätte Golgatha gebracht, "das heißt übersetzt Schädelstätte" (Mk 15:22). "Sie aber sprachen zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister - wo ist deine Herberge" (Jh 1:38; vgl. auch 20:16). "Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte" (1:42). "Und er sprach zu ihm: Geh zum Teich Siloah - das heißt übersetzt: gesandt - und wasch dich" (9:7). ". so dass dieser Acker in ihrer Sprache genannt wird: Hakeldamach, das heißt Blutacker" (Apg 1,19). "Joseph aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde - das heißt übersetzt Sohn des Trostes - ein Levit ." (Apg 4:36).

Eine Untergruppe der Worterklärungen sind die Erklärungen der Bedeutung von Eigennamen; etwa in Johannes 19:13 (". an der Stätte, die da heißt Steinpflaster, auf Hebräisch Gabbata") oder Apostelgeschichte 13:8 ("Da widerstand ihnen der Zauberer Elymas - denn so wird sein Name übersetztder Name Barjesus erscheint in 13:6).

Für jedes dieser Beispiele wäre zu klären, warum gerade hier eine Erklärung geboten wird, bzw. was sie für das Verständnis des Textes beiträgt.6 Einer streng am Literalsinn orientierten oder historisch-kritischen Auslegung dürften manche der Bezüge, die die biblischen Autoren gesehen haben, Schwierigkeiten bereiten. Die Exegeten der Alten Kirche waren diesbezüglich im Vorteil.7

2.2 Geografisch-topografische Erklärungen

Geografische Erklärungen kommen verhältnismäßig häufig in der Bibel vor. An einigen Stellen befinden sich Zusätze, die den Namen, die Art oder Lage (Fluss, Stadt ...) eines Ortes näher erläutern. So findet sich z.B. in Josua 14:15 eine zusätzliche Angabe zur Stadt Hebron, nämlich "Stadt des Arba". An zwei Stellen wird Jericho auch "Palmenstadt"8 genannt (vgl. Dtn 34:3; 2. Chr 28:15), während im Buch Richter zweimal der Name "Palmenstadt"8 vorkommt, ohne den Zusatz "Jericho", sodass man davon ausgehen kann, dass die Bezeichnung "Palmenstadt" den Lesern bekannt war.

In 1. Chronik 11:5 wird die "Burg Zion" mit der "Stadt Davids" gleichgesetzt, zunächst ohne Erklärung. Zwei Verse weiter findet sich jedoch die Begründung: "David aber wohnte auf der Burg, daher nennt man sie Stadt Davids". Die Herkunft des Namens "Stadt Davids" konnte anscheinend nicht als bekannt vorausgesetzt werden.

In Markus 1:5 wird der Jordan als Fluss bezeichnet, einige Verse weiter (V 9) wird dieser Eigenname nicht mehr erklärt. Stattdessen findet sich in V 9 die Erklärung, dass Nazareth in Galiläa liegt. Lukas 8:26 erklärt, dass das Gebiet der Gerasener gegenüber von Galiläa liegt: ήτις εστίν άντιπέρα της Γαλιλαίας.

Johannes 3:23 erwähnt einen Ort namens Änon. Näher erklärt werden hier die Lage - εγγύς του Σαλείµ - und eine für das Geschehen wichtige Eigenschaft, nämlich dass es dort viel Wasser gab.

[T]here is a striking accuracy in the statement that there was 'much water', or better 'many waters', there, for in this locality there are seven springs within a radius of a quarter of a mile (Morris 1987:237).9

In Johannes 6:1 werden zwei Namen des Sees Genezareth parallel genannt: "Danach fuhr Jesus weg über das Galiläische Meer, das auch See von Tiberias heißt" (LÜ). Der Name θάλασσα της Τιβεριάδος ist von der

Stadt Tiberias abgeleitet, die am See lag und ca. 20 n. Chr. von Herodes Antipas gegründet wurde. Allmählich wurde der Name der Stadt auch auf den See übertragen.

On a popular level, this transfer probably took place only around the time John wrote his Gospel, hence his choice to provide both names (Köstenberger 2004:199).10

2.3 Historische Erklärungen

Gelegentlich werden Ereignisse historisch genauer erläutert oder verankert. So heißt es etwa von dem Zensus, der Maria und Joseph nach Bethlehem brachte: "Es begab sich aber zu dieser Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war" (Lk 2:2 - anscheinend war diese Präzisierung für die Leser von Bedeutung). Das Auftreten von Johannes dem Täufer wird mit einem umfassenden Synchronismus, einer in der Antike üblichen Form der Zeitrechnung, chronologisch verortet (3:1-3).11

2.4 "Religiöse" Erklärungen

An einigen Stellen werden unterschiedliche Aspekte jüdischen Glaubens, die einem Teil der anvisierten Leser wahrscheinlich nicht geläufig waren, erklärt; etwa in Markus 7:3 die jüdische Sitte des Händewaschens bzw. der Reinigung:

Denn die Pharisäer und alle Juden essen nicht, wenn sie nicht die Hände mit einer Handvoll Wasser gewaschen haben und halten so die Satzungen der Ältesten; und wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, wenn sie sich nicht gewaschen haben. Und es gibt viele andere Dinge, die sie zu halten angenommen haben, wie: Trinkgefäße und Krüge und Kessel und Bänke waschen (7:3-5).

Der Verfasser geht zunächst direkt auf die Beobachtung der Pharisäer einen Vers zuvor ein und erläutert das bei ihnen übliche Waschen der Hände. Anschließend stellt er diesen Einzelfall in einen breiteren Zusammenhang und erklärt dadurch seinen Lesern diese Reinigungssitten. "Mark's explanatory account of Jewish rituals of purity is apparently directed to Gentile readers of the gospel" (France 2002:281).

Dabei bedient sich der Autor einer gängigen jüdischen Praxis12: "Aware that most of his readers will not understand the technical nature of the scribal charge nor its background in Jewish practice, Mark provides a simple definition of defilement and a thumbnail sketch of Pharisaic practice ... In generalizing his explanation Mark was following accepted Jewish practice in describing Jewish customs to a Gentile audience" (Lane 1974:245, kursiv CS).

Ebenfalls um eine Erklärung jüdischer Reinigungssitten geht es im Bericht der Hochzeit zu Kana in Johannes 2:6. Dort wird das Vorhandensein und der Verwendungszweck von sechs großen Wasserkrügen erklärt: "Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte". Hinzu kommt eine Angabe zur Größe der Krüge: χωρουσαι άνά µετρητάς δύο ή τρεις. Beide Erläuterungen ermöglichen auch nichtjüdischen Lesern ein ausreichendes Verständnis des folgenden Wunders13: "John does not elaborate, but says sufficient to enable his Greek readers to understand why so much water was provided" (Morris 1987:182).

In Johannes 4:9 werden die ungewöhnlichen, ja anstößigen Umstände der Begegnung Jesu mit einer samaritanischen Frau am Brunnen in Sychar (4:7-42; 5: "und er kam in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar", 7: "da kommt eine Frau aus Samarien", 9: "Da spricht die samaritische Frau zu ihm") sowie die auf diesem Hintergrund verständliche Reaktionen der Frau und der Jünger Jesu, wie folgt knapp erklärt: "Denn die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritanern".

Ähnlich wird die Verweigerung eines Quartiers für Jesus durch die Samariter erklärt: "weil er sein Angesicht gewandt hatte, nach Jerusalem zu wandern" (Lk 9:53). Für die Samariter war der Berg Garizim der legitime Ort der Anbetung Gottes, nicht der Tempel in Jerusalem, zu dem Jesus unterwegs war. Mit der Gewährung von Gastfreundschaft unterwegs zu diesem Ziel, wollten sich die Samaritaner nicht fremder Sünden teilhaftig machen.

Entsprechende Angaben finden sich auch in der Apostelgeschichte: "Als Paulus aber das sagte, entstand Zwietracht zwischen Pharisäern und Sadduzäern, und die Versammlung spaltete sich. Denn die Sadduzäer sagen, es gebe keine Auferstehung noch Engel und Geister; die Pharisäer aber lehren beides" (23:7f).14

2.5 Andere "Sach"-Erklärungen15

Im vierten Kapitel des Buches Ruth wird von einem Verfahren zur Auslösung von Grundbesitz berichtet: Die Witwe Naomi bietet ein Feld ihres verstorbenen Mannes zum Verkauf an (V 3). Der nächststehende Verwandte hatte das vorrangige Recht, dieses Feld zu lösen. Als der rechtmäßige "Löser" dieses Recht an einen weiteren Verwandten, Boas, abgibt, überreicht er Boas als Zeichen einen seiner Schuhe. Der Grund bzw. die Bedeutung für diese symbolische Handlung wird erklärt: "Mit diesem Zeichen bestätigte man früher in Israel bei Geschäftsabschlüssen den Wechsel des Besitzrechts an Grund und Boden" (V 7, nach GNB). Daraus lässt sich schließen, dass dieser Brauch nicht mehr allgemein bekannt war: "The narrator's insertion of the parenthetical comment in v. 7 suggests that this custom was no longer understood at the time of the writing of the book" (Block 1999:717). Ähnlich auch Hubbard: "The comment implies that the audience either was unfamiliar with the practice or unlikely to understand its significance" (1991:248).

In Markus 12:42 wird der Wert einer Münze erklärt: eine Witwe opfert zwei Lepta (λεπτά δύο) für den Tempel. Den Geldwert dieser Münzen erklärt der Verfasser mit dem Verweis auf eine römische Münze, den Quadrans (κοδράντης): "die legte zwei Lepta ein, das macht zusammen einen Quadrans". Er übersetzt diese Münzangabe zum besseren Verständnis seiner Leser in das römische Münzsystem, ohne aus den im Tempel gespendeten Lepta römische Münzen zu machen (Gnilka 1989b:177; vgl. auch Lane 1974:442f).16

Nach seiner Verurteilung wird Jesus in den Palast (LÜ; αυλή, besser wohl (Innen)Hof, die Verspottung Jesu dürfte kaum im "Palast" des Statthalters stattgefunden haben) geführt, das ist ins Prätorium (Mk 15:16, πραιτώριον Latinismus praetorium). Das Prätorium war die Residenz eines römischen Statthalters.

2.6 Vorausgesetztes Wissen

An vielen anderen Stellen, die heute offensichtlich der Erklärung bedürfen, bieten die biblischen Autoren keine Erklärung, da sie anscheinend voraussetzen konnten, dass die Leser mit dem nötigen Hintergrund vertraut waren oder die berichteten Ereignisse ohne weitere Erklärungen verstehen konnten und/oder dass beim in der Antike üblichen lauten Vorlesen ihres Textes auch Leute anwesend waren, die entsprechende Erklärungen beisteuern konnten.17 Letztere Möglichkeit warnt eindringlich davor, allzu weitreichende Schlüsse aus dem Vorhandensein bzw. Fehlen von Sacherklärungen zu ziehen.

In Apostelgeschichte 1:12 erwähnt der Verfasser einen so genannten "Sabbatweg" (LÜ). Die Jünger Jesu kehren nach der Himmelfahrt vom Ölberg nach Jerusalem zurück. Interessant ist hier, dass die geografischen Gegebenheiten erklärt werden ("von dem Berg, der heißt Ölberg und liegt nahe bei Jerusalem", ö έστιν εγγύς Ίηρουσαλήµ)18, die genauere Entfernung aber lediglich mit σαββάτου έχον όδόν angegebenen wird. Diese Entfernungsangabe ist nur auf dem Hintergrund jüdischer Sitten zu verstehen:

Der in Apostelgeschichte 1:12 erwähnte Sabbatweg war [zunächst] keine eigentliche Entfernungsangabe, sondern vielmehr das Produkt rabbinischer Exegese von Exodus 16:29 und Numeri 35:5 . Er war auf 2.000 Ellen festgesetzt (Wheaton/Wiseman 1996:1461).

Im Gegensatz zu den topografischen Angaben, wird diese Entfernungsangabe nicht näher erklärt. Kistemaker schreibt: "Writing to Theophilus, who was a Gentile, Luke assumes that he is acquainted with Jewish law and custom even though Theophilus may have been unfamiliar with Palestinian topography" (1992:58).

Lukas setzt ferner das Wissen voraus, dass Heiden keinen Zugang zu den inneren Höfen des Jerusalemer Tempels hatten, wenn er im Zusammenhang der Verhaftung des Paulus berichtet:

Als aber die sieben Tage zu Ende gingen, sahen ihn die Juden aus der Provinz Asien und erregten das ganze Volk, legten die Hände an ihn und schrien: Ihr Männer von Israel, helft! Dies ist der Mensch, der alle Menschen an allen Enden lehrt gegen unser Volk, gegen das Gesetz und gegen diese Stätte; dazu hat er auch Griechen in den Tempel geführt und [dadurch/so] diese heilige Stätte entweiht. Denn sie hatten Trophimus, den Epheser, mit ihm in der Stadt gesehen; den, meinten sie, hätte Paulus in den Tempel geführt (Apg 21:27-29).

Das in Matthäus 27:6 erscheinende κορβανάς ist aus dem Aramäischen transkribiert und bedeutet etwa "Tempelschatz" (LÜ: "in den Gotteskasten legen"). Der Begriff wird von Matthäus nicht übersetzt, sondern bleibt als terminus technicus stehen. Er dürfte bei den jüdischen Lesern des Matthäus bekannt gewesen sein; ansonsten muss seine Bedeutung aus dem Zusammenhang erschlossen werden.19

Ähnliches läßt sich am Gebrauch anderer aramäischer Wörter beobachten. An einigen Stellen werden sie ins Griechische übersetzt, wenn sie bei den Lesern nicht als bekannt vorausgesetzt werden konnten oder sich ihre Bedeutung nicht durch den Zusammenhang erschließen läßt. An anderen Stellen bleiben sie ohne Übersetzung stehen.20 Paulus setzt die Bedeutung des aramäischen Gebetsrufs der ersten Gemeinde "Maranata", in Korinth als bekannt voraus (1. Kor 16:22; vgl. aber Off 22:20: "Amen, ja, komm, Herr Jesus").21

 

3. ZUSAMMENFASSUNG UND BEDEUTUNG

3.1 Zusammenfassung

Solche Erklärungen erscheinen in beiden Testamenten, um den Lesern das Verständnis der Ereignisse zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dabei handelt es sich um Erklärungen in verschiedenen Kategorien.

Im Neuen Testament fällt auf, dass solche zusätzlichen Erklärungen vor allem im Markus- und Johannesevangelium vorkommen. Die Autoren schreiben vermutlich für nichtjüdische Leser: "Dass Markus zehnmal ausdrücklich anmerkt, dass er übersetzt, dass er jüdische Sitten erklärt, verstärkt den Eindruck, dass seine Leser weit vom Schauplatz der Handlung entfernt sind" (Günther 1996:1448). Ähnliches beobachtet Bittner-Schwob zum Johannesevangelium: "Dass der Adressatenkreis außerhalb Palästinas zu suchen ist, scheinen die Stellen zu bestätigen, an denen hebräische und aramäische Wörter übersetzt und Ortsangaben erklärt werden" (1996:1095; vgl. auch Schnelle 2007:512)22. Daher sehen die Verfasser an einigen Stellen die Notwendigkeit, zusätzliche Erklärungen zum Verständnis der Leser in den Bericht der laufenden Handlung einzuflechten.

Für das Alte Testament kann man dies nicht analog konstatieren. Aber alleine die Tatsache, dass es auch im Alten Testament Erklärungen in verschiedenen Bereichen gibt, lässt darauf schließen, dass die Verfasser ebenfalls ihre Leser und deren Vorwissen im Blick hatten. Dort, wo sie vermuten konnten, nicht verstanden zu werden, gaben sie Verstehenshilfen.23

Daneben ist auf mindestens zwei weitere Funktionen der Erklärungen hinzuweisen. Zum einen demonstriert der Verfasser seine eigene Kompetenz und Nähe zu den berichteten Ereignissen (siehe unten). Zum anderen knüpfen diese metakommunikativen Erläuterungen eine Beziehung zwischen Autor und Leser. Nach dem Kommunikationsmodell des russisch-amerikanischen Strukturalisten Roman O. Jakobson (18961982), das von der sog. Prager Schule/Strukturalisten herkommend den Sozialcharakter von Sprache besonders berücksichtigt, kann man dabei von der phatischen Funktion von Kommunikation sprechen, die der Herstellung und Aufrechterhaltung der Sprachverbindung zwischen den Gesprächsteilnehmern dient (Jakobson 1974). Indirekt tragen diese Erklärungen somit zur Glaubwürdigkeit des Autors bei und unterstreichen dessen Kommunikationswillen.

3.2 Bedeutung

Diese Erklärungen zeigen, dass zumindest einige der intendierten Leser nicht mit allen Aspekten des geografischen und kulturellen Umfelds der biblischen Ereignisse vertraut waren.24 Darin fanden sich die neutestamentlichen Autoren teilweise in einer ähnlichen Situation wie heutige Übersetzer. Auch sie können nicht voraussetzen, dass ihre Leser durchweg mit allen Aspekten des geographischen und kulturellen Umfelds der biblischen Ereignisse vertraut sind. Daher stellt sich die Frage, welche Bedeutung die innerbiblischen Sacherklärungen für Bibelübersetzung heute haben. Ich beschränke mich auf drei Aspekte:

3.2.1 Kommunikationsabsicht der biblischen Autoren

Die Erklärungen in den biblischen Texten zeigen den Willen der Autoren zur Kommunikation mit ihren Lesern bis ins Detail. Die Sache des Textes und die Welt der berichteten Ereignisse werden - in ganz konkreter Form (siehe unten) - "zu den Lesern gebracht". Zumindest einige biblische Autoren strebten an, dass ihre Texte auch aus sich selbst heraus ohne zusätzliche mündliche oder schriftliche Erklärungen verstehbar waren, auch wenn sie - wie in der Antike üblich - die Erläuterung ihrer Texte durch den bzw. die Überbringer annehmen konnten, bzw. mit der Missionsverkündigung und gemeindlichen Katechese im Kontext urchristlicher Gemeinden rechnen konnten. Die Entstehung dieser Schriften lässt sich nicht von

Missionsverkündigung und Katechese trennen (vgl. Lk 1:4: ". damit du den sicheren Grund der Lehre erfahrest, in der du unterrichtet bist"). Diese Beobachtungen zum Willen der Autoren zur Kommunikation klingen zunächst banal, sind aber aufgrund der Debatte um angemessene Zielsetzung und Vorgehensweise bei der Bibelübersetzung brisant.

Freilich sind Übersetzer in einer anderen Situation als Autoren. Ihre primäre Aufgabe ist nicht, die Welt der berichteten Ereignisse zu den Lesern zu bringen, sondern die überlieferten Texte zu übersetzen. Will man jedoch - mit den ntl. Autoren - mit den Lesern "kommunizieren", wird es ohne weitere Erklärungen nicht gehen, damit der Text so verständlich wird, wie er für seine ersten Leser war.

Bei der Grundsatzdebatte, ob in der Übersetzung der Text zu den Lesern gebracht werden soll oder die Leser zum Text, handelt es sich nur um graduelle Unterschiede. Auch wenn man vom Ansatz her die Leser zum Text bringen will, wird man sich der Frage nach dem Ort notwendiger Erklärungen stellen müssen. Die Antwort liegt dann nicht in Ergänzungen oder Explikationen im eigentlichen Text, sondern in diversen Hilfsmitteln (in und jenseits der Bibelausgaben) und dem Verweis auf Verkündigung, Katechese, etc.

3.2.2 Welche Fingerzeige geben diese innerbiblischen Erklärungen für heutige Übersetzer und Herausgeber von Bibeln?

3.2.2.1 Übersetzungsarbeit

1. Viele Eigennamen, geografische, historische und kulturelle Angaben, aber auch die aramäischen Begriffe im Neuen Testament - mit oder ohne Übersetzung - zeigen, dass die ntl. Autoren ihren Adressaten Fremdes zumuten. Das Maß dieser Fremdheit ist jedoch unterschiedlich: bei Lukas ist es gering, bei Matthäus hoch. Die Absichten scheinen ebenfalls unterschiedlich zu sein: So verwendet Johannes wahrscheinlich überwiegend aus theologischen Gründen25 aramäische Ausdrücke (vgl. µεσσίας); bei Markus liegen mehrere Gründe vor (z.B. Stil und Genauigkeit). Bei Matthäus läßt sich keine besondere Absicht hinter der Verwendung aramäischer Begriffe erkennen.26

nahezu identisch. Bei Markus und Johannes transkribieren beide weitgehend die semitischen Begriffe (Ausnahme: Die GNB übersetzt ωσαννά, durch "gepriesen" und der Eigenname Βοανηργές wird nur in einer Fußnote erwähnt). Die semitischen Begriffe bei Matthäus (und Lukas) hingegen geben beide Übersetzungen weitgehend mit deutschen Äquivalenten wieder, was obige These zur Intention unterstützt.

An den Stellen, wo die aramäischen Ausdrücke ins Griechische übersetzt werden und die Fremdheit dadurch entschärft wird, stellt sich die Frage, weshalb sie überhaupt in den Text aufgenommen wurden, wenn unmittelbar anschließend doch die Übersetzung erfolgt.27

Mit den aramäischen Ausdrücken kommt Fremdes und zunächst Unverständliches in den Text. Gleichzeitig werden die geschilderten Ereignisse dadurch aber auch stärker mit dem ursprünglichen Kontext des Geschehens verbunden: Wenn Jesus Aramäisch spricht, wird den Lesern mitgeteilt (oder ins Gedächtnis gerufen), dass Jesus nicht in Rom, Kleinasien oder Europa gewirkt hat, sondern als aramäisch sprachiger Jude im jüdisch-hellenistisch-römischen Judäa des ersten Jahrhunderts n. Chr.28 Durch den aramäischen Gebetsruf der ersten Gemeinde "Maranata", den Paulus in Korinth eingeführt haben dürfte und/bzw. den er dort als bekannt voraussetzen kann (1. Kor 16:22, keine Übersetzung!), wird den Korinthern schon sprachlich verdeutlicht, dass ihr "Herr" nicht mit den Herren (κύριος als Bezeichnung für Götter) hellenistisch-römischer Religion verglichen werden kann.29

Gleichzeitig ist die begriffliche Anbindung an das Alte Testament stärker und die Kontinuität zwischen Altem und Neuen Testament wird auf diese Weise verstärkt hervorgehoben, etwa durch die Begriffe µεσσίας oder ωσαννά.30

2. Auch in modernen Bibelübersetzungen darf Fremdes nicht eliminiert werden, will man der biblischen Botschaft gerecht werden. Schon die Eigennamen (von Orten oder Personen) klingen zunächst merkwürdig, da es sich um Fremdwörter handelt. In Analogie zum Vorbild der biblischen Verfasser, die die Ereignisse nicht an andere Orte "verlegt" bzw. die Angaben nicht generalisiert haben31, damit ihre Zielgruppe einen besseren Zugang findet, sondern konkrete Orte genannt und deren genaue Lage erklärt haben, und um der Genauigkeit willen müssen die konkreten Angaben (z.B. Ort, Zeit, Kultur) ernst genommen und möglichst exakt wiedergegeben werden. Ein gewisses Maß an Fremdheit darf und muss in der Übersetzung erhalten bleiben.

3. Gleichzeitig wird deutlich, dass sich die Verfasser an den Vorkenntnissen ihrer Leser orientieren. Wo sie nicht damit rechnen konnten, dass fremde Ausdrücke verstanden werden, geben die Autoren ihren Lesern Verständnishilfen, indem sie unterschiedliche "Sacherklärungen" hinzufügen oder die aus verschiedenen Gründen wichtigen Fremdwörter übersetzen.

In der Bibel findet man beides, Fremdheit, aber auch - wo zum Verständnis nötig - Erklärungen oder Übersetzungen. Wie umfangreich diese Hilfen sind, richtet sich nach den Vorkenntnissen der Adressaten: Weil der Verfasser des Matthäusevangeliums davon ausgehen kann, verstanden zu werden, erklärt bzw. übersetzt er nur wenig. Im Johannes- und Markusevangelium hingegen finden sich relativ häufig Übersetzungen und auch verschiedene Erklärungen bzw. Hintergrundinformationen, um Verstehen zu ermöglichen.

Auch heute fällt das Vorwissen der intendierten Adressaten einer Übersetzung unterschiedlich aus. Je nach Zielgruppe sind daher mehr oder weniger Erklärungen erforderlich. Leser, die die Namen der biblischen Orte nie gehört haben, wissen beispielsweise nicht, dass der Jordan ein Fluss und Jerusalem eine Stadt ist.32 In diesem Fall ist es angemessen, fremde Eigennamen unter anderem durch klassifizierende Beigaben (wie "Fluss" oder "Stadt") näher zu erläutern. Ein solches Vorgehen entspricht dem Vorgehen der biblischen Autoren, die ebenfalls - wo zum Verständnis nötig - kurze Erklärungen im Text selbst gegeben haben.

Da heutige Leser weniger Hintergrundwissen haben als die damaligen Adressaten, sind solche Verständnishilfen vermehrt notwendig und -in bestimmtem Umfang - legitim. Da diese Informationen den ersten Lesern bekannt waren, fügt man in vielen Fällen eigentlich keine neuen Informationen hinzu, sondern expliziert für die Leser, was bereits implizit im Text enthalten ist. Durch eine solche Vorgehensweise wird die geografische, kulturelle, religiöse und sprachliche Bestimmtheit der Ereignisse/(Heils)Geschichte ernst genommen (siehe unten). Man mutet den Adressaten einerseits die Fremdheit der biblischen Ereignisse und ihrer Überlieferung zu, ermöglichst ihnen aber andererseits ein hohes Maß an Verständnis.

3.2.2.2 Notwendigkeit und Form von Sacherklärungen

Im Gegensatz zu den biblischen Autoren, die nach eigener Einschätzung der Vorkenntnisse ihrer Leser Sacherklärungen ohne weiteres in ihren Text aufnehmen konnten, sind dem Übersetzer bzw. Herausgebern von Textausgaben aufgrund der zu respektierenden Unversehrtheit der ursprachlichen Texte (so die Ethik des Übersetzens), ihrer Inspiration und ihrer kirchlichen Bedeutung enge Grenzen gesetzt.33 Nicht alle nötigen oder wünschenswerten Informationen lassen sich als Explikation impliziter Informationen oder in Form anderer Erklärungen in den Text aufnehmen. Mit diesen Grenzen wird in der Praxis verschieden umgegangen:

1. Nur wenige Übersetzer und/oder Herausgeber dürften jenseits der Explikation34 das eigenständige Aufnehmen von Sacherklärungen ohne irgendeine Kennzeichnung in den Text befürworten, da dies mit einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten behaftet ist.

2. Solche Informationen können z.B. durch eckige Klammern oder anderweitig als Zusätze zum Text gekennzeichnet werden. Damit ist man dann - zumindest im äußeren Erscheinungsbild - schon nahe an den unterschiedlichen Erklärungs- oder Studienbibeln, die so vorgehen und nach Bedarf erklärende Abschnitte - durch ein anderes Layout, Schriftgröße oder Zeichensatz gekennzeichnet - in den fortlaufenden Text einfügen. Vom Vorgehen erinnert dies an die altkirchliche Bibelauslegung in Form der Homilie. Bei exzessiver Anwendung endet man bei der literarischen Gattung des Kommentars. Ob und inwieweit bei diesem Vorgehen Text und Erklärung in der Wahrnehmung der Leser miteinander verschmelzen, wird von den sonstigen Lesegewohnheiten, der Kultur und dem Bildungsstand der Leser beeinflusst.35

3. Manche der paraphrasierenden Übertragungen des Textes, lassen teilweise - jeweils nach der eigenen Einschätzung - notwendige Informationen ergänzend in die Paraphrase einfließen. Dabei wird man einer Paraphrase mehr einfließende Erklärungen zubilligen als einer Übersetzung, wobei der Unterschied in der Praxis nicht hinreichend deutlich sein dürfte.

4. Separate Sacherklärungen als Fußnoten zum Text oder als Anhang am Ende der Übersetzung sind keine statische Größe, die man - einmal angemessen formuliert - beliebig verschiedenen Übersetzungen beigeben könnte. Auf meine Anfrage haben sowohl Vertreter der Deutschen Bibelgesellschaft als auch der United Bible Society bestätigt, dass es keine entsprechende ausgearbeitete Vorlage gibt (wovon ich ausgegangen war), auch wenn beide Mitarbeiter übereinstimmend auf die Sacherklärungen der Gute Nachricht Bibel bzw. der Good News Bible als hilfreiche Orientierung verwiesen haben. Sowohl das Ausmaß als auch die Art der Sacherklärungen müssen mit der Übersetzung und ihrer Zielgruppe genau abgestimmt werden. Dass und wie dies tatsächlich geschieht, zeigt sich, wenn man etwa die Sacherklärungen der verschiedenen neueren deutschen Übersetzungen miteinander vergleicht.

Wenn man nicht davon ausgehen will oder kann, dass zum Verständnis des biblischen Textes den Lesern andere Erklärungen zugänglich sind (im kirchlichen Kontext: Katechese, Predigt, Bibelgespräch, Anleitung durch erfahrenere Bibelleser etc.) und eine Bibelübersetzung auch für Leser ohne Vorwissen aus sich selbst verständlich sein soll, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Explikation/Kommunikation des biblischen Inhalts wird durch und in der Übersetzung selbst versucht (etwa für Gnade "Gottes unverdientes Wohlwollen"; für Pharisäer "jüdische Gesetzeslehrer"). Werden dagegen traditionelle Begriffe im Text verwendet, etwa das Wort Gnade, wird eine Erklärung ihrer biblischen Bedeutung nötig, damit sie nicht von anderen Vorverständnissen und Definitionen bestimmt werden. Solche Erklärungen werden als Fußnoten oder als Anhang angefügt. Sie ermöglichen den Lesern, die Begriffe und das Geschehen in ihrem konkreten historischen und kulturellen Kontext zu verstehen. Daher müssen sie sorgfältig erarbeitet werden.

Dafür dienen die innerbiblischen Sacherklärungen als Vorbilder: Sie beschränken sich auf die an dieser Stelle zum Verständnis nötigen Informationen, ohne sich im Detail zu verlieren.

3.3 Theologische Konsequenzen

3.3.1 Das Ziel und das Phantom aus sich selbst heraus verständlicher Texte

Auch angesichts der mehrfachen Erklärungen und Übersetzungen im Markusevangelium ist die Absicht, einen aus sich selbst heraus verständlichen Text oder eine entsprechende Bibelausgabe zu erstellen, ein hehres - und wohl auch idealistisches - Ziel angesichts der Komplexität des zu übersetzenden Buches und der damit verbundenen Aufgabe: eine Sammlung von Einzelbüchern, die über einen Zeitraum von 1500 Jahren in ganz verschiedenen Kulturen und Kontexten entstanden und in drei antiken toten Sprachen geschrieben sind.

Ist dieses Ansinnen auch durch das protestantische Schriftverständnis/ Schriftprinzip geprägt worden? Spiegelt sich in diesem Ansinnen die Überzeugung, dass die Schrift allein (sola Scriptura) genügt und in sich klar ist (claritas Scripturae)?36 Daher bedarf sie zu ihrem Verständnis keiner besonderen Erläuterung, etwa durch das kirchliche Lehramt, durch andere Institutionen oder Hilfsmittel. Steht man unter dieser Prämisse in der Gefahr, der Allgenügsamkeit der Schrift und ihrer Klarheit durch entsprechende Übersetzungen und Erklärungen auf die Sprünge zu helfen?

Dass dieses Ansinnen nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt die Tatsache, dass schon Martin Luther dem von ihm übersetzten Neuen Testament Vorreden (zum Neuen Testament von 1522) beigegeben hat, die erläutern, wie das ganze Neue Testament und seine einzelnen Bücher zu verstehen sind37 bzw. ein schon damals umstrittenes "allein" (durch den Glauben) in seiner übersettung von Römer 3:28 eingefügt hat.38

Zudem kann man fragen, ob die biblischen Autoren überhaupt Texte zu verfassen beabsichtigten, die ohne den Kontext der christlichen Gemeinde und vorheriger bzw. begleitender Information verständlich waren. Schon aufgrund der materiellen Voraussetzungen war der private Schriftgebrauch beschränkt.39

3.3.2 Festhalten am konkreten und partikularen Handeln Gottes

Die Sacherklärungen sowie die semitischen Wörter (mit und ohne Übersetzungen) zeigen, dass die biblischen Autoren ihre Botschaft - um der leichteren Kommunikation willen auch mit denen, die Erklärungen bedurften - nicht generalisiert oder universalisiert, sondern sie in ihrem konkreten geografischen, historischen, religiösen, kulturellen und zum Teil auch sprachlichen Kontext belassen und diesen mit überliefert haben. Wo die zu dessen Verständnis nötigen Informationen nicht vorhanden waren, wurden sie von den Autoren eingefügt. Bei diesen Angaben geht es um weit mehr als etwas "Lokalkolorit", das die Handlung bzw. die Erzählung lebendiger und spannender macht, auch wenn sie auch diese literarische Funktion erfüllen. Durch die Beibehaltung bzw. Ergänzung dieser Angaben wird Gottes konkretes Handeln und seine Offenbarung unterstrichen. Gottes Offenbarung und Heilshandeln fand nicht in einem unbekannten Land und vor langer Zeit statt, sondern an ganz konkreten, benennbaren Orten und Gegenden, zu bestimmten und bestimmbaren Zeiten, an und mit konkreten, benennbaren Menschen, in ganz unterschiedlichen

Aber dieweil durch manche unbegründete Deutung und Vorrede der Christen Sinn dahin irregeführt ist, das man schier nicht mehr weiß, was Evangelium oder Gesetz, Neues oder Altes Testament bedeute, fordert diese Not einen Hinweis oder Vorrede, damit der einfältige Mann aus seinem alten Wahn auf die rechte Bahn geführt und unterrichtet werde, was er in diesem Buch erwarten sollte, auf dass er nicht Gebot und Gesetz suche, da er Evangelium und Verheißung Gottes suchen soll (Vorrede zum Neuen Testament, 1522).

Kulturen und Sprachen, die unlösbar mit dem Geschehen verwoben sind und daher nicht (beliebig) universalisiert werden dürfen. Will man die biblische Botschaft dieser vermeintlich akzidenten Elemente "entkleiden" (wie es immer wieder versucht wurde), geht schlussendlich die Botschaft selbst in diesem Prozess verloren. Man denke nur an die verheerenden Erfahrungen mit dem "entjudeten" Jesus und der "entjudeten" Ausgabe des Neuen Testaments Die Botschaft Gottes im deutschnationalen und nationalsozialistischen Deutschland, als der unliebsame Jude Jesus zum Arier umgearbeitet wurde (vgl. Eber 2009; Heschel 2008).

Im Neuen Testament werden dadurch wichtige Bezüge zum Alten Testament deutlich. So tauft Johannes eben nicht an irgendeinem wasserreichen Fluss, sondern am Jordan, der in der Geschichte Israels eine wichtige Rolle spielt.40

Aufgrund dieser Bedeutung sind nicht nur die innerbiblischen Sacherklärungen gründlich zu übersetzen bzw. ihre Anliegen durch moderne Sacherklärungen aufzugreifen. Das in ihnen zum Tragen kommende Verständnis der Autoren ist auch an anderen Stellen konstitutiv. Übersetzer müssen sich hüten, die konkreten Ereignisse und die biblische Welt, in die sie eingebettet sind (einschließlich der Realien) vorschnell zu universalisieren, auch wenn dies in bestimmten Kontexten schwerfallen mag und nicht überall durchgängig möglich sein dürfte. Die Partikularität der biblischen Botschaft und Welt muss in Übersetzungen erhalten und deutlich werden. Eine Nivellierung der biblischen geografischen, ethnischen, kulturellen und materiellen Partikularität und Vielfalt ist daher fraglich.41 Die Einleitung der Zürcher Bibel von 2007 ist richtungsweisend:

Die Eigenheiten des Hebräischen und Aramäischen im Alten Testament und des Griechischen im Neuen Testament bleiben erkennbar, und die kulturelle Differenz zwischen der damaligen Welt und der heutigen wird nicht eingeebnet. Dass heißt auch, dass Mehrdeutiges nicht vereindeutigt, Fremdes nicht dem bekannten Eigenen angeglichen, Schwieriges nicht banalisiert und Erschreckendes nicht beschönigt wird.

Die neue Zürcher Bibel möchte einen möglichst unverstellten Zugang zu den biblischen Texten eröffnen. Es gehört zu ihrer Tradition, dass die Übersetzung so wenig wie möglich interpretiert und in Bezug auf Erläuterungen und Kommentare zurückhaltend ist. Die Auslegung ist Sache derer, die sich mit der Bibel befassen, sei es im kirchlichen Rahmen im Gottesdienst, Bildungsarbeit oder Seelsorge, sei es im persönlichen Studium oder in privater Lektüre. Die Einleitungen zu den einzelnen biblischen Büchern, die eingefügten Überschriften, die Anmerkungen, die Hinweise auf Verweisstellen und ein ausführliches Glossar sollen ... helfen, sich die biblischen Texte selbstständig zu erschließen.

Mit dieser Forderung sind zum Teil enorme Anstrengungen und Risiken verbunden: Wenn etwa die 21 unterschiedlichen Begriffe für Gefäße im Neuen Testament (Zwickel 2010) in Übersetzungen für Kulturen wiedergegeben werden sollen, die vielleicht nur wenige oder einen Begriff für Gefäße kennen, ist der Spielraum begrenzt. In anderen Kontexten sollte man sich die Mühe machen, nicht nur von kleinen und großen Gefäßen zu sprechen, sondern zu differenzieren.42 W. Zwickel bemerkt zurecht:

Die ntl. Schriften überliefern eine Vielzahl von Begriffen für Keramik - weit mehr als die deutschen Übersetzungen der biblischen Texte vermuten lassen.43 Die . Übersetzungen sind höchst unzuverlässig und geben häufig ein und denselben Begriff an verschiedenen Stellen mit unterschiedlichen Namen wieder. Daher muss für die Frage, welche Gefäße denn mit den einzelnen Begriffen gemeint sind, von den griechischen Namen ausgegangen und diesen Namen jeweils die Bibelstellen zugeordnet werden (2010:129).44

Daher sollten sich Übersetzungen nicht von vornherein um einer höheren Verständlichkeit willen vornehmen, mit einer festgelegten Anzahl von Wörtern in der Zielsprache auszukommen. Zumindest sollte man sich des Preises, der für die höhere Verständlichkeit zu entrichten ist, bewusst sein.

Mit dieser Forderung ist auf den ersten Blick ein Verlust an "allgemeiner Bedeutung" verbunden. Steht sie nicht der oben betonten Kommunikationsabsicht der biblischen Autoren entgegen? Mit Blick auf die biblischen Erklärungen und die vielfältigen, heutigen Erklärungsmöglichkeiten ist dies zu verneinen, da die biblischen Autoren am Konkreten festhalten, es aber - wo zum Verstehen nötig - erklären.

Folgt man dieser Forderung, unterstreicht man damit, dass Gott in der konkreten Geschichte an konkreten Menschen in ganz konkreten Lebensumständen gehandelt hat. In diesem partikulären und konkreten Handeln Gottes in Raum und Zeit und gerade in ihm liegt das Heil für die ganze Welt, d.h. für Menschen, die unter ebenso konkreten Lebensumständen heute leben. So wird deutlich: mea res agitur.

Jesus ist eben nicht irgendwo am Anfang seines öffentlichen Wirkens durch ein beliebig auswechselbares Zeichen von Gott bestätigt worden, sondern in der Taufe - die an jüdische Reinigungsbäder - anknüpft -, durch Johannes den Täufer - der bis in sein Äußeres als der verheißene endzeitliche Elia auftritt - am Fluss Jordan bei "Änon, nahe bei Salim, denn es war da viel Wasser" (Jh 3:23). An diesem konkreten Ort wird er von der himmlischen Stimme als Sohn Gottes bestätigt und von Johannes als Lamm Gottes bezeichnet45, das die Sünde der Welt trägt, auch der Menschen am Orinoco, am Jangtsekiang oder am Rhein.

Es ist die Aufgabe kirchlicher Lehre und kirchlicher Bekenntnisse, die konkrete Botschaft mit ihren universalen Implikationen in andere, ebenso konkrete Kulturen einzupflanzen, sie zu "inkulturieren" - dies kann und darf angesichts des partikularen Handelns Gottes eine Übersetzung nicht zu leisten versuchen. Die Botschaft, die Verkündigung muss inkulturiert werden, nicht die partikularen, einmaligen Ereignisse. Auch in Afrika, Asien, Lateinamerika etc. bleibt Jesus der Jude aus Nazareth, der als solcher -und nur als solcher - der Retter und Herr der Welt ist.

Dass solche Bekenntnisse und Inkulturierungen durchaus zum Verstehen der Bibel beitragen können, indem sie implizite Informationen in biblischen Texten, die mancher postmoderne Westeuropäer übersehen mag, entdecken und eigens thematisieren, zeigt das Masai Glaubensbekenntnis der Gemeinde des Heiligen Geistes in Ostnigeria von 1960, mit dem ich schließe:

Wir glauben an den einen Hohen Gott, der aus Liebe die schöne Welt und alles Gute in ihr erschuf. Er erschuf den Menschen und wollte, dass der Mensch in der Welt glücklich ist. Gott liebt die Welt und jede Nation und jeden Stamm der Erde. Wir kannten diesen Hohen Gott in der Dunkelheit und jetzt kennen wir ihn im Licht. Gott versprach im Buch seines Wortes, der Bibel, dass er die Welt und alle Nationen und Stämme retten würde.

Wir glauben, dass Gott sein Versprechen hielt, indem er seinen Sohn sandte, Jesus Christus, einen Mann im Fleisch, ein Jude dem Stamm nach, arm in einem kleinen Dorf geboren, der sein Heim verließ und immer auf Safari war, Gutes tat, Leute durch die Macht Gottes heilte, über Gott und die Menschen lehrte und zeigte, dass die Bedeutung der Religion Liebe ist. Er wurde von seinem Volk zurückgewiesen, gefoltert und mit Händen und Füßen an ein Kreuz genagelt und starb. Er lag im Grab, doch die Hyänen berührten ihn nicht, und am dritten Tag, stand er aus dem Grab auf. Er stieg zum Himmel empor. Er ist Herr.

Wir glauben, dass alle unsere Sünden durch ihn vergeben sind. Alle, die an ihn glauben, müssen ihre Sünden bereuen und im Heiligen Geist Gottes getauft werden, nach den Regeln der Liebe leben, und das Brot gemeinsam in Liebe teilen, um andern die Gute Nachricht zu bringen, bis Jesus wiederkommt. Wir warten auf ihn. Er ist lebendig. Er lebt. Das glauben wir. Amen.46

 

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1 Diese Erklärungen in biblischen Texten werden in den Kommentaren zumeist nur knapp bedacht und in der Regel nicht eigens thematisiert. Ansonsten erscheinen sie gelegentlich in der Diskussion der Einleitungsfragen zu biblischen Büchern im Zusammenhang der Empfänger und des bei ihnen vom Autor vorausgesetzten Wissens (siehe unten). Ansonsten gibt es kaum Fachliteratur, die sich speziell diesen Erklärungen und ihrer Funktion widmet. Mir ist kein Aufsatz oder eine Monographie zum Thema bekannt.
2 Vgl. dazu die deutschsprachigen Überblicke von Doherty 2004 und Koller 2011.
3 Bei der Gliederung und einzelnen Beispielen in dieser Zusammenstellung folge ich einer Zusammenstellung von Dr. Thomas Kaut, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Die Abschnitte II.1, II.2 und II.5 gehen im Wesentlichen zurück auf die von mir betreute MTh Arbeit Bibelübersetzung als Schnittstelle zwischen Exegese und Kultur: Eine Untersuchung anhand von neun neutestamentlichen Konzepten von Andrea Frank (University of South Africa, Pretoria 2008), auf die ich mit Genehmigung der Autorin zurückgreife.
4 Außen vor bleiben die Stellen, an denen mehrere aramäische Wörter (meist in Wiedergabe wörtlicher Rede) angegeben und nach einer anschließenden Formel in griechischer Übersetzung erscheinen (etwa Mt 27:46; Mk 5:41); ausführliche Darstellung und Auswertung bei Frank 2008. Dabei ist die spannende, doch kaum diskutierte Frage, warum der aramäische Ausdruck überhaupt erwähnt wird, wenn er gleich anschließend übersetzt wird. Diskussion einiger möglicher Gründe bei Frank 2008.
5 Dabei handelt es sich um eine der vielen ätiologischen Erklärungen des Alten Testaments; andere Ätiologien, Einteilung in verschiedene Themen und Beispiele bei Houtman 1998:902.
6 Diese Art von Erläuterungen ist durch die Tatsache bedingt, dass die urchristlichen Gemeinden, und damit die Leser der Evangelien (vgl. Bauckham 1998) und Briefe, aus Aramäisch und Griechisch sprechenden Christen zusammengesetzt waren. Das Beispiel aus Jh 19:13 ("auf Hebräisch Gabbata") scheint dies zumindest nahe zu legen.
7 Jh 9:7 etwa hebt hervor, dass der Blinde von dem Gesandten (ein dominates Motiv jh. Christologie) an den Teich namens "Gesandt/Sendung" gesandt wird.
8 Die Umgebung von Jericho war eine blühende Oase (vgl. Japhet 2003:354), daher wahrscheinlich der Name.
9 Auch Pixner betont den Wasserreichtum, selbst wenn es sich laut seinen Nachforschungen nur um eine Quelle handelt: Bei Salem "handelt es sich um den heutigen Tell Schalem ... in dessen unmittelbarer Nähe eine starke Quelle ... entspringt, die gegenwärtig zur Speisung großer Fischteiche verwendet wird" (Pixner/Riesner 1994:168). Jh 5:2f beschreibt den Teich Betesda beim Schaftor in Jerusalem mit den dortigen Hallen und Kranken. In der späteren Textüberlieferung wurden V 3b und 4 als weitere Erklärung hinzugefügt, um die Aussage des Kranken in V 7 verständlich zu machen.
10 Köstenberger führt diese Stelle als Argument für eine Datierung nach 70 an (vgl. Köstenberger 2004:8). Das Nebeneinanderstehen beider Bezeichnungen weist auf einen Entstehungszeitpunkt spätestens in den siebziger oder frühen achtziger Jahren des ersten Jh. hin (möglicherweise auch schon vorher: So wird auch im Bellum Judaicum von Josephus (vermutlich zwischen 75 und 79 entstanden) dieser See "See von Tiberias" genannt (λίµνη πρός Τιβεριάδα, Bell. III.57 bzw. λίµνη Τιβεριέων, IV.456f), jedoch ohne ihn durch den Zusatz "See Genezareth" näher zu erklären. An anderer Stelle bezeichnet Josephus dieses Gewässer dann mit λίµνη Γεννησάρ (Bell. III.506). Um diese Zeit scheint sich somit einerseits noch keine einheitliche Bezeichnung durchgesetzt zu haben, andererseits aber auch der Name "See Genezareth" zur Identifikation des Gewässers nicht mehr unbedingt erforderlich gewesen zu sein. Entsprechende Erklärungen finden sich auch bei anderen antiken Historikern, etwa bei Herodot. Weitere Beispiele für geografische Erklärungen im Neuen Testament u.a. in Jh 1:28 (Bethanien liegt jenseits des Jordans); Jh 3:22 (das Land Judäa) und Jh 4:9 (Sychar, eine Stadt in Samarien).
11 Immer wieder erscheinen im Neuen Testament Erklärungen zu einzelnen Personen oder Gruppen, etwa "Da stand im Hohen Rat ein Pharisäer auf mit Namen Gamaliel, ein Schriftgelehrter, vom ganzen Volk in Ehren gehalten ..." (Apg 5:34). Dabei handelt es sich um normale Einführungen von Protagonisten der Erzählung, nicht um kulturspezifisches Wissen, das den Lesern auf der metakommunikativen Ebene mitgeteilt wird. Insofern kann man nicht von "Sacherklärungen" im Text sprechen.
12 W.G. Kümmels Vermutung, dass der Verfasser aufgrund seiner mangelnden Kenntnis der Geografie Palästinas und von jüdischen Sitten wahrscheinlich nicht mit Johannes Markus übereinstimmt - bzw. allgemeiner wahrscheinlich keinen jüdischen Hintergrund hatte (Kümmel 1973:69), scheint der hier verwendeten jüdischen Praxis zu widersprechen. Dass sich der Verfasser an dieser Stelle einer jüdischen Praxis bedient, lässt neben anderen Argumenten (s. u.a. Guthrie 1990:71-75, 81-84; Mauerhofer 1995:105-110) auf seine jüdische Herkunft schließen. Kümmels Aussage ist ferner dahingehend problematisch, dass die Erklärung Auskunft über die Leser geben, und nicht über die Kenntnisse des Autors. Man könnte Kümmels Argumentation umdrehen: Gerade dass der Verfasser in der Lage ist, diese Dinge seinen Lesern zu erklären, spricht für seinen jüdischen Hintergrund.
13 Auf das aufwändig zu verarbeitende Material (steinerne Krüge), das ebenfalls auf Reinheitsvorstellungen zurückgeht, wird nicht eingegangen, vgl. Deines 1993.
14 Interessant sind auch die ausführlichen Beschreibungen von Simeon und Hanna in Lk 2:25f und 2:36f.
15 Vgl. auch Mk 4:31.
16 Dieser Latinismus ist nur sinnvoll, wenn der Verfasser annahm, dass seine Leser mit dem römischen Münzsystem besser vertraut waren. Aufzählung und Diskussion der aramäischen und lateinischen Wörter im NT bei Millard 2000:139-153. Spannend ist die Übersetzung. Die LÜ ("zwei Scherflein, das macht zusammen einen Pfennig") nimmt zwei zur Zeit der Übersetzung geläufige Begriffe. Besser wäre es, die Lepta zu erhalten, und nur den zweiten Begriff mit für die Leser geläufigen Münzen anzupassen, zum Beispiel "zwei Lepta, das macht zusammen einen Cent".
17 Vgl. Müller 1994.
18 Zur Geografie Judäas im lk Doppelwerk vgl. Hengel 1995.
19 Vgl. Mk 7:11: "... wenn einer zu Vater oder Mutter sagt: Korban - das heißt: Opfergabe soll sein, was dir von mir zusteht .".
20 Vgl. Bauckham 1998. Zusammenstellung der semitischen Lehnwörter in den Evangelien und ausführliche Diskussion von deren Bedeutung bei Frank 2008.
21 Auch das in Off 19:1,3,4,6 mehrfach erscheinende Halleluja wird nicht übersetzt.
22 Weitere Gründe - neben den Erklärungen und Übersetzungen aramäischer Begriffe - für eine heidenchristliche Empfängerschaft z.B. bei Schnelle 2007:511-515.
23 Eine Untersuchung über die Verteilung und Motivation von Erklärungen im Alten Testament wäre interessant.
24 Daher lassen solche Erklärungen und damit die indirekten Rückschlüsse auf ihr Vorwissen - wie bereits mehrfach angeklungen - an einigen Stellen indirekte Schlüsse auf die Leser zu: Wenn man etwa alle Sacherklärungen im Markusevangelium zusammennimmt, entsteht ein bestimmtes Profil der intendierten Leser; vgl. Carson/Moo 2010:212, 219 und Schnelle 2007:244-246.
25 Diese Frage wird in den jeweiligen Kommentaren kaum diskutiert.
26 Interessant ist an dieser Stelle auch der Umgang von Übersetzungen mit den im Neuen Testament vorkommenden semitischen Begriffen. Exemplarisch hier die Ergebnisse von LÜ und GNB: Obwohl es sich bei diesen beiden Übersetzungen um unterschiedliche Übersetzungstypen handelt, ist ihre Vorgehensweise
27 Ein Grund dürfte in der Betonung durch Wiederholung liegen (zunächst ursprachlich, d.h. im original-aramäischen, korrekt in griechische Buchstaben umgeschriebenen Wortlaut - auf diese Weise können die aramäischen Wörter auch von Menschen ausgesprochen werden, die aramäische Buchstaben nicht beherrschen - dann in Übersetzung). Daneben dienen sie dem Erweis der Authentizität und Konkretisierung (wie etwa die Verwendung von Originaltönen in modernen Medien) und unterstreichen die Autorität der Autoren (sie zeigen sich des Griechischen und des Aramäisch mächtig, im Fall der Latinismen evtl. auch des Lateinischen) sowie die Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung (siehe oben zur phatischen Funktion von Sprache). Eventuell liegt darin eine bewusste Abgrenzung von vorhandenen literarischen Gattungen.
28 Vgl. den Überblick bei Stenschke 2011.
29 Dies ist umso beachtlicher, als eine ganze Reihe der biblischen Titel für Gott und Jesus auch in anderen Religionen oder in der reichsrömischen Propaganda verwendet wurden. In diesem Zusammenhang kann auf die Bedeutung des Namens Gottes in der biblischen Theologie (vgl. Huffmon 1999) und den damit verbundenen Schwierigkeiten in der Bibelübersetzung nur hingewiesen werden (knappe Diskussion im Vorwort der Bibel in gerechter Sprache). Im nichtgriechisch sprachigen Kontext hat die Verwendung der Bitte Kyrie eleison in der Liturgie eine ähnliche Funktion.
30 Vgl. die Vorkommen von Halleluja in Off 19:1,3,4,6. Diese Verbindung wird auch durch die Verwendung des Ausrufs Halleluja in kirchlichen Liturgien unterstrichen; vgl. Ruff 2000.
31 An einigen Stellen wird jedoch generalisiert. Jesus geht in ein Dorf der Samariter (Lk 9:52). In der folgenden Erzählung ist die Identität der Einwohner wichtig, nicht jedoch der genaue Name dieses Dorfes. Viele Übersetzungen arbeiten mit Generalisierungen: Wenn das konkrete Objekt oder Lebewesen in der Zielsprache unbekannt ist, wird der nächst höhere bekannte, allgemeine Begriff verwendet, etwa anstelle des Alabasterfläschchens aus Mk 14:3 parr. "ein kleines, wertvolles Gefäß".
32 Wie realistisch sind solche Szenarien tatsächlich? Die meisten Bibelübersetzungsprojekte geschehen im Kontext von christlicher Mission, Verkündigung und Katechese.
33 Vgl. etwa die Einleitung der Zürcher Bibel von 2007: "Die Eigenheiten des Hebräischen und Aramäischen im Alten Testament und des Griechischen im Neuen Testament bleiben erkennbar, und die kulturelle Differenz zwischen der damaligen Welt und der heutigen wird nicht eingeebnet. Dass heisst auch, dass Mehrdeutiges nicht vereindeutigt, Fremdes nicht dem bekannten Eigenen angeglichen, Schwieriges nicht banalisiert und Erschreckendes nicht beschönigt wird".
34 Mit oder ohne Kennzeichnung, etwa durch Klammern.
35 Bleibt hinreichend deutlich, was der eigentliche Bibeltext ist? Welche langfristigen Folgen treten etwa auf, wenn die direkt für die intendierten Leser formulierten Erklärungen des Textes, dem Leser leichter zugänglich (und erbaulicher!) erscheinen, als der als unverständlich empfundene biblische Text selbst, etwa bei der Lutherbibel erklärt?
36 Vgl. Rothen 1990.
37 Luther erachtet dies für nötig aufgrund der bisherigen Irreführung:
38 Vgl. seine ausführliche Verteidigung und Begründung dieses Vorgehens in seinem Sendbrief vom Dolmetschen von 1530.
39 Vgl. Harnack 1912.
40 Muss das Volk durch die mit der Taufe ausgedrückte Buße zur Vergebung der Sünden ganz neu in das Land einziehen (in Analogie zu Josua)? Vgl. die Überlegungen bei Stuhlmacher 2005:61f.
41 Zu fragen wäre, ob für die biblischen Gleichniserzählungen oder Metaphern andere Regeln gelten können. Freilich zeigt sich, dass viele von ihnen in der konkreten Lebenswelt Galiläas/Judäas des ersten Jh. verwurzelt sind (vgl. Bösen 1990).
42 Dies ist mit der Mühe verbunden, die exakten deutschen Begriffe bzw. zutreffende Umschreibungen zu finden ("Überraschenderweise gab es bislang nur wenige Versuche, einzelne biblische Begriffe mit real existierenden Keramikgefäßen dieser Zeit zu verbinden. Dies soll hier zum ersten Male umfassend für alle einschlägigen Begriffe unternommen werden", Zwickel 2010:129). Zum anderen geht die Suche und Verwendung der genauen Begriffen auf Kosten der Verständlichkeit (vgl. der "Scheffel" in Mt 5:15). Zwickel bleibt die deutschen Äquivalente für die griechischen Begriffe meist schuldig.
43 Dadurch droht die Partikularität des biblischen Textes und seine besondere kulturelle Verankerung verloren zu gehen.
44 Vgl. Pritz 2009:287-320.
45 Vgl. dazu Frank 2008.
46 Zitiert nach "Christliche Glaubensbekenntnisse", http://de.wikipedia.org/wiki/Christliche_Glaubensbekenntnisse, Zugriff am 15. 8. 2010; dort als Quelle angegeben: J. Pelikan, V. Hotchkiss (ed.), Creeds and Confessions of Faith in the Christian Tradition (Yale: Yale UP, 2003).

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