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Old Testament Essays

versão On-line ISSN 2312-3621
versão impressa ISSN 1010-9919

Old testam. essays vol.33 no.1 Pretoria  2020

http://dx.doi.org/10.17159/2312-3621/2020/v33n1a11 

BOOK REVIEWS

 

 

Georg Fischer, Genesis 1-11, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg i. Br.: Herder, 2018, 752 pages, hardcover, 115.00, ISBN 978-3-451-26801-4.

44 Jahre nach Claus Westermanns Kommentar zu Genesis 1-11 legt Georg Fischer wieder eine umfassende Kommentierung der Urgeschichte in deutscher Sprache vor. In der Konzeption ist der neue Kommentar von Fischer aber so anders angelegt, dass man nicht von einem Nachfolge-Kommentar sprechen kann. Vielmehr legt Fischer eine kraftvolle Alternative vor, wie man sich der Urgeschichte auch nähern kann.

Jedes moderne Buch, das wir in Händen halten, jede wissenschaftliche Publikation, jeder Zeitungsartikel, durchläuft mehrere Redaktionsstufen. Dennoch interessieren wir uns in der Regel kaum für die redaktionelle Entstehung der Texte, die wir lesen. Vielmehr gilt unsere Aufmerksamkeit je dem Text in seiner publizierten Form. Während die Pentateuch-Kommentarliteratur insbesondere im deutschsprachigen Raum sich traditionell hauptsächlich dem Bemühen widmet, redaktionelle Vorstufen des zu kommentierenden Textes zu rekonstruieren, wovon man sich ein vertieftes Textverständnis erhofft, widmet sich G. Fischer dem Genesistext so, wie wir uns in der Regel allen Texten widmen: Er legt ihn in der Form, in der er auf uns gekommen ist (natürlich mit Diskussion textlicher Varianten in den alten Manuskripten), aus, in der Überzeugung, dass es sich um ein Kunstwerk handelt, das so, wie es vorliegt, gewollt ist.

Entsprechend befasst sich die Einleitung in den Kommentar (33-111) nicht mit literar- und redaktionskritischen Fragen. Nach einer Hinführung, die auf das Genesisbuch und seine Eigenart einstimmt, folgt eine Orientierung, welche die wichtigsten Kommentare und Forschungsbeiträge zur Genesis vorstellt und auch in die altorientalischen Hintergründe einführt, ein Unterkapitel zur Überlieferung des Genesis-Textes (Fischer kommt zum Schluss, dass der MT als Textgrundlage alternativlos ist, d.h. dass der Urtext einem proto-masoretischen Text sehr nahe kommt und die Verzweigungen in Textformen, die durch Smr und LXX repräsentiert werden, erst später erfolgten), ein Unterkapitel zur Gliederung und inneren Bewegung der Urgeschichte, sowie schließlich eine Einführung in die wichtigsten Inhalte (Personen, Zeitstruktur, Orte, Themen).

Die Kommentierung selbst folgt dem folgenden Muster: Literatur (zum auszulegenden Abschnitt) - Text (deutsche Übersetzung) - Zu Text und Übersetzungen (textkritische Klärungen und Erläuterungen zu Übersetzungsschwierigkeiten) - Analyse (Beobachtungen zum Abschnitt, besonders zur Textstruktur, zur Eigenart des Textes, Schlüsselkonzepte, etc.) -Auslegung (Vers für Vers) - Bedeutung (zusammenfassende Auswertung der Auslegung). Dazwischen sind diverse Exkurse eingeflochten. Der Kommentar besticht nicht nur durch eine sehr gute Verständlichkeit, sondern auch dadurch, dass man zu praktisch jeder Frage, vor die man sich durch die Lektüre des Textes gestellt wird, weiterführende Überlegungen findet. Fischer zeigt immer wieder eine Reihe von Interpretationsmöglichkeiten auf, manchmal lässt er sie nebeneinander stehen, manchmal nennt er Gründe, um einer bestimmten Deutung den Vorzug zu geben. Immer sind die Überlegungen sehr gut nachvollziehbar und trotz der Ausführlichkeit des Kommentars findet man oft auch sehr wertvolle Hinweise zu weiterführender Literatur. Der Kommentar erschließt damit die Urgeschichte in einer Deutungsfülle, welche sowohl der religiösen Symbolik und der existenziellen Grundsätzlichkeit der Themen der Urgeschichte, wie auch deren altorientalischem Hintergrund Rechnung trägt. Eine wichtige Rolle spielen auch innerbiblische Bezüge, die oft nicht nur einen wichtigen Hinweis geben, wie zeitnahe Rezipienten bestimmte Dinge gedeutet und weiter verwendet haben, sondern überhaupt hilfreich sind, um die Gedanken- und Bildwelt zu verstehen, in die hinein der Text spricht. Die Exkurse greifen immer zentrale Fragestellungen auf und geben vertiefte Informationen dazu. Schon während der Rezensionslektüre habe ich immer wieder zu diesem Kommentar gegriffen, sowohl für Forschung und Lehre (der Kommentar ist eingeflossen in eine Vorlesung zu Genesis 1-11 im Frühjahrssemester 2020 an der STH Basel), sondern auch für die kirchliche Verkündigung. Gerade für die kirchliche Verkündigung ist der Kommentar auch sehr geeignet - was sich von wissenschaftlichen Kommentaren nicht immer behaupten lässt - ist es doch G. Fischer ganz deutlich immer wieder ein Anliegen, sich vom Text - über das bloße Verstehen hinaus - persönlich ansprechen zu lassen.

Abgerundet wird der Kommentar durch eine Reihe von Schlussüberlegungen. Der Schlussteil (667-727) beginnt mit einem Rückblick auf die Kommentierung, in welchem die Erträge nochmals gebündelt, aber auch Anfragen und Probleme benannt werden, sowie Differenzen in der Bewertung der Urgeschichte benannt werden. Eine wichtige Rolle dabei - auch schon in der Kommentierung - spielt das durch die Urgeschichte vermittelte Gottesbild, wobei G. Fischer bei allen Schwierigkeiten, die der moderne Leser da und dort haben mag, immer wieder darauf drängt, dem Text auch zuzugestehen, dass er uns positiv in unseren Gottesbildern herausfordern darf und nicht nur Gegenstand unserer theologischen Kritik sein soll. Fischer stellt sich sodann, auf der Grundlage seiner Textkommentierung, der Frage nach der Textentstehung. Nach einer kurzen Übersicht über die wichtigsten textlichen Befunde stellt er Stimmen vor, die für diese Befunde literarkritische Erklärungen bevorzugen (L. Ruppert, H. Seebass, M. Witte, A. Schüle, M. Arneth, J.C. Gertz). Diesen stellt er Stimmen gegenüber, die sich skeptisch zum Erklärungspotential literarkritischer Modelle geäußert haben (B. Jacob, U. Cassuto, Y.T. Radday und H. Shore, C. Houtman, B. Ziemer). Fischer schließt sich im Grundsatz der zweiten Gruppe an. Selbst die Unterscheidung des Materials der Urgeschichte in P und nicht-P lehnt er ab: "Was als P' angenommen wird, ist innerlich mehrfach verbunden mit dem Rest und notwendig für das Verständnis des Gesamttextes. Es hebt sich auch nicht signifikant von den anderen Abschnitten ab" (695). Zwar hätten beide methodischen Zugänge ihre Probleme, doch die der Literarkritik würden überwiegen. Als Hauptschwierigkeit der Literarkritik benennt Fischer, dass die zur Scheidung von Schichten oder Quellen verwendeten Kriterien nicht geeignet seien, weil sie sich mit der Eigenart des Textes überschneiden. Geschichtlich setzt Fischer die Genesis aus verschiedenen Gründen im 5./4. Jh. an, wobei insbesondere die Josefsgeschichte möglicherweise den Versuch spiegele, die zunehmenden Spannungen zwischen Norden und Süden, Samaritanern und Juden, zu überwinden. Die in jüngster Zeit immer wichtiger werdende Frage der diachronen Linguistik zur Datierung biblischer Texte spielt in Fischers Überlegungen keine Rolle.

In einem weiteren Unterkapitel benennt Fischer einige Beispiele der Ausstrahlung der Urgeschichte in der Bibel, zunächst innerhalb des Genesisbuches (Verbindungen zwischen Gen 1-11 und 12-50), dann innerhalb des Alten Testaments (hier fehlt mir ein Hinweis auf die starke Schöpfungs- und Edenmotivik in Ezechielbuch) und schließlich auch im Neuen Testament. Es folgt ein Unterkapitel zur Wirkungsgeschichte und Relevanz von der Antike bis heute in Literatur und Kunst.

Zum Ende - und das macht den Kommentar besonders wertvoll - folgt als Inclusio zur Einstimmung am Anfang des Kommentars ein geistlicher Ausklang, der unter dem Wort aus Ps 127,1 steht und in folgende persönlichen Worte des Autors mündet: "Am Ende, nach Jahrzehnten der Beschäftigung mit Genesis, Exodus, Jeremia und anderen Büchern des AT, kann ich nur bezeugen, was Gott mir immer mehr aufgehen hat lassen und was ich Allen wünsche (Psalm 1,1-2): 'Selig der Mensch, der ... an JHWHs Tora sein Wohlgefallen hat und über seine Tora nachsinnt bei Tag und Nacht!"

Georg Fischers Kommentar ist ein wertvoller Beitrag dazu, Wohlgefallen an der Tora zu finden und über sie nachzusinnen. Sein Kommentar wird in meiner exegetisch-theologischen Arbeit - und in derjenigen vieler weiterer ToraSchüler - bleibend einen wichtigen Platz einnehmen.

 

 

Benjamin Kilchör, Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel (Switzerland) and Dept. of Ancient and Modern Languages and Cultures at the University of Pretoria (South Africa), Grüenaustrasse 21, CH-8624 Grüt (Switzerland). Email: benjamin.kilchoer@sthbasel.ch. DOI: https://doi.org/10.17159/2312-3621/2020/v33n1a11.

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