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HTS Theological Studies

versão On-line ISSN 2072-8050
versão impressa ISSN 0259-9422

Herv. teol. stud. vol.64 no.3 Pretoria Jul./Set. 2008

 

BOEKBESPREKINGS / BOOK REVIEWS

 

 

Rottloff, A 2007 - "Stärker als Männer und tapferer als Ritter": Pilgerinnen in spätantike und mittelalter
der Verlag: Ph. von Zabern: Kulturgeschichte der antiken Welt 115, 155 S. gebunden ISBN 978-3-8053-3766-3, 25 €
der Rezensent: Prof Dr C Stenschke (Missionshaus Bibelschule Wiedenest - Germany and Professor extraordinarius, University of South Africa)

In der gegenwärtigen (Neu)Entdeckung der Spiritualität bekommt auch die Idee des Pilgerns wieder Aufwind. Die neuen Titel zu Erfahrungen mit dem Pilgern sind kaum noch zu übersehen. Dabei sind manche Berichte, z. B. über Pilgerschaften auf dem St. Jakobsweg, an Trivialität und Banalität kaum zu überbieten. In dieser Flut von Literatur ist eine solide recherchierte, zugleich verständlich und interessant geschriebene sowie reich bebilderte historische Studie zu einem Aspekt spätantiken und mittelalterlichen Pilgerwesens eine Wohltat. Der vorliegende Band der Archäologin und Historikerin Andrea Rottloff schildert ausgehend von den Voraussetzungen und Zielen des Pilgerwesens, "das Schicksal von Frauen, die die historische Überlieferung, die archäologischen und kunsthistorischen Monumente aus dem Schatten ihrer männlichen Begleiter hervortreten ließen". Leitende Fragen sind dabei: "Waren Frauen nur die Begleitung des Mannes oder konnten sie selbständig auf Pilgerschaft gehen? Was unterschied Pilgerinnen von den Kreuzfahrerinnen?" (Schutzumschlag).

Rottloff beginnt mit einem allgemeinen, einführenden Teil, der auf gute Weise den ganzen Komplex des Pilgerns erschließt, um auf diesem Hintergrund speziell die pilgernden Frauen der Spätantike und des Mittelalters zu untersuchen. Nach der Einleitung (u. a. Entstehung der Wallfahrtsorte, Bedeutung von Reliquien in diesem Prozess) fragt Rottloff nach den verschiedenen Motiven für Pilgerfahrten ("Homo viator oder warum Menschen pilgern", 11-31). Zu den Motiven gehörten Wunder, Heilungen, Bußen und die Aussicht auf Ablass. Freilich gab es auch durchweg Widerstand und Kritik am Pilgerwesen (28-31, mit Texten von Hieronymus, Thomas von Kempen, Evagrius Ponticus, Martin Luther, Gregor von Nyssa und Bonifatius).

Dann beschreibt Rottloff die logistischen Anforderungen in der Vorbereitung und Durchführung einer Pilgerfahrt im ausgewählten Zeitraum (33-57, Aussendung in der Heimat, Reisen in Gruppen, Pilgertracht, die Pilgerstraßen, Landkarten und Pilgerführer, Verkehrsmittel zu Land und die Reise per Schiff, Unterkünfte und Verpflegung ferner die Gefahren auf der Pilgerschaft) sowie die wichtigsten Pilgerziele (57-81, Entstehung, Namenszuweisung, wichtige Frauenwallfahrtsorte, Jerusalem als Nabel der Welt, Rom als das Hauptpilgerziel im Westen sowie Santiago de Compostela - "Über den Sternenweg zum Heil"). Dieser Teil ist eine hervorragende Zusammenfassung des spätantiken und mittelalterlichen Pilgerwesens. Dabei sind die Besonderheiten für Pilgerinnen durchweg im Blick.

Unter der Überschrift "Getrieben von Evas Sünde - pilgernde Frauen" gibt Rottloff im zweiten Teil des Bandes einen Überblick über 24 bekannte (Fern-)Pilgerinnen. Durch die gelungenen Einzeldarstellungen auf dem Hintergrund des ersten Teils erhalten die pilgernden Frauen dadurch "Gesichter". Nach einführenden Überlegungen zu Frauen als Pilgerinnen und deren Wahrnehmung der damit verbundenen Herausforderungen sowie zum Frauenbild des Mittelalters (87-93) geht es zunächst um die Anfänge in spätantiker Zeit (4.-6. Jh.): die Kaisermutter Helena - von der politischen Pilgerin zur legendären Finderin des Wahren Kreuzes (Jerusalem, etwa 327 n. Chr.), Egeria (Sinai, Heiliges Land, Kleinasien, 383/84 n. Chr.), Paula und ihre Tochter Eustochium (Heiliges Land, Bethlehem, nach 380 n., Chr.), Ursula und die 11.000 Jungfrauen (angeblich Rom, 450 n. Chr.), Maria von Ägypten (Jerusalem, 2. Hälfte des 5. Jh. n. Chr.).

Weitere Abschnitte untersuchen die Pilgerinnen in späteren Epochen: "Die dunklen Jahrhunderte - die persisch-frühislamische Zeit (7.-11. Jh.)" (103-08) und das 11.-13. Jahrhundert unter der Überschrift "`Sie nahmen das Kreuz' - Kreuzfahrerinnen als Pilgerinnen unter Waffen?" (108-30). Nach der Einleitung und Überlegungen zu Frauen als Teilnehmerinnen von Kampfhandlungen", 111-15) geht es um Eleonore von Aquitanien, Sibylle von Anjou, Margarete von Beverley ("Von Frömmigkeit und Reiselust zugleich erfüllt", Jerusalem, 1187, Rom, Santiago, nach 1190), die heilige Bona von Pisa, Uta von Ursin-Ronsberg, Hildegund von Schönau, Eleonore von Kastilien und Ann-Els von Tannenberg. In einem Exkurs fragt Rottloff ferner "`Wir, die wir Abendländer waren, sind nun Orientalen geworden ...' - Die Kreuzfahrerstaaten als `Multi-Kulti-Gesellschaft'"? (120-23). Sie beschreibt das bunte Durcheinander von Völkern und Religionen im Heiligen Land unter der Herrschaft der Kreuzfahrer:

Das Heilige Land war zur Kreuzfahrerzeit erstmals seit der Spätantike wieder ein einziger großer Schmelztiegel, der sich so unter arabischer Herrschaft nicht hatte entwickeln können, unter der Andersgläubige bestenfalls geduldet wurden. Pilger aller Couleur, Neugierige, Abenteurer, Siedler und Kirchenmänner kamen aus allen Ländern der damals bekannten Welt, und das Heilige Land wurde ihnen allen bald zur Heimat ... Auch wurde der Islam nun nicht mehr pauschal als Heidentum ... verstanden, sondern als mehr oder weniger gleichberechtigte Religion neben (nicht unter!) dem Christentum, das im Heiligen Land in so viel verschiedeneren Ausprägungen daher kam als im Westen (123).

Der letzte Abschnitt gilt sieben Pilgerinnen nach Santiago ("Mystik auf dem Sternenweg", 14.-15. Jh.).

Im abschließenden Ausblick setzt Roffloff die hier beschriebenen spätantiken und mittelalterlichen Pilger und Pilgerinnen mit den Pilgern späterer Zeit, vor allem ab dem mittleren 19. Jh. in Beziehung und verweist auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Sie betont, dass Pilgerreisen vor allem Mittel des Kulturaustausches waren und bis heute geblieben sind. An diesem Austausch waren Frauen maßgeblich beteiligt. Nach Rottloff spüren heute viele Menschen, dass die Segnungen der modernen Zivilisation nicht alles gewesen sein können:

Deshalb machen sie sich auf die Suche nach diesem "Alles", das über alles bekannte, alltägliche hinausgreift und das menschliche Dasein erst rechtfertigt. Ihre ganz subjektiven Motive dürften sich kaum von den ebenso subjektiven Motiven der mittelalterlichen Pilger unterscheiden: Andacht, der Wunsch nach Heilung und Vergebung von Sünden, die Einlösung eines Gelübdes, aber auch Abenteuerlust und Ausstieg aus dem Alltag - so viel hat sich in den letzten 1000 Jahren nicht geändert, auch wenn keiner mehr Ablassbriefe verteilt. Stattdessen sind es Bestätigungen in Form von Pilgerbriefen, die den Daheimgebliebenen, aber auch einem selbst beweisen - ich war wirklich dort, habe es geschafft. Ich bin ein anderer Mensch geworden.

Ein Literaturverzeichnis beendet den hervorragend produzierten Band, der 40 Farb- und 4 Schwarzweißabbildungen enthält. Rundum ein interessanter und attraktiver Band und eine willkommene Abwechslung für Augen, die an die Bleiwüsten akademischer Fachliteratur gewöhnt sind. Rottloff bietet eine gute Einführung in die historischen Wurzeln und Ausgestaltungen eines die Kirche über Jahrhunderte prägenden Aspekts christlicher Spiritualität. Hinzuweisen ist noch auf den schönen Band von Andrea Rottloff zu Frauen in der römischen Antike: Lebensbilder römischer Frauen. Kulturgeschichte der antiken Welt 104 (Mainz: Philipp von Zabern, 2006).

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